Gewalt im Fußball Warum kommt es gerade beim Fußball so oft zu Ausschreitungen?
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31. Januar 2025, 06:35 Uhr
Ausschreitungen sind im Fußball keine Seltenheit. Während der Spiele oder in deren Umfeld kommt es immer wieder zu Vandalismus oder körperlichen Auseinandersetzungen. Warum ist das ausgerechnet beim Fußball so? Woher kommt diese Aggressivität? Das fragt unser Nutzer Karl-Heinz Zahn aus Leipzig.
- Hooligans suchen sich Erfolgserlebnisse durch Einsatz von Gewalt.
- Konflikte im Sport hängen mit sozialen Schichten zusammen.
- Mehr pädagogische Prävention könnte das Gewaltpotential senken.
Unseren Hörer interessiert außerdem, was gegen die Aggressivität im Fußball unternommen wird. Und schließlich stellt sich für ihn noch die Frage, warum es im Handball – der als wesentlich härtere Sportart gilt – so viel gesitteter zugeht.
Stellt sich zunächst die Frage nach der Aggressivität. Als Beispiel soll das Spiel Hallescher FC gegen BFC Dynamo im November dienen, bei dem Berliner Gäste Böller zündeten und Toiletten verwüsteten. Jedoch war der Auslöser nicht etwa ein Foul, ein Gegentor oder die Niederlage, wie sich MDR-Reporter Stephan Weidling erinnert: "Nach ein paar Minuten gab es auch schon die erste Spielunterbrechung. Und mein Eindruck ist, das war ganz bewusst eingeplant, diese Aktion der Berliner Fans. Sie haben die erste Ecke des HFC abgewartet und dann ging es los. Also für mich eine klar herbeigeführte Aktion, die Berliner Fans wollten richtig Stress machen."
Hooligans definieren sich über Gewalt
Die Gewaltausbrüche sind selten spontan, das stellt auch der Fanforscher Professor Gunter A. Pilz fest. Hooligans verabredeten sich in sozialen Medien. Es handele sich fast immer um Männer, die – so beobachtet es Pilz – in der Gesellschaft häufig Misserfolgserlebnisse hätten: "Und wenn sie jemand anders zusammenschlagen, dann haben sie ein Erfolgserlebnis. Sie definieren sich und holen sich ihre Identität über körperliche Gewalt oder Angst, die sie an anderen produzieren."
Fußball sei dabei nur der Anlass, der der Gewalt sozusagen eine Struktur gibt, so Pilz, weil man eben wisse, dass dort etwas los ist. Das habe in vielen Ländern historische Wurzeln in der Arbeiterklasse, die Fußball schon immer als ein Ventil zum Frustablassen sah. Beim Handball oder anderen Sportarten sei das etwas anders, erklärt Gunter A. Pilz. Und damit springen wir zur dritten Frage des Hörers vor.
Konflikte im Sport: Zusammenhang mit sozialen Schichten
Fanforscher Pilz erklärt das Konfliktpotential im Fußball anhand der unterschiedlichen sozialen Schichten: "Bei den anderen Sportarten kommt hinzu, dass das Publikum selber ein anderes Bildungsniveau hat. Im Basketball haben Sie überwiegend Akademiker, Leute mit gutem Bildungsstand. Das haben Sie im Handball auch. Und im Fußball haben Sie alles vertreten. Und je weniger Bildung ich habe, desto mehr versuche ich meine Bedürfnisse auch mit Gewalt durchzusetzen, weil mir vielleicht die rhetorischen oder intellektuellen Fähigkeiten fehlen."
Prävention: Pädagogische Fanprojekte als mögliche Lösung
Doch was tun Vereine, Spieler, Trainer gegen die Aggressivität im Fußball? Auch das fragt der Hörer. Eine Antwortet lautet: Sie helfen mit, sozialpädagogische Fanprojekte zu finanzieren, von denen es in Deutschland mittlerweile 70 gibt. Das erklärt Christian Kohn, der Leiter des Fanprojekts Leipzig. Doch es gebe Luft nach oben: "Was auf jeden Fall ausgebaut werden muss, ist die Fanarbeit. Wo es darum geht, dass wir junge Fußballfans unterstützen, wo wir ihnen helfen, ihre Alltagsprobleme zu bewältigen."
Auch manche Spieler und Trainer engagieren sich, zum Beispiel Thomas Hitzlsperger, der sich regelmäßig für Toleranz und Vielfalt einsetzt. Ob mit all dem jedoch genug getan wird, ist eine kontrovers diskutierte Frage.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 31. Januar 2025 | 06:24 Uhr