Engagement im Ruhestand Warum der Bürgermeister von Pretzsch zur Feuerwehr geht
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von André Damm, MDR SACHSEN-ANHALT
25. November 2023, 17:13 Uhr
Wenn Clemens Zugowski, der Ortsbürgermeister von Pretzsch im Kreis Wittenberg im Frühjahr in Rente geht, wird er sich nicht etwa zurücklehnen. Der 62-Jährige tritt der Freiwilligen Feuerwehr bei. Als einer von rund 20 Kameraden und Kameradinnen will er bei Einsätzen helfen – und er hofft, mehr Menschen für das Engagement bei der Feuerwehr zu begeistern. Denn die braucht dringend Nachwuchs.
- Der Ortsbürgermeister von Pretzsch im Kreis Wittenberg, Clemens Zugowski, will zur Feuerwehr, wenn er nächstes Jahr in Rente geht.
- Zugowski kennt die Probleme der Feuerwehr vor Ort – auch die Nachwuchssorgen.
- Vor dem ersten Einsatz muss Zugowski erstmal eine Ausbildung absolvieren.
Wenn der verdiente Ruhestand erreicht ist, hat jeder andere Pläne. Manche wollen reisen und die Welt kennenlernen, andere kümmern sich um den Garten oder um ihre Enkel. Wieder andere versuchen, eine Fremdsprache beziehungsweise ein Instrument zu lernen. Der Pretzscher Ortsbürgermeister Clemens Zugowski wird im kommenden Frühjahr Rentner. Er hat sich entschlossen, Feuerwehrmann bei der Freiwilligen Feuerwehr in Pretzsch zu werden.
Clemens Zugowski geht sportlich in Rente – und zur Feuerwehr
Clemens Zugowski hat einen festen Händedruck. Der passt zu dem drahtigen Mann aus Pretzsch im Landkreis Wittenberg, der während seiner Armeezeit Kampfschwimmer war und auch heute noch jeden Tag ins kalte Wasser springt. Den Pool an seinem Wohnhaus in Pretzsch macht er nicht winterfest. Einstellige Bade-Temperaturen schrecken den 62-Jährigen nicht ab, der sich zudem mit Joggingrunden und Liegestützen in Form hält. Sein guter Fitnesszustand sei ein Grund, warum er im kommenden Jahr Feuerwehrmann werden will, sagt Zugowski. Zum anderen wolle er helfen, wenn es die Lage erfordert. Unabhängig, ob er zu Bränden, Überschwemmungen, Verkehrsunfällen ausrücken muss.
Ich denke mal, das ist eine Sache, die einen erfüllen und stolz machen kann.
"Ich habe gesagt: Leute, ich werde Mitglied in eurem Verein und ich werde am aktiven Dienst teilnehmen", berichtet Zugowski, "Ich denke mal, das ist eine Sache, die einen erfüllen und stolz machen kann." Mit der Arbeit der ehrenamtlichen Kameraden ist Zugowski vertraut, allein schon durch seinen Job als Ortsbürgermeister der kleinen Elbestadt. "Da habe ich auch die Probleme kennengelernt, die es bei der Feuerwehr gibt", sagt er, "Und da sehe ich auch die Notwendigkeit, sich zu engagieren."
Feuerwehr in Pretzsch braucht neue Mitglieder
Wie viele andere Freiwilligen Wehren in Sachsen-Anhalt hat die Pretzscher Truppe Nachwuchssorgen. Zwar sind laut Ortswehrleiter Robby Leuker 17 Kameraden und drei Kameradinnen theoretisch einsatzbereit – aber eben nicht immer. "Am Tag, wenn alle arbeiten sind, sieht es bei uns ziemlich kritisch aus. Wir sind auch schon mal zu dritt zum Einsatz gefahren", sagt Leuker.
Wir sind auch schon mal zu dritt zum Einsatz gefahren.
Dass sich nicht mehr Mitstreiter für die Feuerwehr finden, ist Leuker zufolge ein gesellschaftliches Problem. Überall fehle die Bereitschaft, sich zu engagieren. Dabei sei die Pretzscher Wehr eine dufte Truppe. Sie verfügt über einen gut ausgestatteten Fuhrpark mit Einsatzwagen, zwei Löschfahrzeugen und einem Wasserrettungsboot. Alle zwei Wochen trifft man sich im Depot zur Ausbildung. Sicherheitshalber steht immer ein Kasten Bier bereit.
"Ausbildung und geselliger Teil werden natürlich strikt getrennt", sagt Leuker, der von einem guten Miteinander spricht. Und das muss auch so sein, denn Feuerwehrleute müssen sich im Ernstfall blind aufeinander verlassen können. Kleine Unannehmlichkeiten des Alltags – wie die fehlenden Umkleidekabinen – seien da schnell vergessen. In Pretzsch müssen sich Männer und Frauen in der Fahrzeughalle umziehen, finden lediglich Deckung hinter den Einsatzwagen. Das sei schon immer so gewesen, erzählt der Ortswehrleiter, aber man habe sich daran gewöhnt.
Neuer Feuerwehrmann Zugowski: Erst Ausbildung, dann Einsatz
Clemens Zugowski, der derzeit als Außendienstmitarbeiter in der Baubranche durch halb Deutschland fährt, kann es kaum abwarten, endlich im feuerroten Team dabei zu sein. Doch zuvor muss er noch eine 80-stündige Ausbildung absolvieren. Und die hat es in sich: Da geht es um rechtliche Belange, aber auch um technische Fragen, wie Hydranten angezapft, Standrohre gesetzt und Schläuche getauscht werden. Doch derzeit gibt es nur drei Interessenten. Für einen Lehrgang ist die Nachfrage zu gering. Deshalb wird geprüft, eine gemeinsame Ausbildungsrunde mit Bewerbern aus der Nachbarstadt Kemberg zu starten. Denn jeder neue Kamerad, jede neue Kameradin wird gebraucht.
Vielleicht ist es ein Signal, dass auch jüngere Leute – Männer oder Frauen – darüber nachdenken und sagen: Ja, das ist eine gute Sache, da mache ich mit.
Der 62-jährige Zugowski will mit seiner Aktion, sich der Feuerwehr anzuschließen, auch ein Zeichen setzen. Zur Jugendfeuerwehr zähle er wohl nicht mehr und werde vermutlich die älteste Nachwuchskraft in die Geschichte der Pretzscher Wehr, aber er wolle dennoch Nachahmer finden. "Vielleicht ist es ein Signal, dass auch jüngere Leute – Männer oder Frauen – darüber nachdenken und sagen: Ja, das ist eine gute Sache, da mache ich mit. Schließlich erwartet auch jeder, dass die Feuerwehr im Notfall schnell vor Ort ist."
Zugowski selbst plant für mehrere Jahre. "Für den aktiven Dienst gibt es zwar eine Altersbegrenzung, die liegt bei 67. Man kann sie aber noch etwas verlängern." Gerade erst haben die Pretzscher ihr ältestes aktives Mitglied in die Ehren-Abteilung verabschiedet. Der Kamerad ist 69 Jahre alt.
MDR (André Damm, Maren Wilczek)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT | 22. November 2023 | 08:19 Uhr
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