Bundesgerichtshof Birkenstock kämpft vor Gericht gegen Nachahmer
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09. Januar 2025, 06:46 Uhr
Einst als Hippie-Schlappen geschmäht, haben die Birkenstock-Sandalen mit der typischen Korksohle inzwischen Kultcharakter. Hergestellt werden die Sandalen fast ausschließlich in Deutschland, zum Beispiel im größten Werk des Unternehmens im sächsischen Görlitz. Doch es gibt Nachahmer. Diese produzieren billig in Asien und verkaufen in deutschen Discountern. Gegen die Kopien geht die Schuhfirma nun gerichtlich vor.
- Birkenstock geht bei Bundesgerichtshof gegen Nachahmer vor.
- Richter des Oberlandesgerichtes in Köln wies Klage von Birkenstock ab.
- Der Sandalenhersteller ist ein börsennotiertes Unternehmen mit Milliarden-Umsatz.
- BGH-Urteil hätte weitreichende Folgen.
Kann eine Sandale ein Kunstwerk sein? Das ist die Frage, um die sich die Richter am Bundesgerichtshof ab heute kümmern. Denn wäre die Birkenstock-Sandale Kunst, stünde ihr besonderer Schutz zu. Dann dürfte sie bis zu siebzig Jahre nach dem Tod ihres Erfinders niemand kopieren – und Erfinder Karl Birkenstock lebt noch.
Konstantin Wegner vertritt den Schuhhersteller als Anwalt. Für ihn ist die Sache klar: Natürlich sei Birkenstock angewandte Kunst. "Etliche Möbel, Lampen oder zum Beispiel auch Automodelle wie der Ur-Porsche sind von den Gerichten bereits urheberrechtlich geschützt anerkannt worden. Wir betrachten die Birkenstock-Sandalen als so etwas wie den Porsche unter den Sandalen." Die Schuhe zeichnen sich Wegner zufolge durch ihr ikonisches, einzigartiges Design aus. Deshalb gehören sie geschützt, erklärt der Anwalt.
Richter des Oberlandesgerichts wies Klage von Birkenstock ab
Schon länger geht Birkenstock gegen Nachahmer gerichtlich vor. Mal mehr, mal weniger erfolgreich. Richter Karl-Nikolaus Peifer leitete das Verfahren am Oberlandesgericht Köln, das ab heute vom Bundesgerichtshof überprüft wird. "Wir haben die Klage von Birkenstock damals abgewiesen."
Peifer vertritt die Auffassung, dass bei den Sandalen der Gebrauchszweck überwiegt. Die künstlerischen Möglichkeiten der Gestaltung seien begrenzt. "Wenn ich den Schuh so gestalten kann, dass er nicht mehr zum Gehen taugt, dann habe ich die volle Freiheit der Gestaltung, dann wäre es Kunst, aber man würde das dann nicht mehr als Schuh verkaufen."
Wenn der Schuh aber passen müsse und auch bequem sein solle und auch gesund, dann seien die künstlerischen Freiheiten so sehr eingeschränkt, dass man eher von einem Gegenstand des Designs ausgehe."
Birkenstock ist börsennotiertes Unternehmen mit Milliarden-Umsatz
Gegenstände des Designs genießen ebenfalls Schutz vor Nachahmung. Dieser erlischt allerdings nach 25 Jahren. Weil es Birkenstock-Sandalen schon deutlich länger gibt, bleibt dem Hersteller nur der Rückgriff auf das Argument mit der Kunst, um die Marke vor Nachahmung zu schützen.
Doch warum beansprucht Birkenstock den Schutz erst heute? Anwalt Wegner sagt, das Recht habe sich geändert. "Birkenstock war natürlich in den sechziger, siebziger und achtziger Jahren ein anderes Unternehmen als es heute ist. Mit dem Erfolg kamen die Kopisten." Dementsprechend sei der Bedarf dafür nun besonders groß geworden.
Birkenstock ist heute ein börsennotiertes Unternehmen mit Milliarden-Umsatz. In den USA eine Kultmarke. Als Barbie im Hollywood-Film ihre High-Heels eintauschte, wählte sie deutsche Birkenstock.
Urteil hätte weitreichende Folgen
Wenn das Unternehmen gegen die Nachahmer gewinnt, dürfen diese ihre Sandalen nicht mehr vertreiben. Zunächst würde das Urteil nur für die Beklagten gelten, sagt Rechtsanwalt Philipe Kutschke. Er vertritt andere Firmen, die ebenfalls von Birkenstock verklagt wurden.
Folgen hätte ein BGH-Urteil aber auch für sie. "Es ist natürlich davon auszugehen, dass dann in nachgelagerten Verfahren die Instanzgerichte dieser Rechtsprechung folgen würden." Das hätte zur Folge, dass am Ende ein Monopol von Birkenstock an jeder Form von Sandalen entstehen könnte, die ein solches Fußbett aufwiesen. Denn die Gestaltung der Schnallen, wenn man die sich anschaue, die sei ja doch recht banal, sagt Kutschke.
Birkenstock bestreitet, dass man auf ein Sandalen-Monopol hinarbeite. Es gehe darum, konkrete Modelle vor direkter Nachahmung zu schützen. Dem Absatz hat der Rechtsstreit nicht geschadet. Nie verkauften sich Birkenstocks so gut wie heute.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 09. Januar 2025 | 06:10 Uhr