Einzelhandel Immer mehr SB-Kassen in mitteldeutschen Supermärkten

23. Dezember 2023, 10:40 Uhr

Man sieht sie inzwischen fast überall beim Einkaufen: Selbstbedienungs-Expresskassen. Also Kassen, an denen sich die Kundschaft selbst abkassiert. Das spart Zeit, es spart aber auch Lohnkosten für die Unternehmen, die dafür keine Mitarbeiter mehr brauchen. Im Vorreiterland USA setzen die Unternehmen wegen einiger Probleme mit dem sogenannten "Self-Checkout" aber schon wieder häufiger Personal an den Kassen ein. Wie ist die Situation bei uns?

In den USA gibt es die SB-Kassen schon einige Jahre. So lange, dass die ersten Handelsketten schon wieder die Mitarbeiter zurück an die Kassen holen. Denn viele Kunden sind dort unzufrieden – und die Märkte haben durch Systemfehler und Diebstähle Milliardenverluste eingefahren.

In Deutschland ist davon noch nichts zu spüren, auch weil das Bezahlsystem hier noch recht neu ist. Frank Horst leitet die "Self-Checkout-Initiative" am Handelsinstitut EHI. Er sagt, dass die Zahl der Selbstbedienungskassen im Moment steigt: "Die Entwicklung war seit 2015, dass es sich alle zwei Jahre verdoppelt. Wir haben im Zeitraum 2021 bis 2023 mehr als eine Verdopplung gesehen."

SB-Kassen in Deutschland: Tendenz steigend

In Zahlen bedeutet das, dass nach gut 2.300 Geschäften vor zwei Jahren inzwischen gut 5.000 Geschäfte den "Self-Checkout" anbieten. Eine Tendenz, die sich auch in Mitteldeutschland zeigt. Edeka, Rewe, Globus oder Kaufland – auf MDR-Anfrage haben sie alle angegeben, das SB-Angebot zuletzt zum Teil deutlich ausgebaut zu haben.

Es gibt drei wesentliche Varianten des Selbstkassierens: Mit einem Selbstscanner, mit einer App über das Smartphone oder an einer stationären Kasse. Dazu sagt EHI-Forscher Horst: "Im Moment ist es so, dass ganz klar die stationären Kassen deutlich schneller zunehmen als das mobiles Selbst-Scanning". Ersteres werde von der Kundschaft deutlich besser angenommen.

Händlerseite profitiert in Zeiten des Fachkräftemangels

Der Kundschaft gehe es in erster Linie darum, lange Warteschlangen zu Stoßzeiten umgehen zu können. Die Preiskontrolle, die die anderen Varianten bieten, spiele noch eine untergeordnete Rolle.

Aber auch die Händlerseite profitiert. Am Anfang habe man der Kundschaft nur einen zusätzlichen Service bieten wollen, sagt Horst. Inzwischen dienten die SB-Kassen aber auch dazu, die Mitarbeiter zu entlasten – Stichwort Fachkräftemangel. Das ist aber nicht der einzige Antrieb der Unternehmen, die Selbstbedienungskasse verstärkt einzusetzen, sagt Gerrit Heinemann, Handelsexperte der Hochschule Niederrhein. Der Handel stehe unter enormem Kostendruck. "Wir haben im Einzelhandel ein reales Minus von vier Prozent, wahrscheinlich auch bis zum Jahresende. Und da muss der Handel an seinen Kosten arbeiten und der letzte große Kostenblock, das sind die Arbeitskräfte an der Kasse. Die verursachen die meisten Personalkosten."

Verdi fürchtet Abwertung der Tätigkeit im Verkauf

Auch Heinemann geht davon aus, dass die Zahl der SB-Kassen künftig weiter steigen wird. Entsprechend kritisch sieht man die Entwicklung bei der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. Torsten Furgol, Fachbereichsleiter des Landesbezirks Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, befürchtet, dass Tätigkeiten im Verkauf dadurch abgewertet werden. Auf MDR-Anfrage antwortet er schriftlich: "Im Handel wird seit Jahren das Personal minimiert. Die meisten Beschäftigten arbeiten an der Grenze der Belastbarkeit. Der überwiegende Teil der Kolleginnen und Kollegen befindet sich in erzwungener Teilzeit."

Das in Kombination mit den immer weiter steigenden Preisen führe inzwischen dazu, dass die Beschäftigten im Handel sogar von sich aus ihre Jobs kündigten und nach Alternativen suchten

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 23. Dezember 2023 | 08:18 Uhr

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