Eilantrag abgelehnt Geplante Wahl des Datenschutzbeauftragten: Externer Bewerber vor Gericht vorerst gescheitert
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27. Juni 2023, 16:14 Uhr
Im Landtag von Sachsen-Anhalt steht am Mittwoch ein weiterer Versuch an, einen neuen Datenschutzbeauftragten zu wählen. Bei den bisherigen Wahlgängen waren die Kandidaten gescheitert. Nun will sich auch der externe Bewerber Malte Engeler zur Wahl stellen. Vorgesehen war allerdings, dass nur über Kandidaten der Fraktionen abgestimmt werden kann. Malte Engeler findet dieses Vorgehen nicht rechtskonform und ist vor Gericht gezogen. Das Gericht lehnte seinen Eilantrag allerdings ab.
- Bei der Wahl zum Datenschutzbeauftragten von Sachsen-Anhalt hat sich kurzfristig ein externer Bewerber gemeldet, – obwohl das Verfahren eigentlich nur vorgeschlagene Kandidaten vorsieht.
- Der externe Kandidat wollte auch ohne Unterstützung der Fraktionen kandidieren und hatte für das Recht auf diese Möglichkeit geklagt. Der Antrag wurde am Dienstag aber abgelehnt.
- Hierbei wird er von der Organisation "Frag den Staat" unterstützt, die sich bundesweit für ein geändertes Vorgehen einsetzt.
Ein kurzes Raunen ging am Freitagabend durch das politische Magdeburg. In den Fraktionen des Landtages, außer bei der AfD, ging ein Bewerbungsschreiben zum Datenschutzbeauftragten ein. Davon war offenbar keine Fraktion ausgegangen, weil vorgesehen ist, dass nur die Fraktionen selbst einen Kandidaten zur Wahl stellen können.
In dem Bewerbungsschreiben heißt es: "Ich bewerbe mich hiermit formell um eine Berücksichtigung im Wahlverfahren. Meine fachliche und persönliche Qualifikation darf ich angesichts langjähriger Befassung mit rechtlichen und technischen Fragen der Digitalisierung und des Datenschutzrechts zahlreicher Veröffentlichungen in der Fachliteratur, wiederholter Tätigkeit als Sachverständiger auf Bundes- und Landesebene sowie konstantem, zivilgesellschaftlichen Engagement als gegeben annehmen". Der Bewerber: Malte Engeler – Richter am schleswig-holsteinischen Verwaltungsgericht.
Wie Sachsen-Anhalt zu einem neuen Datenschutzbeauftragten kommen soll Die Koalitionsfraktionen von CDU, SPD und FDP hatten im April für einen neuen Gesetzentwurf gestimmt. Demnach wird die Stelle als Datenschutzbeauftragter nicht mehr offiziell ausgeschrieben. Ein Kandidat kann dann einfach ohne Ausschreibungsverfahren von den Fraktionen zur Wahl gestellt werden. Externe Bewerbungen sind demnach nicht vorgesehen.
Bereits in einem Statement an den Innenausschuss hatte Engeler klargemacht: Das Verfahren, welches Sachsen-Anhalt anstrebt, einen Datenschützer zu finden, hält er für nicht rechtskonform. Jetzt will er mit härteren Bandagen zeigen, dass der Landtag auf dem Holzweg sei.
Magdeburger Verwaltungsgericht lehnt Antrag ab
Christoph Zieger, Sprecher des Verwaltungsgerichts in Magdeburg, bestätigte MDR SACHSEN-ANHALT am Dienstag, dass ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung eingegangen ist. Diesen habe das Gericht am Dienstag jedoch abgewiesen. Die Entscheidung des Gerichts sei aber noch nicht rechtskräftig, sagte Zieger.
Engeler hatte dem Gericht zufolge die Ansicht vertreten, dass das Wahlverfahren ohne vorherige Ausschreibung gegen das Tranzparenzgebot der EU-Datenschutzgrundverordnung verstoße. Dem folgten die Richter nicht. Auch Artikel 33 Absatz 2 des Grundgesetzes, "wonach jeder Deutsche gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte nach Maßgabe von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung habe, sei nicht anwendbar", hieß es in der Begründung. Dieser Artikel gelte nicht für Wahlämter auf Zeit, die durch eine Wahl durch den Landtag besetzt werden. In Sachsen-Anhalt sind laut § 21 des Datenschutzgesetzes nur die Fraktionen des Landtages vorschlagsberechtigt.
Engeler habe mit dem Antrag die Wahl von der Tagesordnung des Landtags nehmen wollen. Außerdem habe er sich selbst für das Amt bewerben wollen.
Wahl ohne Unterstützung
Engeler hatte vor der Entscheidung des Gerichts betont, er wolle nicht von einer Fraktion aufgestellt werden. Im Gespräch mit MDR SACHSEN-ANHALT erklärte er, das Verfahren selbst sei das Problem. Aus diesem Grund wirft er seinen Hut in den Ring, macht aber auch klar: Es ist kein Scherz. Er will Sachsen-Anhalts neuer Datenschutzbeauftragter werden.
Engeler ist dagegen, dass nur Fraktionen einen Kandidaten zur Wahl stellen lassen können, und will das ändern. "An der Ernsthaftigkeit der Bewerbung muss niemand zweifeln, ich meine die völlig ernst. Andernfalls hätte ich mich auch nicht beworben. Das Amt ist jedenfalls mir zu wichtig, um es für einen PR-Stunt zu missbrauchen", sagte Engeler MDR SACHSEN-ANHALT. Geplant war laut Tagesordnung bisher, dass am Mittwoch der Jurist Daniel Neugebauer im Landtag zur Wahl des Datenschutzbeauftragten aufgestellt wird. Er war von der Regierungskoalition CDU, SPD und FDP vorgeschlagen worden.
Von "spannend" bis irritiert: Landtagsfraktionen reagieren gemischt auf die Ankündigung Engelers
Sachsen-Anhalts Landtagsfraktionen haben am Dienstag gemischt auf die Ankündigung Engelers reagiert. Linken-Fraktionschefin Eva von Angern sagte, man finde den Vorstoß "spannend". Für die Wahl vorschlagen wolle man Engeler im Landtag aber nicht, da man damit sein Ansinnen konterkarieren würde. Die Grünen erklärten, Engeler greife genau die Kritik auf, die schon im Vorfeld geäußert worden sei. Daher sei es vielleicht gut, dass am Ende Gerichte entschieden, sagte die Fraktionsvorsitzende Cornelia Lüddemann. Anders äußerten sich die Koalitionsfraktionen CDU, SPD und FDP.
Der SPD-Abgeordnete Falko Grube erklärte, man blicke mit Irritation auf die Ankündigung Engelers. Der Weg, sich kurz vor einer angesetzten Wahl einzuklagen, spreche nicht dafür, dass es sich um eine seriöse Bewerbung handele. Guido Kosmehl von der FDP sagte, man halte das jetzige Verfahren im Landtag für rechtlich in Ordnung und nicht angreifbar. In anderen Bundesländern sowie auf Bundesebene verfahre man ebenfalls ohne öffentliche Ausschreibung.
Auch die CDU-Abgeordnete Sandra Hietel-Heuer erklärte, einen Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung "sehen wir so nicht". AfD-Fraktionschef Oliver Kirchner sagte, Engeler habe sich bei allen Fraktionen außer der AfD vorgestellt und habe zudem eine andere politische Gesinnung. Eine mögliche Wahl komme daher nicht infrage.
Der Termin von Engelers Bewerbung war geschickt gewählt: Am Freitagabend können die Fraktionen an genau dieser Tagesordnung für Mittwoch nur noch schwer etwas verändern. Und erst recht keinen Wahlvorschlag. Deswegen folgte am Montag gleich der zweite Aufschlag: Engeler zieht vor Gericht. Mit einer Klage will er durchsetzen, dass seine Bewerbung bei der Besetzung des Postens berücksichtigt wird.
Unterstützung von "Frag Den Staat" soll helfen
Engeler ist nicht allein. Die gemeinnützige Organisation "Frag Den Staat", die mit ihrer Webseite Auskünfte nach Informationszugangsgesetz erleichtert, greift Engeler bei einer Klage unter die Arme. Sie hatte die Klage eingereicht am Verwaltungsgericht Magdeburg mit dem Ziel: "den Präsidenten des Landtages zu verpflichten, die Wahl zunächst nicht durchzuführen", wie es in einer Presseerklärung hieß. "Grundsätzlich soll das Land Sachsen-Anhalt ein transparentes Verfahren etablieren, – so wie im EU-Recht vorgeschrieben. Ein solches Verfahren müsste mindestens eine öffentliche Ausschreibung der Stelle, eine öffentliche Anhörung der Bewerberinnen und Bewerber, Transparenz bezüglich der Qualifikationen und die Dokumentation des Auswahlverfahrens beinhalten."
Im Zweifel will man hierfür auch den Europäischen Gerichtshof bemühen. "Gerade in Sachsen-Anhalt hat die Regierungskoalition extra das Landesdatenschutzgesetz angepasst, um ein transparentes Verfahren zu verhindern. Das widerspricht der Datenschutzgrundverordnung. Und deswegen denken wir, dass sich Sachsen-Anhalt besonders anbietet, um die Grundsätze eines transparenten Verfahrens zu klären", so Arne Semsrott von "Frag Den Staat" im Gespräch mit MDR SACHSEN-ANHALT.
Eilverfahren soll nur erster Schritt sein
Die Kläger hatten noch vor der Entscheidung bekräftigt, dass im Falle einer Zustimmung nicht nur der Europäische Gerichtshof hätte angerufen werden können, sondern es auch weitreichende Folgen für bundesdeutsche Wahlen von Datenschützern hätte geben können. "Auch etwa auf Bundesebene gibt es derzeit keine transparenten Besetzungsverfahren, obwohl bereits lange öffentliche Ausschreibungen gefordert werden. Das Verwaltungsgericht Magdeburg hat jetzt die Möglichkeit, die Weichen dafür zu stellen", so Semsrott noch am Montag.
MDR (Lars Frohmüller, Leonard Schubert, Christoph Dziedo, Felix Fahnert)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 27. Juni 2023 | 16:00 Uhr
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