Hitlergruß und "Sieg Heil" Staatsschutz ermittelt nach Angriffen auf Christopher Street Day in Weißenfels
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15. August 2023, 09:55 Uhr
Nach den Angriffen durch mutmaßliche Rechtsextreme auf den Christopher Street Day am Sonnabend in Weißenfels ermittelt nun der Staatsschutz. Es soll der Hitlergruß gezeigt und "Sieg Heil" gerufen worden sein. Kritik an ihrem Einsatz wies die Polizei zurück.
- Der Staatsschutz der Polizei ermittelt, nachdem Rechte den CSD in Weißenfels gestört haben.
- Kritik an ihrem Einsatz haben die Ermittler zurückgewiesen.
- Die Störungen waren nicht der erste rechte Zwischenfall im Burgenlandkreis.
Nach den Störungen beim Christopher Street Day (CSD) am Samstag in Weißenfels (Burgenlandkreis) ermittelt der Staatsschutz der Polizei unter anderem wegen des Verdachts des Landfriedensbruchs, der Körperverletzung sowie wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Das teilte die Polizeiinspektion Halle (Saale) dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Dienstag mit.
Polizei geht von rechtsextremistischem Hintergrund aus
Demnach sind Ermittlungsverfahren gegen eine Personenanzahl im zweistelligen Bereich eingeleitet worden. Dabei sollen auch Gegenstände geworfen und der Hitlergruß gezeigt worden sein. Die Nachrichtenagentur AFP berichtet auch von einem "Sieg Heil"-Ruf. Die Polizei geht deswegen von einem rechtsextremistischem Hintergrund aus.
Die Polizei wies Anschuldigungen etwa von Grünen und Linken zurück, sie sei bei dem Fest- und Demonstrationszug der sogenannten LGBTQI-Bewegung nicht ausreichend präsent gewesen. "Der Kräfteansatz wurde an den Erkenntnissen orientiert, welche die Polizei im Vorfeld zu möglichen Straftaten hatte", so ein Polizeisprecher. Es habe zu keinem Zeitpunkt eine Gefahr für die Versammlungsteilnehmer bestanden.
Kritik an Polizei und Vorbereitung
Der Polizei sei es außerdem gelungen, Tatverdächtige der Störungen namentlich bekannt zu machen und die Versammlungsteilnehmer zu schützen, hieß es. Der Einsatz werde aber intensiv nachbereitet. Dabei stehe man allerdings noch am Anfang. Bereits im Vorfeld des CSD hatte es laut Organisatoren und Polizei Drohungen der rechtsextremistischen Kleinstpartei Der Dritte Weg gegen die Demo gegeben.
Die Linke verwies auf "Probleme" und kritisierte die Polizei wegen mangelnder Vorbereitung. "Die Ordnungsbehörden waren leider (mal wieder) unzureichend auf die rechtsextreme Bedrohungslage vorbereitet", schrieb die Partei. Deshalb habe der Demonstrationszug auch mit Verspätung starten müssen. Der Grünen-Landtagsabgeordnete Sebastian Striegel hatte nach der Veranstaltung getwittert, der Einsatz der Polizei habe ihn "nicht überzeugt".
Der Landrat des Burgenlandkreises, Götz Ulrich (CDU), dankte Organisatoren und Teilnehmenden. Er selbst hatte die Schirmherrschaft für den Weißenfelser CSD übernommen. Er sehe seine Aufgabe darin, sich "an die Seite von Menschen zu stellen, deren Rechte bedroht sind", erklärte er auf Twitter. "Das gilt erst recht, wenn Nazis versuchen, den #CSDBLK zu stören und Teilnehmende einzuschüchtern." CSDBLK war der Twitter-Hashtag für die Veranstaltung.
Der FDP-Landtagsabgeordnete Maximilian Gludau, der bei der Eröffnung des CSD dabei war, sagte laut Mitteilung: "Leider gab es bereits im Vorfeld Anfeindungen und Hetze gegen die Veranstaltung und auch am Rande des CSD selbst. Es ist gut und zeugt von Mut, dass die Veranstaltenden sich von den Angriffen nicht einschüchtern lassen haben."
Unbekannte übermalten zuvor Regenbogentreppe in Reichsflagge-Farben
Der CSD in der Stadt Weißenfels war von einer Gruppe Ehrenamtlicher ins Leben gerufen worden. Eric Stehr war einer der Veranstalter. Mit dem CSD hatte er dafür sorgen wollen, dass sich queere Menschen auch im ländlichen Raum gesehen und vertreten fühlen.
Zuletzt hatte ein queer-feindlicher Vorfall im knapp 20 Kilometer entfernten Naumburg für Aufsehen gesorgt. Unbekannte hatten eine von Schülern in Regenbogenfarben gestaltete Treppe einer Schule übermalt – in schwarz, weiß und rot, den Farben der ehemaligen Reichsflagge. CSD-Veranstalter Stehr hat das nicht überrascht: "Die Leute fühlen sich mehr von einer Regenbogenflagge angegriffen als von den Reichsfarben."
Mitglieder des Naumburger Jugendparlaments hatten die Treppe vor der Albert-Schweitzer-Schule in Naumburg in den Farben des Regenbogens bemalt. Mit der Aktion wollten sie sich gegen Diskriminierung und Benachteiligung queerer Menschen einsetzen.
Doch als am 21. Juli, dem Freitag der Folgewoche, die Sonne in Naumburg aufging, war die Treppe nicht mehr bunt. Stattdessen zierten schwarz, weiß und rot die Stufen vor dem Schulgebäude. Die Farben der Reichsflagge, die ein verbreitetes Symbol in der rechtsextremen Szene ist. Laut Polizei hatten die Unbekannten dazu den Schriftzug "Mann + Frau = Familie" hinterlassen.
Fehlende Akzeptanz queerer Menschen
Eric Stehr hat das nicht überrascht: "Ich hatte damit gerechnet, dass die Treppe verschandelt wird. Welches Ausmaß das dann annimmt, konnte ich vorher auch nicht erahnen." Die Akzeptanz queerer Menschen sei in der Region noch nicht gegeben, meint der 22-jährige Student, der selbst homosexuell ist. Er ist einer der Veranstalter des Christopher Street Days in Weißenfels, des ersten überhaupt im Burgenlandkreis.
Vor rund einem halben Jahr hat Stehr, der auch für die Linken im Stadtrat von Weißenfels sitzt, mit den Planungen für den CSD begonnen. Er berichtet von anfänglicher Skepsis der Stadt und des Landkreises: "Es war anfänglich ein bisschen schwierig, weil wir kein Verein sind und auch keine Gruppe, die schon bekannt ist." Doch mit jedem Gespräch wuchs auch die Unterstützung, insbesondere durch den Burgenlandkreis.
Besondere Bedeutung des CSDs
Die Stufen vor der Albert-Schweitzer-Schule im benachbarten Naumburg sind inzwischen gereinigt worden. Nach dem Vorfall sei die Bedeutung des CSD in Weißenfels groß, meinte Stehr im Vorfeld und ergänzt: "Wir setzen ein Zeichen, dass queeres Leben existiert." Damit hoffe man, queeren Menschen in der Region wieder ein Gefühl von Sicherheit geben zu können. Denn genau das fehle aktuell, weswegen queere Personen den Landkreis vermehrt in Richtung der Großstädte verließen.
Der CSD ist ein Gedenktag queerer Menschen, die damit gegen Ausgrenzung und Diskriminierung protestieren. "In Leipzig und Halle ist das queere Leben natürlich auch nicht fabelhaft, da gibt es auch noch einige Probleme, aber dort ist es schon weiter fortgeschritten als im ländlichen Raum", so Stehr.
MDR (Engin Haupt, Leonard Schubert, Anja Höhne, Attila Dabrowski, Mario Köhne); AFP, dpa, epd; zuerst veröffentlicht am 12. August 2023
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 12. August 2023 | 06:00 Uhr
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