Katastrophenschutz Zehntausende Gebäude in Mitteldeutschland sind hochwassergefährdet

27. Februar 2024, 13:34 Uhr

Mehr als 320.000 Adressen in Deutschland sind einer Untersuchung zufolge von Hochwasser bedroht. Sachsen weist demnach den größten Anteil hochwasserbedrohter Gebäude auf. Auf Platz zwei liegt Thüringen. Die Versicherungswirtschaft fordert ein gesetzliches Bauverbot in Überschwemmungsgebieten.

Sachsen hat einer Untersuchung des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) zufolge bundesweit den höchsten Anteil der von Hochwasser gefährdeten Gebäude. Demnach sind rund 35.000 Adressen im Freistaat betroffen. Bei den Anschriften handelt es sich laut GDV um Wohnhäuser, gewerbliche Bauten sowie landwirtschaftliche oder öffentliche Gebäude. Eine GDV-Sprecherin sagte, der Großteil der Adressen (28.000) liege in bereits identifizierten sowie amtlich festgelegten Überschwemmungsgebieten, die restlichen in sogenannten Hochwassergefahrenflächen.

Innerhalb Sachsens liegen die meisten hochwassergefährdeten Gebäude den Angaben zufolge im Landkreis Meißen – von den knapp 69.000 Adressen sind es rund 3.800 (Anteil: 5,5 Prozent). Es folgen die Stadt Dresden (über 3.400 Adressen und 5 Prozent) und der Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge (knapp 3.400 Adressen und 4,9 Prozent). Zuletzt hatte es in Sachsen nach dem Jahreswechsel und im Februar entlang der Elbe Hochwasser gegeben.

2,7 Prozent aller Gebäude in Thüringen betroffen

Auch für Thüringen sieht die Versicherungswirtschaft in ihrem Bericht Katastrophenpotenzial. Die GDV-Untersuchung spricht hier von mehr als 20.000 Gebäuden, Wohnungen und anderen Adressen, die in Thüringen als hochwassergefährdet gelten. Danach liegen von den knapp 620.000 Adressen in Thüringen mehr als 20.000 in einem vorläufig gesicherten oder amtlich festgesetzten Überschwemmungsgebiet beziehungsweise in sogenannten Hochwassergefahrenflächen. Insgesamt seien rund 2,7 Prozent der Gebäude im Freistaat durch Hochwasser gefährdet.

Innerhalb Thüringens registrierte die Untersuchung große regionale Unterschiede. Die meisten hochwassergefährdeten Gebäude liegen danach in Gera – von den knapp 17.00 Adressen seien es rund 1.600. Das entspreche einem Anteil von 9,7 Prozent. Es folgten die Landkreise Hildburghausen und Schmalkalden-Meiningen mit 1.900 (8,3 Prozent) beziehungsweise knapp 2.000 (5,6 Prozent) Adressen in Überschwemmungsgebieten.

9.000 gefährdete Gebäude in Sachsen-Anhalt

In Sachsen-Anhalt sind knapp 9.000 Adressen hochwassergefährdet. Die betroffenen Gebäude liegen in einem vorläufig gesicherten Überschwemmungsgebiet. Bei den Gebäuden handelt es sich GDV-Angaben zufolge um Wohnhäuser, gewerbliche Bauten, landwirtschaftliche oder öffentliche Gebäude. Die meisten von einem möglichen Hochwasser gefährdeten Gebäude liegen demnach im Salzlandkreis. Dort seien rund 1.300 (2,1 Prozent) der knapp 63.000 Adressen gefährdet. Es folgen Magdeburg mit über 650 (1,7 Prozent) und der Landkreis Harz mit knapp 1.100 (1,6 Prozent) Adressen in Überschwemmungsgebieten. Insgesamt sind dem GDV zufolge in Sachsen-Anhalt knapp 1,4 Prozent der Adressen gefährdet.

Forderungen an die Politik

"Obwohl die Zahlen amtlich und öffentlich bekannt sind, steht Prävention nicht auf der politischen Tagesordnung, sondern nur die Debatte um die Einführung einer Pflichtversicherung gegen Naturgefahren", kritisierte die stellvertretende GDV-Hauptgeschäftsführerin Anja Käfer-Rohrbach. Durch den Klimawandel und damit häufiger auftretende Wetterextreme seien Schäden in Milliardenhöhe nicht nur in Thüringen vorprogrammiert. Der Verband fordert ein gesetzliches Bauverbot in Überschwemmungsgebieten. Die bisherigen Regelungen ließen zu viele Ausnahmen zu. Die Versicherer hätten deshalb einen Forderungskatalog an die Politik gerichtet.

Insgesamt mehr als 320.000 bedrohte Adressen

Bundesweit sind den Daten des GDV-Berichts zufolge mehr als 320.000 Adressen in Deutschland von Hochwasser bedroht. Der Verband hat untersuchen lassen, wie viele der rund 22,4 Millionen Adressen in Deutschland in betroffenen Gebieten liegen und wie sie sich auf die Bundesländer und Landkreise verteilen. Nach Sachsen und Thüringen zählt auch Rheinland-Pfalz zu den am meisten betroffenen Bundesländern. Am wenigsten betroffen sind Schleswig-Holstein, Hamburg und Berlin.

dpa (lik)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 27. Februar 2024 | 12:30 Uhr

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