Zerstörte Lagerhalle mit weißer Fassade.
Das geplante Kampfsportstudio konnte 2024 nach einem Brand nicht öffnen. Nun gab es einen erneuten Angriff. Die Eröffnung ist offenbar dennoch geplant. Bildrechte: MDR/ Hanna Kerwin

Halle Kampfsportler aus dem rechtsextremen Milieu: Studio vor Eröffnung erneut angegriffen

22. Januar 2025, 11:40 Uhr

In Halle wurde das geplante Kampfsportstudio von der Gladiator Fight Academy erneut Ziel eines Angriffs. In der Nacht zum 15. Januar beschädigten Unbekannte das Gebäude in der Lutherstraße schwer: Fenster wurden eingeschlagen, Farbe versprüht und ein Schriftzug hinterlassen. Die Polizei ermittelt, Täter sind bisher unbekannt. Trotz der Vorfälle hat das Studio, dessen Hintermänner nach MDR Investigativ-Recherchen der rechtsextremen Kampfsportszene und ihrem Umfeld angehören sollen, am Samstag zu eröffnet.

Wieder kamen die Täter nachts – kurz vor der Eröffnung. Nach Angaben der Polizei griffen vier bis fünf schwarz gekleidete Personen die zukünftigen Räumlichkeiten des Sportstudios an. Insgesamt wurden 15 Fenster eingeschlagen, großflächig Farbe versprüht und ein mehrerer Meter langer Schriftzug an der Fassade hinterlassen. Die Täter flüchteten laut Zeugenaussagen zu Fuß in verschiedene Richtungen. Bisher liegen keine Angaben zur Schadenshöhe vor. Die Polizei hat Ermittlungen aufgenommen, die vom Zentralen Kriminaldienst der Polizeiinspektion Halle (Saale) geführt werden. Bereits im April 2024 hatte die ursprünglich angemietete Immobilie der "Gladiator Fight Academy", eine Lagerhalle, kurz vor der Eröffnung gebrannt.

Kampfsportstudio in Halle: Brand verhinderte bereits Eröffnung in 2024

Laut Polizeiinspektion Halle dauern die Ermittlungen zu dem Brand noch an. Die Betreiber mussten damals ihre ursprünglichen Pläne aufgeben und die Eröffnung absagen. Es entstand ein Sachschaden von 250.000 Euro und Lagerhalle mit Fitnessgeräten wurde komplett zerstört. Bislang ist laut Polizei Halle völlig unklar, wer für den aktuellen Angriff verantwortlich ist, und ob dabei ein politisches Motiv eine Rolle spielt.

Enge Vernetzung in die rechtsextreme Szene

Nach Recherchen von MDR Investigativ wird das Studio von Kampfsportlern betrieben, die aus der extrem rechten Kampfsportszene stammen. Auf Anfrage gibt die Gladiator Fight Academy an, Geschäftsführer und alleiniger Inhaber sei Hans K.. Nach MDR Investigativ-Informationen kämpfte K. bisher sowohl für "La Familia Halle" als auch für den Verein "Kickbox Team Cottbus 09 e.V.", der, ähnlich wie "La Familia Halle", immer wieder durch Verbindungen seiner Kämpfer in die Neonaziszene auffiel. Im Dezember 2023 trat K. unter dem Label "Gladiator Fight Academy" bei einer Kampfsportveranstaltung in Berlin an.

Zu den Initiatoren sollen nach MDR Recherchen auch rechtskräftig verurteilte Straftäter gehören. So wurde einer der Initiatoren, zuvor Kämpfer und Kindertrainer bei "La Familia Halle", 2021 wegen seiner Mitwirkung an Angriffen der Thüringer Neonazi-Hooligan-Gruppe "Jungsturm" auf gegnerische Fußballfans zu einer Haftstrafe verurteilt. Der andere Kampfsportler, ein ehemaliges Mitglied der mittlerweile aufgelösten rechtsextremen Ultra-Gruppierung "Scenario Lok", kämpfte über Jahre sowohl für das Leipziger "Imperium Fight Team", das aus der Neonazi-Hooligan-Szene hervorging, als auch für "La Familia Halle". Im Jahr 2020 wurde der Kampfsportler wegen seiner Beteiligung am brutalen Angriff von rechtsextremen Hooligans auf den Leipziger Stadtteil Connewitz im Januar 2016 wegen Landfriedensbruchs in einem besonders schweren Fall zu einer einjährigen Freiheitsstrafe mit zwei Jahren Bewährung verurteilt. Die "Gladiator Fight Academy" antwortete auf Anfrage von MDR Investigativ zu Verbindungen in die rechtsextreme Hooliganszene, dass einem Teil des Initiatoren eine Vergangenheit in der Hooliganszene nachgesagt werde.

"Seit der Firmengründung meines Unternehmens sind mir keine juristischen Fehltritte der Mitarbeiter bekannt." Darüber hinaus entwickelten sich Menschen auch weiter und legten Verhaltensmuster ab und entwickelten neue, heißt es in der Antwort. Und weiter, "wir bilden einen Querschnitt der Gesellschaft ab und haben unsere Türen grundsätzlich für jeden geöffnet (…)"

Sorge vor Stärkung der Neonaziszene

Bereits im vergangenen Jahr warnten Rechtsextremismus-Experten wie Robert Claus im Zusammenhang mit der Beteiligung von Rechtsextremen an einer Hallenser Boxnacht vor den Aktivitäten der rechtsextremen Kampfsportszene in Halle. Wenn extrem rechte Hooligans vermehrt in einem Verein agieren, sage das sehr viel darüber aus, in welchem Milieu sich dieser bewegt und wo er seine Kämpfer rekrutiere, so Claus damals im MDR. "Ein Kampfsportevent in Halle unter Beteiligung internationaler extrem rechter Hooliganszenen kurze Zeit vor der anstehenden Fußball-Europameisterschaft in Deutschland sollte alle Alarmleuchten in der Stadt rot blinken lassen."

Auch Torsten Hahnel, Berater beim Miteinander e.V. in Halle sagte dem MDR, er sei besorgt im Hinblick auf die nun wieder geplante Eröffnung. Damit stehe zu befürchten, "dass hier ein Trainingsort für militante Neonazis mit professionellen Strukturen entstehen könnte. Es sieht aus, als hätten die Betreiber viel Geld reingesteckt. Das braucht Strukturen und Netzwerke." Damit könnten auch die in Halle eher schwach organisierte Neonaziszene gestärkt werden.

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MDR, zuerst veröffentlicht am 21.01.2025

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL – Das Nachrichtenradio | 30. Mai 2024 | 14:00 Uhr

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