500 Jahre Bauernkrieg Frührenaissance in Mitteldeutschland: Kunstmuseum Halle zeigt alte Kunstschätze
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23. November 2024, 06:00 Uhr
Cranach-Gemälde, juwelenbesetzter Kelch oder Perlmutt-Relief: Im Rahmen des Jubiläums 500 Jahre Bauernkrieg zeigt das Kunstmuseum Moritzburg in Halle Schätze der Frührenaissance. Mit zahlreichen Kunstwerken aus der Region verdeutlicht das renommierte Haus, wie der Stil von Italien allmählich nach Deutschland kam. Für die Ausstellung wurden 70 Leihgaben aus internationalen Sammlungen organisiert, die auch viel über die Moritzburg selbst erzählen.
- In Halle sind faszinierende Kunstwerke aus der Zeit der Frührenaissance zu sehen.
- Die Ausstellung des Kunstmuseums Moritzburg thematisiert anhand der Exponate auch, wogegen sich die Landbevölkerung ab 1524 auflehnte.
- Aus vielen internationalen Sammlungen kamen Gemälde und andere Kostbarkeiten an ihren einstigen Bestimmungsort zurück.
Im Kunstmuseum Moritzburg in Halle wird am Samstag die neue Ausstellung "Frührenaissance in Mitteldeutschland" eröffnet. Die Schau ist Teil eines Ausstellungsreigens zum Bauernkrieg vor 500 Jahren. Die Sonderausstellung zeigt, wie sich in einer Zeit des Umbruchs auch der Kunststil gewandelt hat. Vor Ort in Mitteldeutschland hat sich von der Kunst jener Zeit nur wenig erhalten. Die Ausstellung bietet eine seltene Zusammenschau.
Ausstellung über Zeit der Umbrüche
Da funkelt ein edelsteinbesetzter Kelch als hochkarätige Hallenser Goldschmiedearbeit, da leuchtet ein filigran geschnitztes Perlmuttrelief, locken Gemälde und Kupferstiche von Albrecht Dürer und Lucas Cranach – faszinierende Kunstwerke. Sie sind nicht nur hoch ästhetisch, sondern veranschaulichen auch, wie sich Weltgeschichte in Kunst und Kultur ausdrückt und dabei einen neuen Stil hervorbringt.
Dieser neue Kunststil hat sich durch die gesellschaftlichen Umbrüche der damaligen Zeit von Italien kommend auch diesseits der Alpen langsam etablieren können, erklärt Museumsdirektor Thomas Bauer-Friedrich bei MDR KULTUR: Gutenbergs Buchdruck war mit neuen Verbreitungs- und Kommunikationsmöglichkeiten verbunden, Martin Luther wollte die Kirche reformieren und 1524 folgten schließlich die Bauernkriege. So zeigen die rund 250 Exponate im Kunstmuseum Moritzburg, welch große Rolle die Kunst für Macht, Prestige und die Repräsentation von Frömmigkeit gespielt hat.
Umfassender Blick auf die Moritzburg in Halle
Größtes Ausstellungsstück ist dabei die Moritzburg selbst. Denn sie wurde genau zu dieser Zeit von Ernst von Sachsen, dem Erzbischof von Magdeburg, als bischöfliche Residenz gebaut und unter anderem mit dem Halleschen Heiltum ausgestattet. Heute sind nur noch einzelne Stücke der kostbaren Reliquiensammlung vorhanden, die aber exquisit in modernem Design zur Geltung gebracht werden.
Sie spiegeln die damals allgegenwärtige Frömmigkeit wider, erzählen aber auch vom Ort selbst: "Warum gibt es überhaupt die Moritzburg als Gebäude? Was fand hier statt? Wie war sie ausgestattet?", wirft Bauer-Friedrich wichtige Fragen auf. "Da sieht man wunderbarste Objekte aus dem Bereich bildender und angewandter Kunst: Altarretabeln und Skulpturen. Man sieht aber auch historische Ausstattungssücke – wie Ofenkacheln."
Kunst und das Ringen um Macht
Der höfische Alltag stellt auch die Verbindung zu den Bauernkriegen her, sagt der Museumsdirektor. Denn damals ging es oft um Ressourcen, zum Beispiel das Recht zu Fischen oder zu Jagen. "Wir zeigen in der Ausstellung das Jagdbesteck von Friedrich dem Weisen und darüber thematisieren wir: Wer hatte überhaupt das Recht zu jagen? Wer hatte das Recht nicht? Und das sind Dinge, gegen die sich die Bauern 1524/25 aufgelehnt haben", erklärt Bauer-Friedrich.
Wir zeigen in der Ausstellung das Jagdbesteck von Friedrich dem Weisen und darüber thematisieren wir: Wer hatte überhaupt das Recht zu jagen? Wer hatte das Recht nicht?
Wie das Ringen um Prestige und Macht die Kunstszene regelrecht beflügelt hat, zeigt sich bei den rivalisierenden Brüdern Ernst von Sachsen in Magdeburg und Halle sowie Friedrich dem Weisen in Wittenberg. Denn beide beauftragten renommierte, oft weit gereiste und für die damalige Zeit moderne Künstler. Damit holten sie auch den neuen Stil der Renaissance in die Region.
Wie Cranach zum Renaissance-Maler wurde
Das zeigt sich laut dem Kunsthistoriker an einer Büste von Friedrich dem Weisen, die dieser bei Adriano Fiorentino in Auftrag gegeben hatte. "Von der Gesamtform erinnert es ein bisschen an ein Reliquiar, als wäre innen eine Kopfreliquie drin", erläutert Bauer-Friedrich. "Aber man sieht schon an der Ausbildung des Individuums, an der Darstellung von Haaren, von der Mimik, dass da schon die neuen Einflüsse aus Italien quasi in unsere Region transferiert werden."
Auch der Italiener Jacobo de' Barberi war als wandernder Künstler an den Hof nach Wittenberg gekommen und nicht nur von ihm hat sich auch Lucas Cranach der Ältere beeinflussen lassen. Das zeigt Kurator Philipp Jahn an mehreren Objekten: "Sie sehen das als Gemälde, Radierung, Holzschnitt, all das Nebeneinander. Aber Sie sehen auch, wie Cranach dann etwas eigenes mitbringt." In der Ausstellung seien beispielsweise italienische Medaillen zu sehen, als neue Form der Bronzegussplaketten. "Die inspirieren ihn, er greift die Form auf. In einem Werk kopiert er es fast eins zu eins", so der Kurator.
Leihgaben von vielen internationalen Sammlungen
Ein Stiltransfer, den man mit Unterstützung der Texte und den direkten Vergleichen in der Ausstellung in Halle gut nachvollziehen kann. Aus 70 internationalen Sammlungen kamen dafür Exponate an ihren einstigen Bestimmungsort zurück. Leider nicht mehr zu entleihen sind die beiden Altäre, die Ernst von Sachsen bei Hans Baldung Grien in Auftrag gegeben hatte. Stattdessen werden die Altäre – wie auch das Hallsche Heiltum – am authentischen Ort der Maria Magdalena Kapelle über maßstabsgetreue Lichtreproduktionen thematisiert.
Informationen zur Ausstellung
"Frührenaissance in Mitteldeutschland – Macht. Repräsentation. Frömmigkeit."
Sonderausstellung vom 24. November 2024 bis zum 2. März 2025
Adresse:
Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale)
Friedemann-Bach-Platz 5
06108 Halle (Saale)
Öffnungszeiten:
Donnerstag bis Dienstag, von 10 bis 18 Uhr
Mittwochs geschlossen
Eintritt:
10 Euro, ermäßigt 7 Euro
Am 20. Dezember 2024 soll ein umfassender Katalog zur Ausstellung erscheinen:
"Frührenaissance in Mitteldeutschland – Macht. Repräsentation. Frömmigkeit."
Band 33 der Schriften für das Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale)
Hrsg. von Christian Philipsen, Thomas Bauer-Friedrich und Philipp Jahn
Erschienen bei E. A. Seemann
ca. 400 Seiten
ISBN: 978-3-69001-000-9
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 23. November 2024 | 08:45 Uhr