Neo Rauch und Co. im Selbstporträt Ausstellung "Wir sind Kunst" in Halle: 20 Jahre Kunststiftung Sachsen-Anhalt
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23. September 2024, 18:40 Uhr
Mit der Ausstellung "Wir sind Kunst" feiert die Kunststiftung Sachsen-Anhalt in Halle ihr 20-jähriges Jubiläum. Zu sehen sind 150 Selbstporträts in Form von Malerei, Fotografie bis Literatur von einst geförderten Künstlern, wie Neo Rauch, Moritz Götze, Marc Fromm und Franca Bartholomäi. Die "unglaubliche Bandbreite" spricht für die Arbeit der Stiftung, die Kunst in Sachsen-Anhalt fördern und überregional sichtbar machen soll, so die Stiftungsdirektorin. Es ist die bisher größte Schau am Neuwerk.
- Eigens für die Jubiläumsausstellung wurden einstige Stipendiaten wie der Bildhauer Marc Fromm um Selbstporträts gebeten, die seit Sonntag in der Kunststiftung Sachsen-Anhalt am Neuwerk in Halle zu sehen sind.
- Direktorin Manon Bursian verweist auf hunderte Arbeitsstipendien und Projekte, um Kunst aus Sachsen-Anhalt zu fördern und sichtbar zu machen, was eine besondere Herausforderung sei.
- Die Kritik, die Stiftung richte den Fokus zu sehr auf Halle, weist Bursian zurück. Die Schau zeige "eine unglaubliche Bandbreite".
Moment, brennt da eine Figur? Zumindest kommen Rauchschwaden aus dem Körper, und tritt man heran, dann sieht man: Die hölzerne Skulptur hat tatsächlich bereits gebrannt, was die verkohlte Oberfläche verrät. Ein eigenwilliges Selbstbildnis – eines Ausgebrannten? Holzbildhauer Marc Fromm erläutert: "Dieser Körper raucht eigentlich permanent, und wenn der noch dampft, ist das Feuer nicht lange her. Das macht nochmal eine Zeitdimension auf." Soll heißen: "Man ist permanent unter Dampf als Künstler."
Jubiläumsschau: 150 Selbstporträts von Stipendiaten
"Burni" nennt der Bildhauer Marc Fromm sein Selbstporträt, das er wie 150 weitere Stipendiaten für die Ausstellung zum 20-jährigen Bestehen der Kunststiftung Sachsen-Anhalt gearbeitet hat. Der gebürtige Hesse ist schon vor Jahren für das Kunststudium nach Halle gekommen und hat sich zum Aushängeschild der Stiftung gemausert. Zwei Biennalen in Venedig hat er bereits mitgemacht, seine drei Meter hohe Holzfigur "Die Laborantin" wurde im Bundesrat ausgestellt.
Alles auch Erfolge durch die Förderprogramme der Kunststiftung, wie er sagt: "Die Kunststiftung bietet vielen Kunststudenten an der Burg eine Perspektive, um sich hier zu etablieren. Sie schafft Sichtbarkeit." Über die halbjährigen Arbeitsstipendien verschaffe sie finanziellen Freiraum. Das sei in Sachsen-Anhalt wichtig, weil es sonst an Perspektiven etwa über einen florierenden Kunstmarkt fehle.
Die Arbeitsstipendien schaffen einen finanziellen Freiraum, und das ist in unserem Bundesland wichtig, weil etwa ein florierender Kunstmarkt fehlt.
Bursian: "Kunst aus Sachsen-Anhalt zum Leuchten bringen"
So scheint das Ziel aufgegangen, dass sich Manon Bursion vor 20 Jahren gesteckt hat. Von Beginn an leitet sie die Stiftung. Durchaus auch umstritten, hat sie stringent ein weitgefächertes und internationales Programm entwickelt, mit Künstler-Residenzen in Ahrenshoop, aber auch Los Angeles, Tel Aviv oder Hanoi.
Insgesamt wurden 734 Arbeitsstipendien vergeben und knapp 500 Projekte gefördert – ein disparates Land wie Sachsen-Anhalt brauche die Stiftung, betont die Direktorin: "Wir sind ein Land ohne Metropolen. Wir sind ein Land der Fläche, wir haben eine wunderbare Kunsthochschule und wir haben viele sehr ungewöhnliche Künstler", so Bursian. In der Kunsthochschule könne man von Mode bis hin zur Bildhauerei und Malerei alles studieren. Auch einen Design-Schwerpunkt gebe es. "Wir verbringen sehr viel Zeit damit, die Dinge, die dann von den Künstlern produziert werden, auch zum Leuchten zu bringen, ein neues Publikum zu finden", versichert die Direktorin der Kunststiftung Sachsen-Anhalt.
Wir sind ein Land ohne Metropolen. Wir sind ein Land der Fläche. Wir haben eine wunderbare Kunsthochschule und ungewöhnliche Kunstschaffende. Ihre Arbeit wollen wir zum Leuchten bringen.
"monopol"-Sonderheft erscheint bundesweit
Öffentlichkeit ist das Zauberwort – da haben es Künstler in Sachsen-Anhalt schwer, in Nachbarschaft zu Leipzig und Berlin. Zwar hat sich die Galerien-Dichte etwas verbessert, doch allein um in überregionalen Kunstmedien wahrgenommen zu werden, braucht es Beharrlichkeit und letztlich auch Geld. Nicht umsonst musste man für das "monopol"-Sonderheft, das nun ins ganze Bundesgebiet geht, bezahlen, was die Direktorin der Kunststiftung Sachsen-Anhalt so begründet: "Wenn wir heute keinen Social-Media-Post mehr absetzen beziehungsweise nicht in den großen, wichtigen Kunstmagazinen des Landes eine Rolle spielen, dann sind wir eigentlich ein bisschen verloren." So würden alle verfügbaren Kanäle genutzt, um die wunderbaren Arbeiten der Künstler der Öffentlichkeit vorzustellen.
Wir nutzen alle Kanäle.
"Unglaubliche Bandbreite": Bursian dementiert Vergabe-Klüngel
Dazu dient am Ende natürlich auch das Gebäude, das die Kunststiftung 2011 beziehen konnte. Modern saniert und umgebaut, können sämtliche Arbeiten dort adäquat ausgestellt werden. Allerdings ist damit einmal mehr der Fokus auf Halle gerichtet – und man ahnt, warum es kaum mehr Projekte in der Landeshauptstadt gibt und in manchen Kreisen von Vergabeklüngel gesprochen wird, was Bursian natürlich dementiert.
Gerade auch in der Ausstellung mit den Selbstporträts könne man sehen, wie vielfältig die Kunstszene in Sachsen-Anhalt sei: Darin könne man viel über das Land und seine Künstler lernen und auch die "unglaubliche Bandbreite" sehen, die es hier gebe, meint die Direktorin. Besucherinnen und Besucher würden feststellen, dass die Ausstellenden von überall kommen: "Und am Ende sind sie hier und produzieren hier." Gezeigt würde nicht nur Kunst von Künstlern aus Sachsen-Anhalt, die hier geboren und aufgewachsen seien, die Auswahl sei international: "Wir haben Gäste aus der ganzen Welt eingeladen, die auch unsere Stipendiaten waren und die in dieser Ausstellung präsent sind", stellt Manon Bursian klar.
Faszinierende Selbstporträts in allen Facetten
So sieht man den halleschen Maler Uwe Pfeiffer in meisterhaft realitätsnaher Rötel-Zeichnung, Lisa Reichmann fragt mit einem gestickten Porträt "Vielleicht bin das ich". Mal verfremdet mit Tiermaske, mal fotografiert, mal ganz abstrakt oder beschrieben in Verszeilen, mal keine Selfies, sondern Selbstporträts in allen Facetten – das fasziniert!
Weitere Informationen zur Ausstellung in der Kunststiftung Sachsen-Anhalt
"Wir sind Kunst"
Jubiläumsausstellung mit Selbstporträts der Stipendiatinnen und Stipendiaten
22. September bis 17. November 2024
Kunststiftung des Landes Sachsen-Anhalt
Neuwerk 11
06108 Halle
Öffnungszeiten
Mittwoch bis Sonntag: 14–18 Uhr
Eintritt
5 Euro, ermäßigt 2 Euro
Quelle: MDR KULTUR (Sandra Meyer), redaktionelle Bearbeitung: ks, sg
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 21. September 2024 | 12:10 Uhr