Bad Lauchstädt Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Paar wegen Tierquälerei
Hauptinhalt
24. Januar 2025, 17:24 Uhr
Im Fall der verwahrlosten Hunde in Bad Lauchstädt ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen eine Tierpensions-Betreiberin und ihren Partner. Unklar ist, warum das Paar den Behörden nicht eher aufgefallen ist. Gegen die Besitzerin gab es bereits einen Strafbefehl. Zudem soll die Stadt das Veterinäramt über Unstimmigkeiten bezüglich der Halterin informiert haben. Auch mit dem Bauamt gab es über Jahre Ärger. Die Zahl der sichergestellten Tiere ist auf 128 gestiegen. Auch fünf tote Tiere wurden entdeckt.
- Wieso ist die Besitzerin der verwahrlosten Hunde in Bad Lauchstädt nicht schon früher den Behörden aufgefallen? MDR-Recherchen belegen gleich mehrere Auffälligkeiten.
- So steht etwa das Veterinäramt des Kreises im Fokus, dem die Stadt Unstimmigkeiten bezüglich der Halterin gemeldet hatte.
- Die Zahl der verwahrlosten Tiere ist mittlerweile auf 128 gestiegen. Später kam heraus: Auch fünf tote Hunde waren entdeckt worden.
Im Fall des Fundes von mehr als 100 verwahrlosten und mehreren Toten Hunden in einer Tierpension in Bad Lauchstädt im Saalekreis weitet die Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen aus. Das bestätigte die Behörde in Halle MDR SACHSEN-ANHALT. Demnach ist nun auch der Lebensgefährte der Frau in den Fokus geraten, die die Tierpension betrieben hat.
Gegen Silvia S., die Tierpensionsbetreiberin aus Salzatal im Saalekreis, wird bereits ermittelt. Laut Staatsanwaltschaft besteht nun auch gegen den Mann, Rainer J., ein Anfangsverdacht wegen Tierquälerei. Er habe als Geschäftsführer fungiert. Bei einer Durchsuchung der Wohnung des Paares seien mehrere Hunde und ein toter Papagei gefunden worden.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt demnach auch, weil die Frau 20.000 Euro Hundesteuer nicht bezahlt haben soll.
Frage nach der Verantwortung der Behörden
Wie die Staatsanwaltschaft am Donnerstag (23.01.2025) erklärte, wird bisher nicht gegen Mitarbeiter des Veterinäramtes im Saalekreis ermittelt. Es werde derzeit geprüft, ob ein Verfahren eingeleitet werden müsse. Dies sei allerdings nur bei strafrechtlich relevanten Vorwürfen möglich. Die sind demnach gegeben, wenn etwa ein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz durch Unterlassung der Grund dafür war, dass die Tiere über längere Zeit Schmerzen ertragen mussten.
Ermittlungen wegen Tierquälerei in anderer Pension in Bennstedt
MDR-Recherchen legen Versäumnisse gleich mehrerer Ämter des Kreises nahe. So war zunächst nicht aufgefallen, dass gegen die Besitzerin bereits wegen eines früheren Falls von vermuteter Tierquälerei in einer Tierpension in Bennstedt in der Gemeinde Salzatal ermittelt wird.
Silvia S. wird verdächtigt, zwischen September 2022 und März 2023 mehrere Hunde nicht ausreichend versorgt zu haben. Im Februar 2024 hatte das Amtsgericht Halle dann Strafbefehl gegen die Frau erlassen, dagegen legte die selbsternannte Hundeexpertin Einspruch ein. Bei einer Verurteilung drohen der Beschuldigten bis zu drei Jahre Haft. Der Prozess soll laut Staatsanwaltschaft im März dieses Jahres beginnen. Nach Angaben des Amtsgerichts Halle ist die Frau bereits im Jahr 2023 wegen Betrugs verurteilt worden.
Tierpensions-Betreiberin wegen Betrugs vorbestraft
In dem Betrugsfall ging es um einen Kredit, den Silvia S. aufgenommen und nicht zurückgezahlt hat. Karsten Kolbig, Pressesprecher und Richter am Amtsgericht Halle teilte MDR SACHSEN-ANHALT mit: "Sie wurde zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu 18,00 Euro verurteilt. Konkret wurde ihr vorgeworfen einen Privatdarlehensvertrag abgeschlossen zu haben, obwohl sie zu dieser Zeit schon wusste, dass sie weder das Darlehen zurückzahlen kann, noch die entsprechenden Zinszahlungen. Sie hatte bereits im August 2021 einen Privatinsolvenzantrag gestellt."
Zwei Zeugen berichteten dem MDR, dass sie Ende 2022 beim Veterinäramt des Saalekreises vorgesprochen haben wollen. Auch da soll es um Unstimmigkeiten in Bennstedt gegangen sein, etwa um Tierschutzprobleme oder darum, dass immer wieder einzelne Tiere entkommen sein sollen. Nach MDR-Informationen war das Gelände nicht vollständig umzäunt und gesichert.
Stadt soll Veterinäramt über Unstimmigkeiten informiert haben
Offenbar war es der Frau auch gelungen, den Betrieb der Tierpension in Bad Lauchstädt an sämtlichen Behörden vorbei zu übernehmen. Bad Lauchstädts Bürgermeister Christian Runkel (CDU) bestätigte MDR SACHSEN-ANHALT, dass die Frau das Gewerbe weder bei der Stadt noch beim Veterinäramt angemeldet habe. Er schätze, dass die Übernahme der Pension vor rund anderthalb Jahren stattgefunden habe. Ihm zufolge gab es dennoch regelmäßig Kontakt mit der Betreiberin.
Laut Runkel hatte die Stadt das Veterinäramt über die Unstimmigkeiten informiert. Bisher hat sich das Veterinäramt aber noch nicht zu dem Fall geäußert. Nach MDR-Informationen war in beiden Fällen der Lebensgefährte der Frau, Rainer J., der Geschäftsführer.
Tierpension lag auch mit Bauamt im Clinch
Dem MDR liegt außerdem eine E-Mail-Korrespondenz zwischen Oktober und Dezember 2021 zur Tierpension in Bad Lauchstädt vor. Demnach hat das Bauamt des Saalekreises über Monate mit der beschuldigten Frau wegen Fristverlängerungen geschrieben. Dabei soll es um bauliche Veränderungen und um den Pachtvertrag gegangen sein. Die Schreiben dokumentieren, dass der Betrieb über Jahre nicht zulässig war. Darin heißt es wörtlich: "Eine weitere Betreibung der Tierpension, welche mittlerweile seit 2016 ohne Genehmigung betrieben wird, wird es im Jahr 2022 nicht geben". Auf MDR-Anfragen wollte sich das Amt nicht äußern.
Neben verwahrlosten Hunden auch tote Tiere entdeckt
Unterdessen werden immer mehr Einzelheiten zum Fall bekannt. So wurden nach Angaben des Ordnungsamts von Bad Lauchstädt bei der Rettungsaktion Ende Dezember auch fünf tote Hunde entdeckt. Auch die Zahl der aufgefundenen verwahrlosten Hunde musste nach oben korrigiert werden: Wie der Saalekreis auf MDR-Anfrage mitteilte, wurden insgesamt 128 Tiere sichergestellt. Zuvor war von 119 die Rede. Sie wurden an verschiedene Tierheime in Deutschland verteilt.
Nach MDR-Informationen versuchte die Beschuldigte in der Zwischenzeit in Halle erneut ein Hundegewerbe anzumelden. Aus Datenschutzgründen wollte die Stadt das weder bestätigen noch dementieren.
MDR (Marc Weyrich, Lukas Mauri, Sarah-Maria Köpf, André Plaul, Susanne Ahrens) | Erstmals veröffentlicht am 20.01.2025
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 24. Januar 2025 | 10:00 Uhr