Aufsteller stehen in einem Raum.
Der Gebetsraum der Synagoge in Eisleben und die Emporen befinden sich noch im Rohbau. Bildrechte: MDR/Theo M. Lies

Gelder fehlen Ausbau der Eisleber Synagoge stockt seit Jahren

26. Februar 2024, 07:09 Uhr

Die Synagoge in Eisleben gehört zu den wenigen jüdischen Gotteshäusern, die nicht von den Nationalsozialisten zerstört wurden. Die Jüdische Gemeinde der Lutherstadt allerdings überlebte die finsteren Jahre der Hitler-Diktatur nicht. Seit 2002 kümmert sich ein Verein um das Haus in der Altstadt und bemüht sich seitdem um die Sanierung. Doch die ist jetzt ins Stocken geraten. Es fehlen 500.000 Euro.

Wer mit Rüdiger Seidel durch das Gebäude geht, spürt dessen Begeisterung für die Aufgabe, der sich der Verein Eisleber Synagoge gestellt hat. In seinem über 20-jährigen Wirken sei viel passiert, erzählt der Gründer und langjährige Vorsitzende: "Wir waren froh, dass wir Gelder für die Rückfront bekommen haben. Nun sind Dach und Fassaden erledigt." Doch all das hat Seidel vor drei Jahren schon erzählt. Seitdem ruhen die Arbeiten.

Drei Personen schauen in die Kamera.
Angelika Klein, Rüdiger Seidel und Monika Gibbas engagieren sich im Verein für die Eisleber Synagoge. Bildrechte: MDR/Theo M. Lies

500.000 Euro fehlen für die Sanierung

Die Vereinsarbeit läuft trotzdem weiter, berichtet Seidel, der den Vereinsvorsitz aus Altersgründen jüngst abgegeben hat. Schließlich werde das Gebäude schon als multikulturelle Begegnungsstätte genutzt. Hier finden Beratungen statt, es gibt Konzerte und auch eine Ausstellung ist gegenwärtig aufgebaut. Aber auch die ist in die Jahre gekommen und behandelt die Rolle Martin Luthers in Sachen Antisemitismus.

Und alles passiert mehr oder weniger in einer Baustelle. Zum Neustart der Sanierung fehlt es schlicht an Geld. 500.000 Euro wären nötig, um diesen Gedenkort endlich herzurichten, eine Heizung einzubauen, den Gebetssaal zu rekonstruieren und vielleicht auch ein inzwischen entdecktes rituelles Badehaus wieder sichtbar zu machen. Das habe der Architekt grob überschlagen.

Ein Gewölbe.
Das rituelle Badehaus im Keller der Synagoge soll eigentlich wieder sichtbar gemacht werden. Bildrechte: MDR/Theo M. Lies

Hoffen auf Unterstützung der EU

Da keine direkten Landeszuwendungen zu erwarten sind, werden – bisher jedoch vergeblich – die üblichen Geldquellen angezapft. Einschließlich möglicher EU-Mittel aus dem LEADER-Programm, die für 2025 sogar in Aussicht gestellt wurden. Doch hier klemmt die Säge nicht in Brüssel, sondern offenbar in Magdeburg, wie Vereinsmitglied Angelika Klein vermutet. Als ehemalige Landrätin von Mansfeld-Südharz sind ihr die Förderstrukturen noch bestens vertraut. Sie zeigt sich verwundert, dass es noch immer keine Richtlinien gibt, diese Gelder zu beantragen.

Was ist LEADER?

LEADER steht kurz für "Liaison entre actions de développement de l'économie rurale“, zu Deutsch: Verbindung zwischen Aktionen zur Entwicklung der ländlichen Wirtschaft. LEADER ist ein Gemeinschaftsinitiative der Europäischen Union, die Vorhaben und Projekte lokaler Akteurinnen und Akteure im ländlichen Raum fördert. Sogenannte Lokale Aktionsgruppen (LAGs) erarbeiten vor Ort Lokale Entwicklungsstrategien (LES) und entscheiden nach einem "bottom up"-Prinzip (zu Deutsch: von unten) möglichst eigenständig, welche Vorhaben mit den vorhandenen Fördermitteln unterstützt und umgesetzt werden sollen. Seit der jetzigen Förderperiode von 2021-2027 müssen diese LAGs als Verein eingetragen sein.

LEADER umfasst drei Fonds:

  • ELER: Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raumes
  • EFRE: Europäischer Fonds für regionale Entwicklung
  • ESF+: Europäischer Sozialfonds


Insgesamt stehen dem Land Sachsen-Anhalt 315,8 Millionen Euro für LEADER/CLLD zur Verfügung. Davon sind 165,8 Millionen Euro im ELER-Topf, knapp 19 Millionen im EFS+ und im EFRE-Topf sind 140 Millionen Euro, davon 25 Millionen Euro für die LEADER-Managements der 24 LAGs.

In Sachsen-Anhalt gibt es 24 LAG-Regionen, die flächendeckend das ganze Land abdecken. Neu dazu kamen die kreisfreien Städte Magdeburg, Halle und Dessau.

"Uns sind für 2025 solche Geldmittel zumindest in Aussicht gestellt worden. Doch nicht einmal die Projekte für 2023 sind auf den Weg gebracht worden, da erscheint es zweifelhaft, wie dann die Projekte von den EU-Programm LEADER profitieren können", sagt Klein. Zumal die Mittel bis 2027 auch verbraucht sein müssten. Dann sei aber immer noch nicht geklärt, woher der Eigenanteil des Vereins kommen soll, der ja mindestens zehn Prozent betragen werde. Unterm Strich seien das mindestens 50.000 Euro, rechnet Seidel vor.

Blick in eine Straße.
Die Fassaden und das Dach der Synagoge in der Lutherstraße in Eisleben sind zumindest fertig. Bildrechte: MDR/Theo M. Lies

Eisleben ohne jüdische Gemeinde

Anders als in Dessau, Magdeburg oder Halle gibt es keine Jüdische Gemeinde in der Lutherstadt. Nur wenige Eisleber Juden hätten die Vernichtungslager überlebt, manchen ist aber die Flucht vor allem in die USA oder nach Palästina gelungen. "Zu einigen Familien haben wird wieder Kontakt aufgenommen", verweist Rüdiger Seidel auf Höhepunkte in der Vereinsarbeit. Dazu gehören auch die Stolpersteine, die in Eisleben verlegt wurden und an frühere jüdische Mitbürger erinnern sollen.

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MDR (Theo M. Lies, Fabienne von der Eltz)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 25. Februar 2024 | 17:00 Uhr

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