Am 30.1.24 beginnt die Dammschließung des Helmedeiches bei Nikolausrieth.
Erweiterung der Öffnung des Helemdeiches bei Nikolausrieth am 31.12.2023 Bildrechte: Andreas Lange

Nasser Winter 2023/2024 Weihnachtshochwasser in Thüringen: Wie Staubecken und Experten noch Schlimmeres verhinderten

26. Februar 2024, 16:32 Uhr

Talsperren, Deiche, Uferböschungen, Gräben: Nach den Hochwassern dieses Winters ist die Schadens-Checkliste lang. Der Schutz vor Überflutungen braucht ein ausgeklügeltes Management. Land und Kommunen in Thüringen haben nicht immer genug Ressourcen.

Bisher war dieser Winter in Thüringen sehr wasserreich. Und regional auch hochwasserreich. Nun ist das Frühjahr nicht mehr weit. Die Saison für Hochwasser ist damit aber nicht vorbei. Es gibt sie einfach nicht mehr. Waren die Winter noch vor wenigen Jahrzehnten Haupt-Saison dafür, hat der Klimawandel die Wetterlagen in Mitteleuropa grundlegend umgekrempelt. Regionale Starkregen oder Regengebiete, die nur langsam weiterziehen und auch über größere Gebiete viel Wasser verteilen - beides ist nun zu jeder Zeit im Jahr möglich.

Staubecken müssen Platz lassen

Thüringen ist für die meteorologischen Veränderungen ordentlich gewappnet mit mehr als 130 Talsperren und Staubecken. Die größten davon - die Talsperren Bleiloch und Hohenwarte - gehören Vattenfall. Die meisten besitzt oder verwaltet mit 126 die Thüringer Fernwasserversorgung. Sechs davon versorgen große Teile von Thüringen mit Trinkwasser. In und an den anderen wird Wasser für Industrie und Landwirtschaft gestaut, Strom mit Wasser produziert, sind schützenswerte Naturräume entstanden oder Paradiese für Freizeitsport und Erholung. Aber die meisten müssen im Ernstfall Hochwasser zurückhalten. Selbst die Staubecken für das Pumpspeicherwerk Goldisthal. Sie werden für diese Funktion überwacht, gewartet und repariert. Und sie werden nie bis zur Höchstgrenze aufgestaut. Egal ob-Trinkwasser-Speicher, Wasserkraftanlage oder Hochwasser-Rückhaltebecken: Es gibt einen festgelegten Rückhalteraum, der für den Ernstfall frei bleiben muss.

Kyffhäuserkreis Die Öffnung des Helmedeichs im Dezember 2023

Aufgeweichte Böden machen es den Mitarbeitern des Gewässerunterhaltungsverbandes Helme|Ohne|Wipper schwer, ihre Technik einzusetzen , wenn sie nach dem Hochwasser aufräumen.
Am 28.12.23 gegen 18 Uhr wurde mit einem Bagger der Helmedeich bei Nikolausrieth geöffnet, um den Ort vor Überflutung zu schützen. Bildrechte: MDR/Andreas Lange
Aufgeweichte Böden machen es den Mitarbeitern des Gewässerunterhaltungsverbandes Helme|Ohne|Wipper schwer, ihre Technik einzusetzen , wenn sie nach dem Hochwasser aufräumen.
Am 28.12.23 gegen 18 Uhr wurde mit einem Bagger der Helmedeich bei Nikolausrieth geöffnet, um den Ort vor Überflutung zu schützen. Bildrechte: MDR/Andreas Lange
Am 30.1.24 beginnt die Dammschließung des Helmedeiches bei Nikolausrieth.
Erweiterung der Öffnung des Helemdeiches bei Nikolausrieth am 31.12.2023 Bildrechte: Andreas Lange
Der wieder geschlossene Helmedeich bei Nikolausrieth Anfang Februar 2024
Der Helmedeich bei NIkolausrieth wird weiter geöffnet, damit mehr Wasser aus dem Fluss abfließen kann. Bildrechte: Andreas Lange
Erweiterung der Öffnung des Helemdeiches bei Nikolausrieth am 31.1.22023
Am 30.01.2024 beginnt die Dammschließung des Helmedeiches bei Nikolausrieth. Bildrechte: Andreas Lange
Der Helmedeich bei NIkolausrieth wird weiter geöffnet, damit mehr Wasser aus dem Fluss abfließen kann.
Der wieder geschlossene Helmedeich bei Nikolausrieth Anfang Februar 2024 Bildrechte: Andreas Lange
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Auch Trinkwasser-Speicher fangen Hochwasser ab

Bei der Thüringer Fernwasserversorgung TFW ist Michael Sabrowski verantwortlich für das Management der Stauanlagen. Er hat in diesem Winter wieder mal erlebt, wie schnell Trinkwasser-Speicher ganz entscheidend sein können für den Rückhalt von Hochwasser. In Südthüringen hat die Talsperre Schönbrunn am Oberlauf der Schleuse Hunderttausende Kubikmeter Wasser aufgefangen und so das Rückhaltebecken Ratscher am Unterlauf entlastet. Gemeinsam haben beide Becken mehr als fünfeinhalb Millionen Kubikmeter zurückgehalten.

In Nordthüringen war es die Trinkwassertalsperre Neustadt, die das Wasser des Krebsbaches aufhalten konnte. Der fließt durch das Rückhaltebecken Iberg weiter in die Thyra, die kurz vor dem Stausee Kelbra in die Helme mündet. Hier war jeder Kubikmeter Wasser, der nicht unten ankam, quasi Gold wert.

Eine Staumauer im Wasser
Die Talsperre Neustadt Bildrechte: MDR / Heike Neuhaus

Die Regenfälle hatten beide Trinkwasser-Talsperren an ihre Grenzen gebracht. Sie liefen kontrolliert über, was so viel bedeutet wie: Wasser gelangte über die eingebauten Hochwasser-Entlastungsanlagen in Schleuse und Krebsbach. Das war ungewohnt, aber nicht gefährlich. Was Talsperren-Betreiber wirklich fürchten: Wenn das Wasser unkontrolliert über Damm oder Staumauer läuft. Dann wird die Steuerung wirklich schwierig.

Zwei Hochwasser-Stauseen arbeiten zusammen

Entscheidend für die Entlastung der Helme, sagt Sabrowski, sei aber das Rückhaltebecken Straußfurt nördlich von Erfurt gewesen. Es staut das Wasser der Unstrut, in die kurz vor dem Stausee noch die Gera einmündet. "Das Rückhaltebecken Straußfurt wird im Verband mit der Talsperre Kelbra gesteuert", erklärt Sabrowski. "So soll verhindert werden, dass die Hochwasserscheitel von Unstrut und Helme am Zusammenfluss bei Kalbsrieth aufeinandertreffen."

Ein Graph zeigt den Wasserzufluss und Wasserabfluss sowie den Füllstand der Talsperre in Kelbra.
Wasserzufluss und Wasserabfluss sowie Füllstand des Hochwasserrückhaltebeckens in Kelbra. Bildrechte: Talsperrenbetrieb Sachsen-Anhalt

Mit über 16 Millionen Kubikmetern war Straußfurt an den kritischsten Tagen ebenfalls sehr voll. Aber Kelbra war früher voll und konnte nicht mehr genug zurückhalten. Ohne die "Bremse" in Straußfurt hätte sich das Wasser der Helme zurückgestaut, weil zum Abfließen in die Unstrut kein Platz gewesen wäre.

Ein Graph zeigt den Wasserzufluss und Wasserabfluss sowie den Füllstand des Hochwasserbeckens in Straußfurt.
Wasserzufluss und Wasserabfluss sowie den Füllstand des Hochwasserbeckens in Straußfurt Bildrechte: Thüringer Fernwasserversorgung

Anlagen halten extreme Belastung aus

Die Belastungen für die Stauanlagen haben nur wenige Tage gedauert, aber sie waren enorm. Haben sie Spuren hinterlassen? Michael Sabrowski antwortet ganz gelassen: "Dafür sind die Anlagen gebaut worden."

Im Gespräch mit MDR THÜRINGEN versichert er: "Die Staudämme und Staumauern an den Anlagen der Thüringer Fernwasserversorgung werden regelmäßig überprüft und überwacht. Zum einen von Mitarbeitern, die regelmäßig vor Ort sind. Zum anderen mit eingebauten Messvorrichtungen." Etwa die Erd-Dämme der Rückhaltebecken. Da hier im ganz normalen Betrieb immer Sickerwasser austrete, werde in kurzen Abständen nachgeschaut, ob sich kritische Veränderungen entwickeln. Außerdem spüle Hochwasser Totholz, umgestürzte Bäume und Müll in die Becken. Nicht nur in die Stauseen, sondern auch in die sogenannten Grünbecken. 15 grüne Becken betreibt die TFW. Außer bei Hochwasser sind sie das gesamte Jahr über leer. Nach jedem Hochwasser heißt es an all diesen Anlagen: Schnell weg mit dem Treibgut.

Landesumweltamt steuert Talsperren zentral

Peter Krause leitet den Hydrologischen Landesdienst von Thüringen. Er und seine Mitarbeiter betreiben beim Thüringer Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz TLUBN mit Sitz in Jena auch die Hochwassernachrichtenzentrale. Anfang Januar, als die dramatischsten Hochwasser-Tage überstanden war, bekamen sie öffentlich mehrfach überschwängliches Lob von Umweltminister Bernhard Stengele (B90/Grüne). Der war beeindruckt davon, dass in Thüringen dann, wenn Hochwasser kommt, alle hochwasserrelevanten Staubecken zentral von einer Stelle aus gesteuert werden. Krause und seine Mitarbeiter entscheiden dann, wann, wo, wie welche Mengen Wasser zurückgehalten oder abgegeben werden. Daraus ergibt sich ein Zusammenspiel, das weit über eine einzelne Talsperre hinaus Auswirkungen berücksichtigen kann.

Talsperren-Betreiber arbeiten nach Anweisung

Krause und seine Mitarbeiter freut das Ministerlob. In anderen Bundesländern würden häufig die Gewässerverbände diese Verantwortung tragen, erklärt er. Thüringen habe sich schon vor längerer Zeit dafür entschieden, bei Hochwasser die Verantwortung für die Talsperren ganz oben anzusiedeln. Solange an den Flüssen und Stauanlagen in Thüringen alles normal laufe, würden Vattenfall und die Thüringer Fernwasserversorgung nach detaillierten Betriebsplänen arbeiten. Für jedes Staubecken sei dort einzeln festgelegt, bis zu welchem Maximalwert der Talsperren-Betreiber selbst entscheide über die Wasserabgabe. Müsse dieser überschritten werden - etwa, weil sehr viel Wasser zufließt oder für drohendes Hochwasser sehr schnell sehr viel abgegeben werden muss - komme seine Behörde ins Spiel. "Die Betreiber steuern die Abgabe aus ihren Talsperren dann in enger Abstimmung nach unseren Vorgaben", sagt Krause.

Im Ernstfall hat das Land die Verantwortung

Warum hat Thüringen das so geregelt? Es habe nichts zu tun mit mangelndem Vertrauen gegenüber den Betreibern, versichert Krause. "Die zentrale Steuerung ermöglicht uns, nicht nur auf die einzelne Talsperre zu schauen. Hier im Landesumweltamt nehmen wir auch die Flussläufe hinter den Stauanlagen in den Blick. Wir schauen auf mögliche Wechselwirkungen unserer Entscheidungen mit Wassermengen, die aus Nebenflüssen kommen. Auf ein mögliches Zusammenspiel mit anderen Anlagen weiter unten am Gewässer." Krause versichert, dass die Kommunikation mit den Betreibern in solchen Situationen sehr gut funktioniert und deren Expertise nicht außen vor bleibt. "Aber, wenn die Situation kritisch wird, übernimmt am Ende das Land die Verantwortung. Für das, was dann gut läuft, aber auch für mögliche Schäden."

Thüringens Landesdeiche haben standgehalten

Wie gut Mensch und Umwelt, Kultur und Wirtschaft vor Hochwasser geschützt sind, das hängt auch vom Zustand der Deiche ab. Von Apfelstädt bis Zorge: Laut Thüringer Wassergesetz muss das Land 150 Deiche an 20 Flüssen inklusive einmündender Nebenflüsse unterhalten. Was das nach den Hochwassertagen des Winters 2023/2024 heißt, weiß kaum jemand besser als Karsten Pehlke. Er leitet das Referat Gewässerunterhaltung im Thüringer Landesumweltamt TLUBN und spricht erleichtert davon, dass von den Landesdeichen "keiner versagt hat". Die größte Gefahr für deren Stabilität sei Wasser, das beim Durchsickern von der Flussseite zur Luftseite Sedimente ausspült. Pehlke spricht von Quellkaden - ringförmigen Bauten aus Sandsäcken, in denen das Wasser steigt, solange, bis der Druck ausreicht um das Durchsickern zu stoppen. Eine Notfallmaßnahme genauso wie mögliche Auflastschüttungen, die den Druck auf der Luftseite des Deiches erhöhen. Auf diese Weise könne man gegensteuern, wenn mit Wasser vollgesogene Deiche instabil werden, weil immer mehr Wasser auch immer mehr Auftrieb und so weniger Druck bringt.

Digitales Geländemodell rettet Nikolausrieth

Pehlke kann die Prozesse, die sich bei Hochwasser in und an Deichen abspielen, bis ins Detail erklären. Von den Sickerwasserlinien in Deichkörpern bis zu Linien aus Sandsäcken, die ein Überströmen der Krone abwenden sollen. Dass kurz nach Weihnachten 2023 nördlich von Mönchpfiffel-Nikolausrieth der Helme-Deich geöffnet wurde, geht auf ihn zurück. Die völlig überlastete Talsperre Kelbra konnte nicht mehr ausreichend Wasser zurückhalten. Der Pegel stieg und damit die Belastung der Deiche und die Gefahr, dass sie überströmt werden.

Im Interview mit MDR THÜRINGEN berichtet Pehlke, als er sich sehr früh am Morgen des 28. Dezember an seinem PC in ein digitales Modell vom Gelände und von Überflutungs-Szenarien rund um Mönchpfiffel-Nikolausrieth vertieft hatte: "Als ich die Abstände der Höhenlinien stark verkleinert und die Linien farblich markiert hatte, fiel mir auf: Das Flussbett der Helme liegt dort höher als die Talsohle. Offensichtlich als Folge des Tuns unserer Vorfahren, die den Fluss vor mehr als 100 Jahren auf die linke Talseite verlegt hatten."

Wenig erprobte Deichöffnung unter Wasserlast

Ziemlich schnell, so Pehlke, sei ihm klargeworden, dass man das Flusswasser weg vom Ort und hinunter ins Tal lenken kann. Mann musste "einfach" den Deich am richtigen Punkt öffnen: Die Stelle liegt schon in Sachsen-Anhalt. Sein Vorschlag fand länderübergreifend Gehör beim Krisenstab, den Landräten, den Staatssekretären. Am Abend des gleichen Tages rückte ein Bagger an und schürfte ein Loch in den Schutzwall.

Aufgeweichte Böden machen es den Mitarbeitern des Gewässerunterhaltungsverbandes Helme|Ohne|Wipper schwer, ihre Technik einzusetzen , wenn sie nach dem Hochwasser aufräumen.
Am 28.12.23 gegen 18 Uhr wurde mit einem Bagger der Helmedeich bei Nikolausrieth geöffnet, um den Ort vor Überflutung zu schützen. Bildrechte: MDR/Andreas Lange

Einen voller unter Wasserlast stehenden Deich öffnen - das ist gefährlich, spektakulär und wenig erprobt. Man habe nicht bis ins letzte Detail gewusst, wie der Deich gebaut ist, räumt Pehlke ein. Er wurde NICHT weggespült unter dem Druck der Wassermassen, weil zur Expertise von Karsten Pehlke und Kollegen zum Schluss das nötige bisschen Glück kam. Nachdem das Loch dreimal ganz vorsichtig vergrößert worden war, ist es inzwischen wieder verschlossen. An den Seiten schichtweise mit Lehm. Die tiefste Stelle dichtet eine Spundwand ab, die einige Meter in den Boden reicht.

Der Helmedeich bei NIkolausrieth wird weiter geöffnet, damit mehr Wasser aus dem Fluss abfließen kann.
Der wieder verschlossene Helmedeich bei Nikolausrieth Bildrechte: Andreas Lange

Kommunen haben Hilfe vom Land

Der Hochwasserschutz in Thüringen hätte große Lücken ohne die Kommunen. Sie besitzen häufig eigene Hochwasserschutz-Anlagen. Und sind darüber hinaus verantwortlich dafür, die sogenannten Gewässer zweiter Ordnung in Schuss zu halten. Also fast alle Gewässer, für die das Land nicht zuständig ist. Etwa kleine Nebenflüsse, Gräben und Teiche. Vielfach habe vor allem in kleineren Kommunen fachliches Wissen und ausreichend Personal gefehlt, den damit verbundenen Aufgaben gerecht zu werden, schreibt das Thüringer Umweltministerium auf Anfrage. Das Land habe deshalb 2020 die Gründung von 20 regionalen Gewässerunterhaltungsverbänden in die Wege geleitet. Deren Arbeit wird zu 100 Prozent aus Erfurt finanziert.

Mitarbeiter des Gewässerunterhaltungsverbandes Helme/Ohne/Wipper beräumen einen Graben, damit das Wasser schneller abfließt.
Mit einem Fahrzeug für besonders tiefes Wasser unterstützt der Gewässerunterhaltungsverband Helme/Ohne/Wipper die örtliche Feuerwehr am ersten Weihnachtsfeiertag bei der Evakuierung der Einwohner im überschwemmten Windehausen. Bildrechte: Gewässerunterhaltungsverband Helme/Ohne/Wipper

Aufgabenflut kaum zu bewältigen

Kai Urspruch ist Geschäftsführer des Gewässerunterhaltungsverbandes Helme-Ohne-Wipper in Nordthüringen. Auch er und seine Mitarbeiter waren in den Hochwasser-Tagen fast rund um die Uhr im Einsatz. Auch bei Ihnen heißt es nun aufräumen und reparieren an den Gewässern in ihrer Verantwortung.

Der Leiter des Referates „Gewässerunterhaltung“ im Thüringer Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz (Thüringer Landesumweltamt), Karsten Pehlke
Mitarbeiter des Gewässerunterhaltungsverbandes Helme/Ohne/Wipper beräumen einen Graben, damit das Wasser schneller abfließt. Bildrechte: MDR/ Gewässerunterhaltungsverband Helme / Ohne /Wipper

Im Interview mit MDR THÜRINGEN beschreibt Urspruch die Umstände, unter denen sie gerade arbeiten: Die Wasserpegel würden nur langsam sinken, das Grundwasser stehe ungewohnt hoch, in der Landschaft sei der Untergrund durchgeweicht. Weil Gräben verstopft seien, würde Wasser in Häuser laufen. "Jetzt haben wir vermehrt mit Totholz zu kämpfen und leider auch mit vielen Bäumen, die wegen der durchgeweichten Böden einfach umgefallen sind." Auf dem weichen Untergrund komme man mit schwerer Technik nicht weit. "Zum Schluss läuft es dann auf Handarbeit hinaus, die aber nicht so schnell ist. Das ist ein Problem und dann geht es nur, wenn uns die kommunalen Bauhöfe unterstützen."

Fehlende Fachkräfte bremsen Hochwasserschutz

Um das nötige Geld für die Beseitigung der unmittelbaren Schäden macht sich Urspruch keine Sorgen. Genau dafür sei in Thüringen eine spezielle Rücklage angelegt worden. Aber bei Zukunftsprojekten bahnten sich erste Verzögerungen an. Die müssten geplant und vorbereitet werden. Inzwischen sei aber das notwenige Fachpersonal nicht immer verfügbar. Schnell würden Fristen überschritten und bewilligte Fördermittel verfallen.

: Am 28.12.23 gegen 18 Uhr wurde mit einem Bagger der Helmedeich bei Nikolausrieth geöffnet, um den Ort vor Überflutung zu schützen.
Aufgeweichte Böden machen es den Mitarbeitern des Gewässerunterhaltungsverbandes Helme|Ohne|Wipper schwer, ihre Technik einzusetzen , wenn sie nach dem Hochwasser aufräumen. Bildrechte: MDR/ Gewässerunterhaltungsverband Helme / Ohne /Wipper

Die Stadt Erfurt kämpft ganz real mit diesem Problem, weil die Untere Wasserbehörde für offene Stellen kein Fachpersonal findet. Knapp 100.000 Euro Fördergeld musste die Stadt deshalb an das Land zurückzahlen. Eine kleine Summe - verglichen mit den 400 Millionen Euro, die in Thüringen für den Zeitraum von 2022 bis 2027 für den landesweiten Hochwasserschutz schon eingeplant sind. Doch selbst Umweltminister Stengele klagt über fehlendes Fachpersonal im Landesumweltamt, für das keine Stellen bewilligt wurden. Das Thüringer Landesprogramm listet bis 2027 konkret 900 geplante Maßnahmen und Projekte zum Schutz vor Hochwasser auf. Wenn ein Teil davon nicht realisiert wird, weil Fachleute fehlen, wäre das besonders bitter.

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Das Fazit vom Tag | 25. Februar 2024 | 18:00 Uhr

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