Salzlandkreis Kommunen und Landkreise fühlen sich unterfinanziert: Was die Entscheidung des Landesverfassungsgerichts bedeutet
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22. Januar 2025, 16:35 Uhr
Es ist nicht neu, dass sich Städte und Landkreise bei finanziellen Zuweisungen vom Land benachteiligt fühlen. Sie verweisen auf Schwierigkeiten wie Rückgang der Einwohnerzahl oder Insolvenzen großer Firmen. Der Salzlandkreis sowie die Städte Hecklingen und Nienburg fanden, dass im Jahr 2022 fehlerhaft gerechnet wurde und riefen das Landesverfassungsgericht an. Die beiden Klagen wurden weitgehend abgewiesen. Eine Einordnung.
- Die Verfassungsbeschwerden aus dem Salzlandkreis sind zum Großteil gescheitert – es gibt laut Gericht nur Anspruch auf finanzielle Mindestausstattung.
- Es ging um die gerechte Verteilung von 1,735 Milliarden Euro durch das Land Sachsen Anhalt im Jahr 2022.
- Der Salzlandkreis konnte einen Teilerfolg bei der Berechnung der Auszahlung für sein Personal erzielen.
Draußen dämmerte es bereits, als die Landesverfassungsrichter am Dienstagabend den hell beleuchteten Sitzungssaal des Dessauer Landgerichtes betraten. Die Entscheidung wurde kurz und knapp verkündet, danach aber – in stark gekürzter Form – etwa zwei Stunden lang begründet.
Lediglich Anspruch auf "Mindestausstattung"
Die Verfassungsbeschwerden der Städte und des Landkreises werden zurückgewiesen, erklärte der Vorsitzende, weil dem Gesetzgeber bei der Berechnung des kommunalen Finanzbedarfs keine schwerwiegenden Fehler unterlaufen sind. Das Selbstverwaltungsrecht der Beschwerdeführer sei nicht verletzt worden. Denn Kommunen hätten lediglich Anspruch auf eine finanzielle Mindestausstattung.
Das Maß dieser Mindestausstattung sei nicht geregelt, da habe das Land viel Gestaltungsspielraum, hieß es weiter. Wichtig sei aber, dass der Gesetzgeber auf die "interkommunale" Gleichbehandlung setzt, damit Pflichtaufgaben erledigt werden können. Dabei Durchschnittswerte und Prognosen zu bilden, sei zulässig. Für die Städte Hecklingen und Nienburg sowie für den Salzlandkreis endete der Gang vor das Landesverfassungsgericht in Dessau deshalb mit einer Enttäuschung.
Finanzausgleich selbst für Experten schwer zu durchschauen
Das Finanzausgleichgesetz – kurz FAG – sorgt in Sachsen-Anhalt traditionell für Streit, denn regelmäßig fühlen sich Landkreise oder Kommunen benachteiligt. Sie beklagen, dass sie zu wenig Geld vom Land bekommen und damit unterfinanziert sind. Landkreise zum Beispiele erwirtschaften kaum Einnahmen, sind demzufolge auf die Kreisumlage, aber auch auf Mittel des Landes zwingend angewiesen. Doch die Berechnungsprozedur ist schwierig und selbst für Kämmerer schwer nachvollziehbar. Auch das machte die Verhandlung am Landverfassungsgericht in Dessau deutlich, bei der das FAG aus dem Jahr 2022 Gegenstand der Prüfung war.
Zur Größenordnung: In dem Zeitraum hatte das Land eine Summe von 1,735 Milliarden Euro als Finanzmasse bereitgestellt, die möglichst gerecht auf Landkreise und Kommunen verteilt werden sollte. In die Kalkulation flossen einerseits Einwohnerzahl, Schuldenlast sowie das Steueraufkommen in den Kommunen ein, auf der Ausgaben-Seite geht es um Schlüsselzuweisungen, Investitionspauschalen und Ausgleichsstöcke – ein Ozean aus Zahlen, Verhältnis-Gleichungen und Hochrechnungen – nach der horizontalen und vertikalen Methode.
Beschwerde von Salzlandkreis, Hecklingen und Nienburg
Allein die Unterlagen der drei Beschwerdeführer in diesem Verfahren nahmen etliche Bände in Anspruch. Das Land Sachsen-Anhalt verfolgt das Ziel, das hatte Finanzminister Michael Richter (CDU) im Vorfeld mehrfach erklärt, sowohl Kommunen als auch Landkreise ausreichend finanziell auszustatten, damit diese ihre Pflichtausgaben ausüben können.
Doch genau das hatten der Salzlandkreis sowie die Städte Hecklingen und Nienburg bemängelt. Sie monierten, dass falsch berechnet wurde und sie zu wenig Geld zugewiesen bekommen. Es habe unter anderem eine fehlerhafte Aufgaben- und Bedarfsermittlung stattgefunden. In der Verhandlung machten die Beschwerdeführer deutlich, dass ihnen finanziell das Wasser bis zum Hals steht.
Rote Zahlen für Salzlandkreis, Hecklingen und Nienburg So liege das Haushaltsdefizit im Salzlandkreis im Jahr 2023 bei 18,7 Millionen Euro, für 2024 wird sogar mit 25 Millionen Euro gerechnet. Auch die Stadt Hecklingen mit ihren knapp 7.000 Einwohnern weist eine hohe Verschuldung auf. In der Verhandlung am Landesverfassungsgericht wird der Betrag von 13,5 Millionen Euro genannt. Schulden hat auch Nienburg aufgetürmt, aber nicht in dieser Höhe. Dafür gebe es dort einen verbreiteten Investitionsstau.
Unter dem Strich machten die Kommunen und der Landkreis deutlich, dass der kommunale Finanzausgleich, wie er in Sachsen-Anhalt praktiziert wird, nicht geeignet ist, eine angemessene finanzielle Ausstattung zu gewährleisten.
Personalkosten, Schülerbeförderung, Kreisstraßen
Als Beispiel führte Hecklingen die Entwicklung der Personalausgaben an. Diese hätten sich von 1,8 Millionen Euro im Jahr 2013 auf 2,8 Millionen Euro 2023 deutlich erhöht – um satte 56 Prozent. Der Gesetzgeber bildet dagegen nur Mittelwerte, die nicht der Wirklichkeit entsprechend würden. Das gelte auch für die Anpassung an die Inflation.
Der Salzlandkreis bemängelte, dass man bei der Schülerbeförderung und beim Unterhalt von Kreisstraßen auf den Kosten sitzen bleibt. Doch bei der Berechnung der Personalauszahlungen konnte der Landkreis einen Teilerfolg erzielen. Hohe Tarifsteigerungen seien in der Finanzausgleichsmasse unzureichend berücksichtigt worden. Da habe das Land zu sparsam kalkuliert, die Personalkosten seinen auf unvertretbare Weise prognostiziert worden. Hier müsse das Land nachbessern.
MDR (André Damm, Luise Kotulla)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 22. Januar 2025 | 13:30 Uhr
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