Ortsbesuch in Sandersdorf-Brehna Knochenjob Kommunalpolitik: Wie Bürgermeister mit Anfeindungen umgehen
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04. April 2025, 12:50 Uhr
Von Beleidigungen, Beschimpfungen und Bedrohungen gegen Kommunalpolitikerinnen und -politiker hört man immer wieder. Vergangene Woche erst ist der Bürgermeister von Altenberg zurückgetreten – weil der Kommune Geld fehlt, weil es Streit gab, und wegen gesundheitlicher Probleme. Er ist nicht der Einzige, der mit solchen Schwierigkeiten kämpft. Eine Bürgermeisterin aus Sachsen-Anhalt berichtet über die Herausforderungen, die der Job bisweilen mit sich bringt.
- Für viele Bürgermeister ist die Zusammenarbeit mit dem Stadtrat herausfordernd.
- Oft werden Dienstaufsichtsbeschwerden als taktisches Mittel genutzt, um zu protestieren.
- In Zeiten gesellschaftlicher Polarisierung nimmt die Zahl der Anfeindungen gegen Kommunalpolitiker zu.
Kaffekränzchen am Vormittag im Büro der Bürgermeisterin von Sandersdorf-Brehna. Durch die Lamellen vor den Panoramafenstern fällt die Sonne in Längsstreifen auf den Konferenztisch, um den sich eine ganz kleine Festgesellschaft versammelt hat: Die Bürgermeisterin, zwei Kolleginnen aus dem Rathaus und eine Kita-Erzieherin, die heute für 25 Jahre im Dienst geehrt wird. Dafür gibt's Kaffee, Kekse, einen Gutschein – und eine knappe Stunde Zeit mit Bürgermeisterin Steffi Syska.
Etwa alle zwei Monate gibt es solch eine kleine Feierstunde im Sandersdorfer Rathaus. Sie zählen zu den angenehmen Terminen in Syskas Kalender, wie die Bürgermeisterin berichtet: "Sowas ist super-super-superschön. Das bringt einen einmal wieder auf andere Gedanken, weil es einfach nur um die Person geht."
Zusammenarbeit im Stadtrat birgt Konfliktpotenzial
Was dagegen aufreibend sein kann, sind Wochen, in denen der Stadtrat tagt, sagt Syska. Dort sitzen viele Charaktere mit vielen Meinungen, und alle müssen ins Boot geholt werden. Eine Herausforderung, die nicht immer einfach für die Bürgermeisterin ist.
Wie der kürzlich zurückgetretene Altenberger Bürgermeister kennt auch sie Widerstand aus dem Stadtrat. Und zwar in Form von Dienstaufsichtsbeschwerden. Davon gab es schon mehrere gegen sie – was durchaus nervenaufreibend sei: "Wenn man sich dann für ja gut gemeinte Wege irgendwann rechtfertigen muss, sodass man sich auch einen Anwalt nehmen muss, weil das aufgearbeitet wird auf einer höheren Ebene, das hat schon eine andere Dimension als einfach nur ein verärgerter Bürger. Das macht schon mehr mit einem."
Beschwerden werden taktisch genutzt
Zumal ihr Eindruck – und auch der von Kollegen, mit denen sie sich dazu austauscht – sei, dass solche Beschwerden taktisch genutzt würden: "Es wird nach Fehlern gesucht. Und dann wird dieses Mittel gewählt, um einen persönlich auszubremsen. Das raubt einem ja auch ganz viel Zeit. Man muss dann Stellungnahmen schreiben, dann wird man irgendwann auch noch angehört. Und das, wo man denkt, ich habe doch anderes zu tun."
Es wird nach Fehlern gesucht. Und dann wird die Dienstaufsichtsbeschwerde gewählt, um einen persönlich auszubremsen.
Anfeindungen gegen Kommunalpolitiker nehmen zu
Syska ist Mitglied im Netzwerk Junger Bürgermeister*innen und dort nicht die einzige, die das erlebt, sagt Henning Witzel, der Geschäftsführer des Vereins. Die Regel sei das zum Glück nicht, aber das Problem sei da: "Die persönlichen Anfeindungen und Blockaden gegen die Arbeit von Bürgermeistern nehmen natürlich in Zeiten gesellschaftlicher Polarisierung insgesamt zu. Und das ist dann besonders herausfordernd, weil das Amt des Bürgermeisters ja ohnehin stark belastend ist, sowohl fachlich als auch persönlich."
Umfrage: Mehrheit der Rathauschefs ist zufrieden
Eine aktuelle Umfrage unter den Rathauschefinnen und -chefs des Netzwerks zeigt: Das größte Hindernis ist, dass vielen Kommunen Geld fehlt. Aber mehr als die Hälfte der Befragten gab trotzdem an, zufrieden oder sogar sehr zufrieden mit dem Job zu sein. Das gilt auch für Steffi Syska – sie bringt’s so auf den Punkt: "Hätte ich gewusst, was mich hier erwartet, hätte ich's nicht gemacht. Ich bin aber froh, dass ich es nicht gewusst habe, und dass ich es gemacht hab."
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 04. April 2025 | 06:54 Uhr