Umweltbundesamt Einzige Möglichkeit in Deutschland: Antarktis-Erlaubnis wird in Dessau ausgestellt
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26. Februar 2025, 19:21 Uhr
Die Antarktis, der einzige unbesiedelte Kontinent am Ende der Welt, war lange Zeit nur für Forscher und Abenteurer interessant. Seitdem im Internet jedoch Videos von Influencern mit Pinguinen millionenfach geklickt werden, erlebt der eisige Erdteil einen wahren Besucheransturm. Darunter sind auch Tausende Touristen aus Deutschland. Wer zur Antarktis reisen darf, entscheidet eine Frau im Umweltbundesamt in Dessau-Roßlau.
Rita Fabris gerät sofort ins Schwärmen. Wenn die 43-Jährige von ihrer Reise in die Antarktis erzählt, beginnen ihre Augen zu leuchten. "Es ist wahnsinnig beeindruckend dort, das kann man sich gar nicht vorstellen, wenn man es nur auf Bildern sieht. Die Weite, die wenigen Farben, die Stille – einfach wunderschön".
Tourismus: Menschlicher Fußabdruck in der Antarktis "nicht mehr zu leugnen"
Dabei hat die Diplom-Biologin aus Dessau-Roßlau besonders die Flora und Fauna auf dem siebten Kontinent im Blick: "Natürlich die Pinguine, zu Tausenden, dazu Wale, Robben, es gibt sogar eine Mückenart in der Antarktis und spannende Pflanzen", sagt Fabris und hält kurz inne. Denn so unberührt, wie viele denken, sei die Antarktis nicht. Es gäbe durchaus viel Aktivität, die wissenschaftliche Mitarbeiterin spricht von einem "menschlichen Fußabdruck, den man nicht mehr leugnen kann."
Und das liegt auch am zunehmenden Tourismus. Wurden vor 30 Jahren noch weniger als 8.000 Besucher gezählt, kommen inzwischen mehr als 120.000 Gäste pro Saison in die eisige Region – hauptsächlich per Schiff, aber immer öfter auch per Flugzeug. Der Anstieg sei enorm für arktische Verhältnisse. "Das macht uns auf jeden Fall Sorgen, weil auch kein Ende in Sicht ist. Der Markt bedient, was die Leute möchten."
Antarktis-Reisen: Influencer lösen Boom aus
Und Fabris kennt auch die Gründe für den Boom. Da sei das gestiegene Interesse an Reisen generell, immer mehr Menschen verfügten zudem über die nötigen finanziellen Mittel. Und auch die sozialen Medien spielen eine wichtige Rolle, weiß die 43-Jährige. Auf Plattformen wie TikTok gehen Videos, auf denen sich Influencer mit einem Weinglas in der Hand vor mächtiger Eisberg-Kulisse zeigen, viral.
Wird nicht zuletzt dadurch der einst schier unerreichbare Kontinent zu einem 'normalen' Reiseziel? Berg- und Skiwanderungen, motorisierte Fahrten über das Eis, Rundflüge und Ähnliches werden auf der Antarktis bereits angeboten. Die Folgen? Nicht absehbar, sagt die UBA-Mitarbeiterin. "Im Eis ist viel Süßwasser gespeichert, wenn diese Eismassen abschmelzen, dann steigt unser Meeresspiegel. Das hat auch Auswirkungen auf die Ozeanzirkulation, es ist ein globales System, das für uns alle wichtig sein kann."
Antarktis ohne Erlaubnis ist ordnungswidrig
Die meisten Antarktistouristen kommen dabei bislang aus den Vereinigten Staaten, gefolgt von China und Australien – Tendenz weiter steigend. Die Zahlen deutscher Besucher bleiben laut Fabris seit Jahren ziemlich konstant. Und die Dessauerin muss es wissen. Über ihren Schreibtisch im Umweltbundesamt gehen alle Genehmigungen für Antarktisreisen. Zu mehr als 90 Prozent reichen Reiseveranstalter die Anträge für ihre Kunden ein, es gibt aber auch einige wenige Privatreisende. Die müssen einen seitenlangen Fragebogen ausfüllen, es folgt ein Gespräch über geplante Aktivitäten.
"Ich muss eine Genehmigung ausstellen, wenn jemand so etwas bei uns beantragt. Es sei denn Sie sagen, Sie möchten dort einen Pinguin essen, dann muss ich Nein sagen", erklärt die wissenschaftliche Mitarbeiterin. Wer ohne Erlaubnis die Antarktis betritt, begeht eine Ordnungswidrigkeit, so Fabris.
Immer mehr Schiffe bringen Probleme: Abwasser, Abgase und Lärmbelästigung
Die Dessauerin reist alle fünf Jahre selbst mit einem Schiff ins Südpolarmeer, um die Einhaltung aller Vorschriften zu überprüfen. Denn für einen Besuch im Eis gelten strenge Regeln. Dabei geht es etwa um gründliche Desinfektion vor Betreten des Festlands, genügend Abstand zu Wildtieren und die Müllentsorgung. Fehlverhalten könne zu Veränderungen in den Habitaten von Pflanzen und Tieren führen und so zu deren Gefährdung beitragen. Das größte Problem aus Sicht der Umweltschützerin sind aber die Touristen-Schiffe. "Die bringen Abwässer, Abgase und Lärmbelästigung."
Und wenn noch mehr eistaugliche Schiffe gebaut werden? Dann gäbe es auch im Moment noch niemanden, der Stopp sagt. "Wir müssen hier eine Grenze ziehen", so Fabris. Ohnehin müsse der Schutz der Antarktis international mehr in den Fokus rücken, fordert die Mitarbeiterin in Deutschlands wichtigster Umweltbehörde. "Die Bundesrepublik ist Antarktis-Vertragsstaat und wir würden gerne weiter kommen mit unserem Tourismus-Abkommen. Das wird ein paar Jahre dauern, aber wir wollen dort ein starkes Instrument erreichen."
Es gehe darum, so Rita Fabris, die noch weitgehend unberührte, wilde Natur rund um den Südpol zu erhalten. "Und zwar so lange und so gut wie möglich" sagt die Antarktis-Expertin aus Dessau – und wieder beginnen ihre Augen dabei zu leuchten.
MDR (Martin Krause, Oliver Leiste)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 26. Februar 2025 | 06:40 Uhr
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