Corona - und dann? Pädagogin fordert mehr Sozialarbeit an Schulen
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19. Juni 2021, 09:57 Uhr
Die Sozialpädagogin Constanze Berndt fordert ein klares Bekenntnis zur Schulsozialarbeit. Denn in den Schulen geht es nach ihrer Ansicht nicht nur ums Vermitteln von Lernstoff, sondern auch um Allgemeinbildung, Nachhaltigkeit und das Miteinander. Schulsozialarbeiterinnen und -arbeiter könnten da einen wichtigen Beitrag leisten.
Die Sozialpädagogin und Hochschulprofessorin Constanze Berndt hat mehr Sozialarbeiterinnen und -arbeiter an deutschen Schulen gefordert. Gegenwärtig gebe es in Deutschland nur rund einen Schulsozialarbeiter pro 600 Schülerinnen und Schüler. Ein sinnvoller Schlüssel sei jedoch eins zu 150, sagte die Professorin der Evangelischen Hochschule in Dresden MDR THÜRINGEN. Wichtig sei, dass Schulsozialarbeit als eigenständiger Beruf wahrgenommen werde - sowohl von den Lehrern als auch von den Schulleitungen.
Gerade während der Corona-Pandemie hätten die Schulsozialarbeiter und -arbeiterinnen die Lehrerinnen und Lehrer unterstützt, damit das Unterrichten weitergehe. Das hätten ihre aktuellen Forschungsumfragen ergeben. Eine solche "Feuerlöscheraufgabe" sei jedoch langfristig nicht das Ziel. Schulsozialarbeiterinnen sollten nicht Kernaufgaben von Lehrerinnen übernehmen, sondern eigenständig arbeiten.
Sozialarbeiter helfen und beraten bei verschiedenen Themen
Es gelte, sagte Constanze Berndt, die Chancen aus der Pandemie zu nutzen. Die moderne Schule des 21. Jahrhunderts sollte auch Kompetenzen wie Allgemeinbildung oder Werte wie Unterstützung Anderer, Humanität und Nachhaltigkeit lehren. Hier leiste insbesondere Schulsozialarbeit einen großen Beitrag. Außerdem würden Schulsozialarbeiter zu Fragen wie Berufsorientierung, Sexualpädagogik, Demokratie oder Kindeswohlgefährdung beraten.
Wir können eben nicht mehr von der Lern- und Paukschule oder der Disziplinschule des letzten Jahrtausends sprechen in Anbetracht der Pluralisierung von Lebenslagen der sich wandelnden Gesellschaft.
Berndt sagte, wenn Lehrer und Schulleitungen bereit und in der Lage seien, eine weitere Berufsgruppe an ihrer Schule zu akzeptieren, die eine andere Sicht auf Kinder und Jugendliche habe als eine leistungs- und lernreduzierte Perspektive, dann seien Weichen gestellt, Schule neu zu denken und weiterzuentwickeln.
Nötig sei dazu auch ein politisches Bekenntnis. Gerade in den Ländern Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt sei die Politik durchaus bereit, die traditionelle Vorstellung von einer "zertifikats- und notenorientierten Schule" zu erweitern. Berndt sagte: "Wir können eben nicht mehr von der Lern- und Paukschule oder der Disziplinschule des letzten Jahrtausends sprechen in Anbetracht der Pluralisierung von Lebenslagen der sich wandelnden Gesellschaft."
Wie soll die Schule der Zukunft aussehen?
Die Sozialpädagogin fordert insofern ein klares Bekenntnis zu einem erweiterten Verständnis von Schule. In Bezug auf die gegenwärtig geäußerten Ängste hinsichtlich verloren gegangener Lernzeit der Schüler sagte sie, Lernen sei ein lebenslanger Prozess. Natürlich hätten Kinder auch während der Pandemie außerhalb der Schule gelernt. Die Frage sei eher, was und wie das nun in den Schulalltag integriert werden könne.
Sicherlich hätten sich bei manchen Kindern "Schieflagen", die bereits vor der Pandemie existierten, nun verschärft, so Berndt. Die Zahl der schulmüden Kinder oder jener Schüler, die gar nicht mehr zur Schule kämen, sei vermutlich angewachsen. In ihren Umfragen habe sich auch gezeigt, dass digitale Technik nur unterstützen könne, jedoch die Schulpräsenz kaum ersetzen könne.
Zur Person Professorin Constanze Berndt ist Hochschullehrerin an der Evangelischen Hochschule in Dresden und leitet dort den Lehrstuhl "Soziale Arbeit und Schule".
Quelle: MDR THÜRINGEN
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Der Morgen | 19. Juni 2021 | 06:00 Uhr
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