Überfüllte Tierheime Tierschutzbund befürchtet "anderweitige Entledigung" unerwünschter Haustiere

18. August 2023, 09:30 Uhr

Weil die Tierheime in Deutschland vielerorts überfüllt sind und zum Teil keine Tiere mehr aufnehmen, könnten Besitzer versuchen, ihre Tiere anderweitig loszuwerden, warnt der Tierschutzbund. Besonders schwierige Hunde sammeln sich aktuell in den Tierheimen. Auch die gestiegenen Tierarztkosten führen dazu, dass mehr Tiere abgegeben werden. Das Landwirtschaftsministerium verspricht Unterstützung.

Der Deutsche Tierschutzbund hat sich besorgt über das Schicksal von Haustieren geäußert, die von Tierheimen wegen dramatischer Überfüllung nach der Corona-Pandemie nicht mehr aufgenommen werden können. Präsident Thomas Schröder sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND), es müsse sichergestellt werden, dass die Besitzer sich ihrer Tiere nicht anderweitig entledigten.

Stichwort: ausgesetzte Tiere Das Aussetzen von Tieren ist kein Kavaliersdelikt, sondern eine Ordnungswidrigkeit. Ein Verstoß kann mit einer Geldstrafe von bis zu 25.000 Euro bestraft werden. Sollte das Tier nachweisbar länger andauernde Schmerzen oder Schäden erleiden, sind sogar bis zu drei Jahre Haft möglich.

Überfüllte Tierheime und Aufnahmestopps

"Der Haustierboom, den wir in der Coronazeit erlebt haben, zeigt seine Folgen aktuell mit voller Wucht", so Schröder. Mit jedem Tag meldeten sich mehr Menschen, die ihre Tiere abgeben wollten. Dem Tierschutzbund ist demnach derzeit kein Tierheim in Deutschland bekannt, das nicht voll ist oder sogar mehr Tiere beherbergt als eigentlich vorgesehen.

Allerdings kommunizierten nicht alle Tierheime offen, dass ein Aufnahmestopp bestehe, damit sich die Besitzer, die ihre Tiere abgeben möchten, dennoch an das Tierheim wenden. Gegebenenfalls werde dann Vermittlungshilfe geleistet.

"Schwierige" Hunde kaum vermittelbar

Nach Aussage der Leiterin des Münchener Tierheims, Eva-Maria Natzer, sammeln sich besonders Hunde, die nicht ausreichend erzogen wurden oder schon mal gebissen haben, in den Tierheimen. Hunde, die als schwierig wahrgenommen würden und deshalb kaum zu vermitteln seien, stellten ein großes Problem dar.

Als einen Grund nennt die Leiterin des Tierheims Ludwigsburg, Ursula Gericke, dass Menschen anstatt zum Beispiel einen Hund aus dem Tierheim zu holen, bei unseriösen Züchtern oder im Ausland nach unkomplizierten Tieren suchen, die es dann häufig doch nicht sind. Diese Hunde landeten dann ebenfalls in den Tierheimen und die Zahl der Tiere vergrößere sich immer weiter.

Problem: Gestiegene Tierarztkosten

Ein weiteres Problem seien die gestiegenen Tierarztkosten. Seitdem im November 2022 eine neue Gebührenordnung der Tierärzte (Got) in Kraft getreten ist, sind viele Behandlungen und Eingriffe teurer geworden. "Bei uns im Raum Stuttgart bekommen Sie eine Katze nicht mehr für unter 200 Euro kastriert, bei einer Hündin muss man mit 1.000 Euro rechnen. Das ist Wahnsinn", meint Gericke. Zuschüsse für Menschen mit geringem Einkommen gibt es kaum. Häufig bleibt als einzige Lösung das Tierheim. Für viele chronisch kranke Tiere ist es die Endstation.

Landwirtschaftsministerium: Unterstützung geplant

Ein Sprecher des Bundeslandwirtschaftsministeriums sagte dem RND, zur Unterstützung der Tierheime werde die Einsetzung einer Stiftung geprüft. So stehe es auch im Koalitionsvertrag. Der Bund hat demnach bereits Finanzhilfen zur Verfügung gestellt, um die Kosten, die coronabedingt oder durch die Unterbringung von Tieren aus der Ukraine anfielen, abzufedern. Das Ministerium betonte, die Arbeit der Tierheime sei für den Tierschutz unverzichtbar.

AFP/dpa (akq)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 18. August 2023 | 06:00 Uhr

Mehr aus Deutschland

Nachrichten

Ein Mann lächelt in die Kamera. 1 min
Bildrechte: Andreas Franke