Hintergrund Neue Schufa-App soll auch Kontodaten erfassen

18. Juli 2023, 21:09 Uhr

Es betrifft fast jeden: Neuer Handy- oder Mietvertrag, Ratenzahlung oder Kredit – dann kommt die Kreditauskunft ins Spiel. Die Schufa bewertet die Bonität und hat damit erheblichen Einfluss auf unser Leben. Schon immer gab es den Vorwurf mangelnder Transparenz sowie der Abzocke, wenn Verbraucher eine Schufa-Bewertung benötigen. Über eine App können Verbraucher nun ihren Basisscore kostenlos und jederzeit digital abrufen – und sollen weitere Daten liefern.

Verbraucherinnen und Verbraucher können die von der Auskunftei Schufa gespeicherten Daten zu ihrer Kreditwürdigkeit ab sofort kostenlos jederzeit online einsehen. Notwendig ist dafür die Registrierung bei der App der Tochter Bonify, in die der von der Kreditauskunftei berechnete sogenannte Basisscore integriert wird. Die Datenbasis kann dabei freiwillig um das Girokonto erweitert werden.

Was verbirgt sich hinter der Schufa-App?

Die Schufa verfolge das Ziel, "die Transparenz zu erhöhen und den Menschen künftig mehr Kontrolle über ihre Daten zu geben", sagte die Chefin der Schufa Holding AG, Tanja Birkholz, in Wiesbaden. Die Schufa versicherte: "Auch bei der Identifikation über das Konto und Einwilligung zum Kontoeinblick durch Bonify gilt: Die Schufa hat keine Zugriffsmöglichkeiten, die Nutzerinnen und Nutzer befinden sich in einem geschützten Raum."

Ende 2022 hatte die Schufa die Finanzplattform Bonify gekauft. In deren App "Bonify Finanzmanager" wird der Basisscore zur Kreditwürdigkeit integriert. Außerdem will die Schufa künftig Verbraucher von sich aus informieren, wenn es einen negativen Eintrag gibt. Ferner sollen App-Nutzer ab 2024 der Auskunftei auf freiwilliger Basis Einblicke in ihr Girokonto gewähren können, damit die Schufa ihre Bonität besser bewerten kann.

Welche Kritik gibt es am neuen Schufa-Angebot?

Die Bürgerbewegung Finanzwende sieht die Schufa-Pläne kritisch. Vorstand Gerhard Schick warnte, mit Einblick in Kontodaten würde die Schufa noch mächtiger werden. Die Bewegung Finanzwende und die Kampagnenorganisation Campact fordern von der Schufa in einem Aufruf, "jeglichen Plänen zu Kontoinformationen eine klare Absage zu erteilen – ob per Bonify oder bei zukünftigen Projekten". Dazu sollen 300.000 Unterstützerunterschriften an die Schufa übergeben werden.

Welche Daten sammelt die Schufa?

Geschäftsmodell der 1927 gegründeten "Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung" (Schufa) ist es, Daten zu sammeln. Auf deren Basis liefert die Schufa ihren etwa 10.000 Vertragspartnern – wie Banken und Sparkassen, Versandhändlern und Energieversorgern – Auskunft zu Kunden. Pro Tag sind es im Schnitt 320.000 Auskünfte an Unternehmen. Neben der Schufa gibt es weitere Wirtschaftsauskunfteien in Deutschland, etwa Creditreform und Crif.

Die Schufa erhält von ihren Vertragspartnern Informationen etwa zur Eröffnung von Girokonten, Ausgabe von Kreditkarten, Abschluss von Leasingverträgen und Krediten. Nach Angaben der Schufa bedarf es laut Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO ) dafür keiner Einwilligung der Verbraucher und Verbraucherinnen. Rechtsgrundlage sei ein "berechtigtes Interesses" an der Datenverarbeitung. Die Schufa speichert zudem persönliche Daten wie Name, Geburtsdatum und Anschrift, hat aber bislang keine Informationen etwa über das Einkommen einer Person.

Wie kommt man kostenlos an eine Schufa-Auskunft?

Nach eigenen Angaben verfügt die Schufa aktuell über Informationen zu 68 Millionen Menschen. Verbraucherinnen oder Verbraucher benötigen in verschiedenen Situationen von der Schufa eine Bestätigung ihrer Bonität: beim Einkauf auf Raten, Krediten, Leasing, einem neuem Mietvertrag oder Handyvertrag. Sie bekommen auf Wunsch diese Einschätzung einmal im Jahr kostenlos, danach muss bezahlt werden. Doch der Link zur kostenlosen Abfrage ist auf der Schufa-Webseite nicht einfach zu finden. Auch dafür gibt es immer wieder Kritik.

Was macht die Schufa mit den Daten?

Anhand der gesammelten Daten errechnet sich der Basisscore. Dieser beschreibt auf einer Skala von 0 bis 100 Prozent die Wahrscheinlichkeit, mit der ein Verbraucher finanziellen Verpflichtungen nachkommen wird. Je höher der Score, umso höher die Kreditwürdigkeit. Wer Rechnungen regelmäßig unpünktlich bezahlt und oft Mahnungen bekommt, wird schlechter eingeschätzt. Das kann bei einer Kreditaufnahme zu höheren Zinsen führen, beim Einkauf zur Forderung nach einer Zahlung per Vorkasse. Verbraucherschützer kritisieren, dass Kunden oftmals nicht wissen, wie ihnen geschieht – möglicherweise auch aufgrund falscher Daten.

Welcher Schufa-Score ist normal?

Die Schufa unterteilt fünf Klassen, etwa 87 Prozent aller gelisteten Verbraucher werden in den beiden besten Stufen eingeordnet:

  1. "Hervorragend" mit Score über etwa 97,5 Prozent
  2. "Gut" (etwa bis 95 Prozent)
  3. "Akzeptabel" (etwa bis 90 Prozent)
  4. "Ausreichend" (etwa bis 85 Prozent)
  5. "Ungenügend" (ohne Prozentangabe, hohes Ausfallrisiko).

Praktisch unmöglich ist es, einen Score von 100 Prozent zu erreichen, weil bestimmte Umstände und ein Zahlungsausfall nie komplett ausgeschlossen werden können.

Wie wird der Score berechnet?

Wie der Score genau berechnet wird, hält die Schufa im Detail geheim. Ihr Argument: Dann könnte der Score manipuliert werden. Die Formel zur Berechnung des Scores sei jedoch "der zuständigen Datenschutzbehörde bekannt und wird von ihr und unabhängigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern kontrolliert". Mit einem Score-Simulator auf ihrer Website will die Schufa für mehr Transparenz sorgen, welche Faktoren eine Rolle spielen.

Wer darf eine Schufa-Auskunft einholen und was steht drin?

Unternehmen, aber auch Einzelpersonen wie Vermieter können bei berechtigtem Interesse Auskünfte einholen. Von der Schufa erhält dann zum Beispiel eine Bank jedoch keine konkrete Auflistung der einzelnen Verpflichtungen des Kunden, sondern dessen Score. Und obwohl dieser Wert großen Einfluss hat, hängt nicht von ihm alleine ab, ob ein Geschäft zustande kommt oder ein Kredit gewährt wird. Kreditgeber berücksichtigen weitere Faktoren wie zum Beispiel die Vermögenssituation des Kunden.

Anfragen zum Beispiel im Rahmen eines Kreditvertrags werden von der Schufa für zwölf Monate gespeichert, unabhängig davon, ob die Geschäftsbeziehung zustande gekommen ist oder nicht.

Kann man seinen Score anfechten, wann verjähren Negativeinträge?

Grundsätzlich gilt: Wer sich ungerecht bewertet sieht und seine Daten anzweifelt, kann von der Auskunftei Änderung einfordern. Die Schufa sichert dann in Rücksprache zum Beispiel mit einer Bank eine Prüfung der Informationen zu und korrigiert fehlerhafte Daten. Ansonsten löscht die Schufa Einträge dann, wenn alle offenen Forderungen beglichen sind. So werden zum Beispiel Angaben zu Kreditverträgen, die problemlos zurückgezahlt wurden, drei Jahre nach Erledigung gelöscht. Diese Frist gilt auch für Verbraucherinsolvenzverfahren.

dpa, MDR AKTUELL (ans)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 18. Juli 2023 | 12:00 Uhr

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