Salat wächst auf dem Feld, im Hintergrund sind Frauen und Männer mit Harken bei der Feldarbeit
Asylbewerber schneller in Arbeit zu bringen, scheitert meist an schlechten Regelungen, meint Landrat Götz Ulrich aus dem Burgenlandkreis. (Symbolbild) Bildrechte: MDR/Jens Roder

Debatte Kommunen fordern bessere Regelungen für Arbeitspflicht bei Asylsuchenden

29. Februar 2024, 15:31 Uhr

Ministerpräsident Haseloff spricht sich dafür aus, Asylbewerberinnen und Asylbewerber schneller in Arbeit zu bringen. Zur besseren Integration von Geflüchteten hat CDU-Landrat Ulrich allerdings bessere Regeln gefordert. Der Präsident des Städte- und Gemeindebundes in Sachsen-Anhalt, Dittmann, verweist dagegen auf bestehende Regelungen. Er sagte, die Einsatzmöglichkeiten seien den Kreisen mitunter zu teuer.

Auch in Sachsen-Anhalt wird derzeit diskutiert, wie die Arbeitspflicht für Asylsuchende schneller umgesetzt werden kann. Einige Landkreise überlegten, wie dies organisiert werden könnte, sagte Reiner Haseloff (CDU) am Donnerstag im rbb Inforadio. In der Vergangenheit habe es auch schon Erprobungen gegeben. Zuvor hatte der ostthüringische Saale-Orla-Kreis erklärt, dass Asylbewerber zu vier Stunden Arbeit pro Tag verpflichtet werden sollen.

Geltendes Recht ließe dies zu, sagte Haseloff. Im Asylbewerberleistungsgesetz heißt es im Paragraf 5: "Arbeitsfähige, nicht erwerbstätige leistungsberechtigte Personen, die nicht mehr im schulpflichtigen Alter sind, sind zur Wahrnehmung einer zur Verfügung gestellten Arbeitsgelegenheit verpflichtet."

Linke kritisieren Blockadehaltung der CDU

Die Linke in Sachsen-Anhalt kritisierte die Äußerungen von Haseloff. Die migrationspolitische Sprecherin der Landtagsfraktion der Linken, Henriette Quade, sagte dazu am Donnerstag, dieselbe CDU, die seit Jahren Arbeitserlaubnisse, Zugang zu Deutschkursen und Freizügigkeit für Asylsuchende blockiere, wolle diese nun zwangsweise zu "gemeinnütziger Arbeit verdonnern". Damit Asylsuchende arbeiten könnten, müssten außerdem die Ausländerbehörden schneller arbeiten. Auch Aufenthalt in der zentralen Erstaufnahme und in der Gemeinschaftsunterkunft müsste verkürzt werden. All das werde seit Jahren von der Landesregierung aus ideologischen Gründen absichtlich nicht erfüllt.

Landrat im Burgenlandkreis will bessere Regeln, um Geflüchtete in Arbeit zu bringen

Auch der Präsident des Landkreistages von Sachsen-Anhalt, Götz Ulrich (CDU), hat sich wie Haseloff für eine schnellere und häufigere Beschäftigung von Asylbewerberinnen und -bewerbern ausgesprochen. Ulrich sagte MDR SACHSEN-ANHALT, in den ersten drei Monaten sei eine Arbeitsaufnahme nach Antragstellung im Asylverfahren derzeit gar nicht möglich.

Diese Regeln sind völlig aus der Zeit gefallen.

Götz Ulrich, CDU Präsident des Landkreistages in Sachsen-Anhalt

Danach bedürfe es nicht nur der Zustimmung der Ausländerbehörde, sondern auch eines Prüfverfahrens der Agentur für Arbeit: "Diese Regeln stammen aus einer Zeit, in der die Arbeitslosigkeit sehr hoch war, in der bestimmte Segmente am Arbeitsmarkt überhaupt keine Arbeitskräfte aufnehmen konnten. Die sind völlig aus der Zeit gefallen." Die Landkreise forderten schon länger, dass die Regeln angepasst würden.

Ulrich sprach sich dagegen aus, nur zwischen den Kosten der Arbeitsgelegenheiten und dem, was die Asylbewerber erwirtschaften, abzuwägen. Man müsse auch die Wirkung der Arbeits-Gelegenheiten betrachten. Es gehe in erster Linie um Geflüchtete ohne Arbeitserlaubnis oder die Möglichkeit, an Sprach- oder Integrationskursen teilzunehmen.

Gute Arbeit, gute Integration?

"Diesen Menschen eine Möglichkeit zur Strukturierung ihres Alltags zu geben, ist sehr wichtig", so Ulrich. Über Monate zu warten, erschwere auch später die Aufnahme von Arbeit und die Integration in die Gesellschaft. "Abgesehen davon, dass eben auch die Aufnahme-Gesellschaft erwartet, dass diejenigen, die kommen, auch selbst einen Beitrag zur Integration leisten."

Ulrich reagierte damit auf Aussagen des neuen Landrats im Saale-Orla-Kreis in Thüringen, Christian Herrgott (CDU). Er hatte sich im Gespräch mit dem MDR dafür ausgesprochen, alle Asylbewerber zu gemeinnütziger Arbeit heranzuziehen. Nach seinen Worten können bisher nur Geflüchtete zu gemeinnützigen Tätigkeiten verpflichtet werden, die in Gemeinschaftsunterkünften leben.

80 Cent Aufwandsentschädigung

Herrgott forderte, auch die Menschen heranzuziehen, die in Einzel-Unterkünften wohnen. In seinem Kreis seien Asylbewerber beispielsweise verantwortlich für die Reinigung ihrer Unterkunft und die Pflege der Außenanlagen. Das diene der Integration, gebe eine Tages-Struktur und führe die Menschen an den Arbeitsmarkt heran. Die Menschen erhielten dafür eine Aufwandsentschädigung von 80 Cent pro Stunde.

Der Präsident des Städte- und Gemeindebundes in Sachsen-Anhalt, Andreas Dittmann (SPD), verwies mit Blick auf diese Aufwandsentschädigung auf die Fahrtkosten zur Arbeitsstelle, die Asylbewerbern entstünden: "Wenn hier über 80 Cent die Stunde gesprochen wird, dann ist klar: Wenn Leistungsempfänger einen wesentlich höheren Fahrtkostenaufwand haben, dann läuft es ins Leere."

Kommunen benötigen Sprachmittler

Dass es hierzulande insgesamt noch nicht viele Einsatz-Stellen gibt, liegt nach Einschätzung Dittmanns auch daran, dass Asylbewerber anders als Ein-Euro-Jobber nicht alle die deutsche Sprache können. Die Kommunen oder kommunalen Gesellschaften seien in großer Zahl im Grunde bereit, solche Stellen zu schaffen.

Sie erwarteten aber von den Landkreisen und Jobcentern auch, dass zum Beispiel Sprachmittler bereitgestellt würden: "Das sind zusätzliche Kosten, die offensichtlich aktuell kaum bereitgestellt werden." Dann sei das natürlich ein Nadelöhr.

Zu hoher kommunaler Aufwand?

Dittmann berichtete bei MDR SACHSEN-ANHALT auch von einer Anfrage an den Landkreis Anhalt-Bitterfeld, die er in seiner Funktion als Kreistagsmitglied gestellt habe. Der zuständige Dezernent habe ihm geantwortet, dass man von den Arbeitsmöglichkeiten keinen Gebrauch mache, weil das zu teuer sei. Als Beispiele nannte Dittmann den Aufwand, die Arbeits-Gelegenheiten zu prüfen sowie die Begleitung der Flüchtlinge an den Einsatz-Stellen: "Mich hat die Antwort auch verblüfft, weil ich denke, es würde viel dazu beitragen, die Akzeptanz der Aufnahme von Flüchtlingen zu erhöhen, wenn man öffentlich auch sieht, dass sie ihren Beitrag für unser Gemeinwesen leisten."

Dittmann verwies auf Kommunen, die schon wesentlich weiter seien: "Ich habe hier ein Merkblatt des Landratsamtes Bad Tölz-Wolfratshausen vor mir, die das sehr strukturiert regeln. Ich glaube, da muss man das Fahrrad nicht neu erfinden. Es gibt genügend Kommunen, die da Vorreiter sind, die das ganz normal handhaben. Wir müssen es nur zur Regel werden lassen." Mit Blick auf seine eigene Region sagte Dittmann, er denke, gerade was die Gelegenheiten betreffe, stehe man noch am Anfang.

MDR (Christoph Dziedo, Anja Keeb, Steffi Kühnel, Hanna Kerwin)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT - Das Radio wie wir | 28. Februar 2024 | 17:00 Uhr

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