Blick in den Plenarsaal des Deutschen Bundestags. 4 min
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MDR AKTUELL Do 23.01.2025 09:10Uhr 03:53 min

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MDRfragt Gemischte Gefühle zur Bundestagswahl: Sorge und Hoffnung überwiegen

23. Januar 2025, 03:00 Uhr

Beim Blick auf die bevorstehende Bundestagswahl im Februar überwiegen in der MDRfragt-Gemeinschaft zwei eher gegensätzliche Gefühle: Sorge und Hoffnung. Welches Gefühl dabei an erster Stelle steht, hängt vom Geschlecht der Befragten ab. Ähnliche Unterschiede gibt es auch bei den Steuerreformplänen, die derzeit im Wahlkampf diskutiert werden. Das zeigt das aktuelle MDRfragt-Stimmungsbild aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen mit fast 26.000 Befragten.

MDR-Redakteurin Anna Siebenhaar
MDR-Redakteurin Anna Siebenhaar Bildrechte: MDR / David Sievers

In einem Monat ist es bereits so weit: Am 23. Februar entscheidet sich, welche Parteien in den Bundestag einziehen werden und wie stark die einzelnen Fraktionen dabei sind. Die MDRfragt-Gemeinschaft blickt derzeit mit gemischten Gefühlen auf die Wahl: Die meistgenannten unterscheiden sich deutlich.

So empfindet gut ein Viertel der Befragten beim Blick auf die bevorstehende Bundestagswahl Sorge. Nur unwesentlich weniger verspüren hingegen Hoffnung. Seltener werden wiederum Unsicherheit, Anspannung und Resignation als vorherrschende Gefühle genannt.

Die wenigsten MDRfragt-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer blicken darüber hinaus mit Angst, Gleichgültigkeit, Vorfreude oder Wut auf die Wahl.

MDRfragt - Blick auf Bundestagswahl vorherrschendes Gefühl
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Hinweis Die Stimmungsbilder von MDRfragt sind auch dank der hohen Teilnehmendenzahl aussagekräftig.
Dieses Mal sind es rund 26.000 Menschen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.

Da alle MDRfragt-Mitglieder ihre Meinung einbringen können und sollen, werden keine Zufalls-Stichproben gezogen.

Die Ergebnisse sind damit nicht repräsentativ. Um mögliche Verzerrungen durch die Zusammensetzung der Befragten zu verringern, werden die Befragungsergebnisse nach bewährten wissenschaftlichen Methoden gewichtet. Zudem erlauben die Begründungen und Kommentare der Befragten, die Stimmungstendenzen einzuordnen. Mehr zur Methodik von MDRfragt am Ende des Artikels.

Bei den Männern überwiegt die Hoffnung, bei den Frauen die Sorge

Vergleicht man das Antwortverhalten der Befragten je nach Geschlecht, zeigen sich deutliche Unterschiede bei den zwei am stärksten ausgeprägten Gefühlen: Sorge und Hoffnung. So blicken die Männer eher hoffnungsvoll auf die Bundestagswahl, während bei den Frauen die Sorge überwiegt.

MDRfragt - Blick auf Bundestagswahl / Hoffnung nach Geschlecht
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MDRfragt - Blick auf Bundestagswahl / Sorge nach Geschlecht
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Leichte Unterschiede lassen sich auch zwischen den Altersgruppen der Befragten erkennen. So ist bei den Über-50-Jährigen sowohl die Sorge als auch die Hoffnung stärker ausgeprägt, als bei den Unter-50-Jährigen. Letztere verspüren wiederum häufiger eine gewisse Resignation und Angst.

Nicht alle Sorgen haben den gleichen Grund

Die Kommentare der Befragten verraten, welche konkreten Sorgen, Hoffnungen oder aber auch Unsicherheiten der Blick auf die bevorstehende Bundestagswahl bei den MDRfragt-Teilnehmerinnen und -Teilnehmern auslöst.

Stellvertretend für Viele begründet beispielsweise Sieglinde (72) aus dem Landkreis Wittenberg ihre Sorge mit dem eigenen Vertrauensverlust in die Politik. Sie kommentiert: "Ich sehe keinen, der dazu beitragen könnte, Deutschland voranzubringen. Unsere Politiker denken in erster Linie an sich und ihre eigenen Interessen." Silvia (69) aus dem Erzgebirgskreis teilt diese Sorge, zumal aus ihrer Sicht "die Parteien – ob Rechts, Mitte oder Links – nichts Positives zu vermelden haben". Darüber hinaus kritisiert sie den vorwurfsvollen Umgang der Parteien untereinander.

Auch MDRfragt-Mitglied Silke (69) aus dem Landkreis Gotha blickt sorgenvoll auf die Wahl, da uns aus ihrer Sicht "nicht Politiker regieren, sondern gigantische Wirtschaftsunternehmen, die gegen politische Entscheidungen arbeiten, um ihr eigenes Wirtschaftswachstum zu erhöhen".

Ich denke, dass durch bürgerferne Politik der letzten Jahre die über Jahrzehnte aufgebaute Demokratie den Bach runtergeht.

MDRfragt-Mitglied Stefanie (53) aus Leipzig

Die Leipzigerin Stefanie (53) sieht dadurch letztendlich auch die Demokratie gefährdet und denkt, "dass durch die bürgerferne Politik der letzten Jahre die über Jahrzehnte aufgebaute Demokratie den Bach runtergeht und Deutschland in der Welt den Anschluss verliert". Sie persönlich sieht "keine Partei, die sich den Herausforderungen der sich verändernden Machtverhältnisse in der Welt erfolgreich stellen kann".

Gabriel (65) aus dem Landkreis Bautzen schließt sich dem an und wertet "Populismus und Oberflächlichkeit" derzeit als weltweite Bedrohung für die Demokratie. Daraus wiederum leitet sich für Ulrich (73) aus dem Vogtlandkreis die Sorge und, wie er schreibt, auch Angst ab, "dass Parteien an die Macht kommen, denen soziale, ökologische, friedliche und menschliche Themen fremd sind". Für Michael (56) aus Magdeburg spiegelt sich diese Sorge konkret in der "zunehmend rechten Präsenz und Gesinnung" wider.

Worauf hoffen die Befragten?

Doch was den einen Befragten Sorge breitet, weckt bei anderen hingegen Hoffnung. So kommentiert Gerd (74) aus der Sächsischen Schweiz zum Beispiel: "Ich hoffe, dass es bald wieder vorwärts geht und sich die konkurrierenden Parteien im Sinne Deutschlands einigen. Das gegenseitige Beschimpfen, Beleidigen und 'Vollgenöle' stinkt zum Himmel." Auch Liane (75) aus Saalfeld-Rudolstadt hat die "Hoffnung auf eine bürgernahe, bessere Regierung noch nicht aufgegeben". Ingolf (58) aus der Börde sieht darüber hinaus "in jeder schlechten Entwicklung auch die Chance für einen neuen Start". Er würde sich freuen, "wenn wir gesamteuropäisch zusammenrücken und die Probleme der Zeit als Herausforderung betrachten".

Meine Hoffnung verbinde ich mit einer grundsätzlichen Wende in Politik und Wirtschaft, mit neuen Gesichtern.

MDRfragt-Mitglied Matthias (67) aus Magdeburg

Viele Befragte teilen zudem die Hoffnung auf einen grundlegenden Wandel. Passend dazu schreibt Matthias (67) aus Magdeburg: "Meine Hoffnung verbinde ich mit einer grundsätzlichen Wende in Politik und Wirtschaft, mit neuen Gesichtern." Analog dazu bekundet Heiko (47) aus dem Landkreis Greiz seine Hoffnung, "dass der Wähler für Veränderung in diesem Land sorgt". Letztendlich müssten jedoch nicht nur die Wähler, sondern auch die gewählten Parteien für Veränderung sorgen.

Christine (74) aus dem Vogtlandkreis wünscht sich, dass dabei demokratisch vorgegangen wird und schreibt: "Demokratie bedeutet für mich, dass sich alle gewählten Parteien an einen Tisch setzen, jeder die Meinung des Anderen respektiert und das Beste für die Bürger umgesetzt wird. Den Wählerwillen zu ignorieren, ist für mich ein 'No-Go'."

Schlussendlich verbirgt sich dahinter auch die Hoffnung, welche Ralf (59) aus dem Landkreis Nordhausen teilt. Es ist die Hoffnung, "dass eine neue, stabile und handlungsfähige Regierung entsteht".

Warum Einige bereits resignieren

Doch der Wunsch nach einer stabilen Regierung löst bei anderen Befragten hingegen eher Unsicherheit aus. So dominiert diese bei Thomas (54) aus Erfurt beispielsweise aufgrund "der unklaren Aussagen der Parteien zu möglichen Koalitionen und der Diskrepanz zwischen den Aussagen vieler Parteien im Wahlkampf und deren eigentlichen Parteiprogrammen". Für nicht wenige MDRfragt-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer resultiert daraus eine Unsicherheit bei der Wahlentscheidung selbst. Auch Frank (75) aus dem Landkreis Görlitz kommentiert: "Ich weiß nicht, was ich wählen soll. Alle Parteien versprechen das Blaue vom Himmel, aber am Ende hält sich keiner an die abgegebenen Versprechen."

Es ist das erste Mal, dass ich nicht weiß, wem ich meine Stimme geben soll bzw. ob ich überhaupt zur Wahl gehe.

MDRfragt-Mitglied Thomas (60) aus dem Saalekreis

Wie auch bei Thomas (60) aus dem Saalekreis führt das letztendlich zur Resignation. Er schreibt: "Es ist das erste Mal, dass ich nicht weiß, wem ich meine Stimme geben soll beziehungsweise, ob ich überhaupt zur Wahl gehe. Es wird gelogen, dass sich die Balken biegen, es wird versprochen und nicht gehalten, jeder will seine Klientel bedienen." Passend dazu kommentiert der Dresdner Frank (74), welcher ebenfalls resigniert hat, abschließend: "Egal, wer Sieger der Wahl wird, er wird die Versprechen nicht halten können. In einem halben Jahr werden viele wieder genauso auf die neue Regierung schimpfen, wie früher auf die alte."

Mehrheit für Wiederbelebung der Vermögenssteuer

Ein Versprechen bzeziehungsweise Thema, das im Bundestagswahlkampf immer wieder eine Rolle spielt, sind mögliche Steuerreformen. Je nach Partei, werden dafür zahlreiche Pläne vorgestellt, welche in der MDRfragt-Gemeinschaft auf unterschiedlich viel Zuspruch stoßen.

Am größten fällt dieser für eine mögliche Senkung der Mehrwertsteuer sowie für eine Wiederbelebung der seit 1997 ausgesetzten Vermögenssteuer und eine Anhebung des Reichen- bzw. Höchststeuersatzes aus. Alle drei Pläne werden von den Befragten mehrheitlich befürwortet. Etwas weniger Zuspruch erfahren hingegen die Pläne zur Reformierung zur Erbschaftssteuer, durch welche wenig bis keine Steuern auf kleinere Erbschaften und dafür höhere Steuern auf große Erbschaften erhoben werden könnten.

Demgegenüber sprechen sich die wenigsten Befragten für eine Anhebung des Spitzensteuersatzes sowie eine grundsätzliche Abschaffung der Erbschaftssteuer oder eine vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlages aus.

MDRfragt - Steuerreformen / Befürwortung
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Auch bei dieser Frage zeigen sich je nach Geschlecht und Alter der Befragten erneut Unterschiede im Antwortverhalten. Denn so fällt der Zuspruch für eine mögliche Senkung der Mehrwertsteuer sowie für die Anhebung des Reichen- bzw. Höchststeuersatzes bei den Frauen etwas größer aus, als bei den Männern. Parallel dazu befürworten die Unter-50-Jährigen eine Abschaffung der Erbschaftssteuer deutlich eher als die Über-50-Jährigen.

Allgemeine Senkung oder Reform der Mehrwertsteuer?

Wie auch MDRfragt-Mitglied Bernhard (78) aus dem Landkreis Hildburghausen begründen viele Befragte in den Kommentaren, warum sie eine Mehrwertsteuersenkung für sinnvoll halten. Er schreibt: "Die Senkung der Mehrwertsteuer begründe ich damit, dass für Lebensmittel und Energieträger, welche für den täglichen Bedarf erforderlich sind, der niedrigste Steuersatz greifen sollte." Marina (64) aus dem Wartburgkreis hält diese darüber hinaus für sinnvoll, "damit kleinere bis mittlere Einkommen wieder mehr konsumieren können". MDRfragt-Mitglied Detlef (73) aus Dresden würde hingegen eher eine Reform statt eine allgemeine Senkung der Mehrwertsteuer begrüßen und schlägt zum Beispiel eine "Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Medikamente vor".

Eigentum verpflichtet.

MDRfragt-Mitglied Stefan (53) aus Jena

Auch Florian (62) aus Jena denkt, dass eine Senkung oder Reform der Mehrwertsteuer sozial schwächere Personen in jedem Fall entlasten würde. Darüber hinaus lenkt er den Fokus jedoch auch auf die Vermögens- beziehungsweise Erbschaftssteuer. Er geht davon aus, dass "extremer Reichtum meist vererbt" wird und fordert: "Hier muss Gerechtigkeit hergestellt werden." Viele Befragte äußern nicht konkret, inwiefern hohe Vermögen besteuert werden sollen, jedoch sind sich viele in einem Punkt einig: Eigentum verpflichtet. Diese Einschätzung teilt auch Stefan (53) aus Jena und kommentiert: "Je mehr Mehrwert abgeschöpft wird, desto mehr sollte die Gesellschaft beteiligt werden." Ina (42) aus dem Landkreis Leipzig schließt sich dem an und schreibt: "Überreiche müssen endlich mehr zur Gemeinschaft beitragen, anstatt nur zu profitieren".

Hier wird doch nur eine Neid-Debatte geschürt.

MDRfragt-Mitglied Steffen (58) aus dem Landkreis Zwickau

MDRfragt-Mitglied Steffen (58) aus dem Landkreis Zwickau sieht diese Forderungen hingegen kritisch und hält fest: "Hier wird doch nur eine Neid-Debatte geschürt". Mit dieser Einschätzung ist er nicht allein. Auch Mike (51) aus dem Landkreis Nordhausen sieht das ähnlich und kommentiert: "Ich denke, dass eine Steuer, die nur auf das Vermögen abzielt, nicht zielführend sein kann. Es sollten lieber bürokratische Abläufe geändert werden. Wir stoppen zurzeit in Deutschland alles mit der Bürokratie." Kritik an einer möglichen Vermögenssteuer kommt auch von Matthias (51) aus dem Saalekreis. Er hält die Debatte darum für "die üblichen Spielchen der Parteien, Bevölkerungsgruppen gegeneinander zu hetzen und auszuspielen" und denkt: "Wir haben ein Ausgabenproblem." Dem schließt sich auch Matthias (67) aus Weimar an und schreibt: "Der Staat hat kein Einnahmen-, sondern ein Ausgabenproblem."

Großteil präferiert Steuerentlastungen für Bürgerinnen und Bürger statt für Unternehmen

Wenngleich sowohl die Bürgerinnen und Bürger als auch die Unternehmen von Steuerentlastungen profitieren könnten, ist der finanzielle Spielraum des Staates hierfür begrenzt.

Laut Statistischem Bundesamt ist die deutsche Wirtschaft im vergangenen Jahr erneut in eine Rezession gerutscht, zeitgleich machen die hohen Preise den Verbraucherinnen und Verbrauchern noch immer zu schaffen.

Letztendlich stellt sich die Frage, welche steuerlichen Entlastungen in der aktuellen Situation am wichtigsten sind. In der MDRfragt-Gemeinschaft fällt die Antwort hierauf eindeutig aus, denn knapp zwei Drittel der Befragten halten die Senkung der Steuerlast für die Bürgerinnen und Bürger für am wichtigsten. Deutlich weniger geben hingegen der Steuerlastsenkung für Unternehmen den Vorrang.

MDRfragt - Senkung der Steuerlast / Befürwortung
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Über diese Befragung Die "Frage der Woche zur Bundestagwahl" vom 15. bis 17. Januar 2025 stand unter der Überschrift: "Wie blicken Sie auf die Wahl – und warum?".

Bei MDRfragt können sich alle anmelden und beteiligen, die mindestens 16 Jahre alt sind und in Sachsen, Sachsen-Anhalt oder Thüringen wohnen, denn: Wir wollen die Vielfalt der Argumente kennenlernen und abbilden. Die Kommentare der Befragten erlauben, die Gründe für die jeweiligen Positionen und das Meinungsspektrum sichtbar zu machen.

Da sich jede und jeder beteiligen kann, der möchte, sind die Ergebnisse von MDRfragt nicht repräsentativ. Bei dieser Befragung haben sich 25.879 Menschen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen online mit ihrer Meinung eingebracht.

Die Ergebnisse von MDRfragt werden nach wissenschaftlichen Kriterien anhand verschiedener soziodemografischer Merkmale wie Alter, Geschlecht oder Bildungsgrad gewichtet, um sie an die tatsächliche Verteilung in der mitteldeutschen Bevölkerung anzupassen. Damit wird die Aussagekraft der Ergebnisse erhöht und es ergibt sich ein valides und einordnendes Stimmungsbild aus Mitteldeutschland.

MDRfragt wird zudem wissenschaftlich beraten und begleitet, beispielsweise durch regelmäßige Validitätstests. Mehr zur Methodik von MDRfragt finden Sie am Ende des Artikels.

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Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR Aktuell TV | 23. Januar 2025 | 21:45 Uhr