Heizen in der Energiewende Fakten und Mythen zur Wärmepumpe
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14. Juni 2023, 09:46 Uhr
Die Wärmepumpe polarisiert. Laut, teuer und unrentabel sei die Pumpe, meinen die einen, während wiederum andere – allen voran Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck von den Grünen – vom Heizmittel der Zukunft sprechen. Für welche Häuser eignen sich Wärmepumpen? Wann ist ein Umbau möglich und sind unsere Stromnetze eigentlich bereit dafür? MDR AKTUELL hat Antworten auf derzeit kursierende Fragen gesucht.
Inhalt des Artikels:
- Sind Wärmepumpen laut?
- Treibt die Wärmepumpe meine Stromrechnung in die Höhe?
- Funktioniert eine Wärmepumpe nur mit Fußbodenheizung?
- Heizt eine Wärmepumpe auch bei Minusgraden ausreichend?
- Wärmepumpen sind so teuer, lohnt sich der Einbau überhaupt?
- Sind unsere Stromnetze überhaupt für so viele Wärmepumpen ausgelegt?
Den Regierungsplänen zufolge sollen Öl- und Gasheizungen ab 2024 nur noch in Ausnahmefällen eingebaut werden dürfen. Neue Heizungen sollen dann "möglichst" zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Klassische Gas- und Ölheizungen können das nur erreichen, wenn sie etwa in Kombination mit einer Wärmepumpe betrieben werden.
Aber die Wärmepumpe polarisiert. Was ist dran an den Vorurteilen über das umstrittene Heizmittel? MDR AKTUELL versucht Antworten zu finden auf die wichtigsten Fragen, die zur Wärmepumpe kursieren.
Sind Wärmepumpen laut?
Nicht wirklich. "Moderne Wärmepumpen sind flüsterleise, auch Außenanlagen", sagt Katja Weinhold vom Bundesverband Wärmepumpe. Wenn ein störender Schall entstehe, "dann entweder durch einen ungünstigen Aufstellungsort oder durch fehlerhafte Installation". Luft-Wasser-Wärmepumpen machen zwar Geräusche, aber: "Es kommt immer darauf an wo die Wärmepumpe platziert wird und wie weit der Nachbar entfernt wohnt", ergänzt der Energieberater Timo Munz.
Gegen das eher psychische Phänomen "Optischer Schall", also die Tatsache, dass ein Geräusch vernommen wird, allein weil eine mögliche Geräuschquelle gesehen wird, helfen im Ernstfall Hecken, Schutzhauben oder Zäune, so Weinhold.
Treibt die Wärmepumpe meine Stromrechnung in die Höhe?
Richtig ist: Wärmepumpen verbrauchen Strom. Aber: "Die Stromkosten einer Wärmepumpe sind nur exorbitant, wenn diese nicht ordentlich ausgelegt wurde", sagt Energieberater Timo Munz. Wichtig sei, dass der Einbau einer Wärmepumpe nicht unüberlegt erfolgt, sondern vorab "eine Heizlastberechnung und ein hydraulischer Abgleich durchgeführt wird, um zu prüfen ob das Gebäude bzw. das System überhaupt für eine Wärmepumpe ausgelegt ist." Das belegt auch eine Studie des Fraunhofer-Instituts. Demnach haben nur Anlagen, die nicht korrekt eingestellt sind, einen zu hohen Stromverbrauch.
Das führt zur nächsten Frage:
Funktioniert eine Wärmepumpe nur mit Fußbodenheizung?
Nein. Fachleute sind sich darüber einig, dass Wärmepumpen Haus oder Wohnung auch ohne spezielle Heizschlangen im Fußboden heizen. Das gelte auch für Altbauten, die dazu nicht notwendigerweise aufwendig umgebaut werden müssten. Dass Wärmepumpen nur mit einer Fußbodenheizung funktionieren, ist nach Angaben der Branche ein Mythos. Dieser halte sich leider hartnäckig, sagt Katja Weinhold vom Bundesverband Wärmepumpe. Wärmepumpen liefen am effizientesten mit niedrigen Vorlauftemperaturen zwischen 35 und 55 Grad, so Weinhold weiter.
Eine Wärmepumpe braucht eine große Heizkörperfläche, damit sie effizient betrieben werden kann. Einfache Rechnung: Je großer die Oberfläche der Heizkörper ist, desto geringer kann die Temperatur sein, mit der sie betrieben werden. Wer eine Wärmepumpe im Altbau installieren möchte, sollte vorher also genau berechnen lassen, ob die Fläche der Heizkörper ausreicht, um Haus oder Wohnung trotz der geringen Vorlauftemperatur der Wärmepumpe zu beheizen. Sind die alten Heizkörper zu klein, können sie gegebenenfalls durch größere ersetzt werden. Auch das bestätigt die bereits erwähnte Studie des Fraunhofer Instituts.
Zum Bundesverband Wärmepumpe: Der Bundesverband Wärmepumpe e. V. ist ein Dachverband der Wärmepumpenwirtschaft, der seit 1993 die Interessen der Branche gegenüber Öffentlichkeit und Politik vertritt.
Heizt eine Wärmepumpe auch bei Minusgraden ausreichend?
Ja – wenn die Pumpe richtig und effizient installiert worden ist. Und auch hier kommt es auf die Größe der Heizkörper an. Denn: Mehr Fläche heizt auch bei geringeren Temperaturen gut. Ist die Außentemperatur sehr gering, benötigen Luft-Wasser-Wärmepumpen zusätzlichen Strom, um zu heizen. Bei Wärmepumpen, die über Erdwärme betrieben werden, besteht dieses Problem aber nicht.
Wärmepumpen sind in den kältesten Teilen Europas am weitesten verbreitet, bilanziert der europäische Wärmepumpenverband. Derzeit decken Wärmepumpen in Norwegen 60 % des gesamten Heizbedarfs von Gebäuden. In Finnland und Schweden sind es mehr als 40 %. Die drei skandinavischen Länder haben auch die weltweit höchste Anzahl an Wärmepumpen pro Kopf.
Wärmepumpen sind so teuer, lohnt sich der Einbau überhaupt?
Ja, über die Jahre. Eine Analyse des Verbraucherportals Verivox hat ergeben: Haushalte mit einer effizienten Wärmepumpe haben rund 31 Prozent niedrigere Heizkosten als Haushalte mit einer Erdgas-Heizung.
"Ein Gaskessel ist in der Anschaffung deutlich günstiger als eine Wärmepumpe. Die Preisspannen für die unterschiedlichen Heizsysteme sind allerdings groß", sagt Verivox-Energieexperte Thorsten Storck. So sind die laufenden Heizkosten mit einer korrekt installierten Wärmepumpe deutlich geringer als mit Öl oder Gas – zumal die Preise für fossile Brennstoffe in den kommenden Jahren weiter steigen dürften.
Sind unsere Stromnetze überhaupt für so viele Wärmepumpen ausgelegt?
Energieberater Timo Munz ist skeptisch. "Das wird mit die größte Herausforderung, vor allem, wenn wie gewollt mehr E-Fahrzeuge auf dem Markt und im Umlauf sind", die geladen werden müssen. Das werde "mit unserem derzeitigen Stromnetz mehr als sportlich", sagt Munz.
Vor allem die Niederspannungsnetze, also die Netze, die den Strom in die Haushalte bringen, kommen an ihre Grenzen, wenn viel Strom gleichzeitig eingespeist oder benötigt wird. Ein Beispiel: Wenn etwa an einem Winterabend in einem Wohnviertel alle Elektroautos gleichzeitig an der Steckdose hängen und die Wärmepumpen laufen, "dann können die Netze an eine Kapazitätsgrenze kommen", sagt Joachim Seifert, Professor für die digitale Vernetzung von Energiesystemen, an der Technischen Universität Berlin, der Deutschen Presse-Agentur. Ein smarter Netzausbau sei dringend notwendig.
mit Material von dpa
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 19. Mai 2023 | 08:49 Uhr