Rüstung Neue Transporthubschrauber für die Bundeswehr

07. Juli 2023, 11:57 Uhr

Der Finanzausschuss im Bundestag hat den Weg für einen neuen Bundeswehr-Transporthubschrauber freigemacht. Ob das Projekt wirklich das beste Kosten-Nutzen-Verhältnis hat, ist unklar. Schon jetzt kostet es zwei Milliarden Euro mehr.

Die Bundeswehr braucht einen neuen schweren Transporthubschrauber. Lange Zeit gab es einen Wettbewerb darum, welches Fluggerät auf das veralteten Modell CH-53G folgen solle. Zwei Hubschrauber-Typen waren in der engeren Auswahl: das Modell CH-47F "Chinook" des US-Herstellers Boeing und das Modell CH-53K "King Stallion" des US-Herstellers Sikorsky, und Nachfolger des jetzigen Modells.

Die Bundeswehr entschied sich im Frühjahr 2022 für den "Chinook" und begründete dies damals sinngemäß mit der höheren Anzahl an Maschinen, die für dieselbe Summe gekauft werden könnten, und der weiten Verbreitung des Modells bei Partnerstreitkräften. Nach unterschiedlichen Medienberichten spielte in die Entscheidung beispielsweise das Vorhaben hinein, die deutschen Streitkräfte enger mit den holländischen Streifkräften zu vernetzen. Gekauft werden sollen die neuen Hubschrauber über einen sogenannten "Foreign Military Sale" von den Vereinigten Staaten und eigentlich ab 2026 zur Verfügung stehen.

Erhebliche Mehrkosten

Im "Zeitenwende"-Sondervermögen der Bundeswehr waren für den Posten ursprünglich sechs Milliarden Euro vorgesehen. 60 CH-47F sollten dafür an Deutschland geliefert werden. Im Juni berichtete der "Spiegel", dass die Maschinen allein 7,21 Milliarden Euro kosten würden. Zusätzlich kämen weitere 749 Millionen Euro dazu, für Infrastrukturanpassungen beispielsweise am brandenburgischen Standort Holzdorf, weil die neuen Maschinen dort nicht problemlos in die aktuellen Hangars passen. Ihre Auslieferung solle ab 2027 beginnen.

Das ist bitter für Leipzig, da der Hersteller Sikorsky eine Kooperation mit dem deutschen Rüstungsunternehmen Rheinmetall sowie die Errichtung einer Wartungs- beziehungsweise Ersatzteilbasis für die Bundeswehr-Hubschrauber am Flughafen Leipzig/Halle vorgesehen hätte. Rheinmetall hatte an dem Standort wohl 150 langfristige Arbeitsplätze in Aussicht gestellt, da dort auch gleiche Hubschraubermodelle der israelischen Streitkräfte sowie möglicherweise auch der Bundespolizei hätten gewartet werden können.

Weitere Risiken

Bereits am Dienstag hatte die "Welt" berichtet, dass etliche Parlamentarier im Haushaltsausschuss Bedenken hätten, dem Projekt noch vor der Sommerpause zuzustimmen, obwohl die Amerikaner erst im Dezember eine finale Rückmeldung Deutschlands bräuchten. Grund dafür seien weitere finanzielle sowie technische Risiken, die mit dem Kauf der neuen Maschinen für die Bundeswehr verbunden seien.

Demnach kaufe die Bundeswehr kein problemlos verfügbares Modell, sondern ein als "Block II" bezeichnetes Upgrade der "Chinook"-Maschinen. Deren technische Neuerungen seien von den Amerikanern noch keinesfalls abgenommen worden. Ein zentrales Kaufkriterium, die Luftbetankungsfähigkeit, sei beispielsweise noch nicht ausgereift. Das Risiko bestünde, dass die Amerikaner das System nie kaufen werden und Deutschland dann alleine für weitere Mehrkosten aufkommen müsse.

Nach Informationen des MDR hat die amerikanische Seite das Verteidigungsministerium von Beginn an im Rahmen sogenannter "Yockey Waiver" auf die Risiken dieses speziellen Kaufes aufmerksam gemacht. Letztlich wurden alle Zweifler aus dem Regierungslager jedoch zur Zustimmung bewogen, weswegen der Haushaltsausschuss die Vorlage trotz aller bekannten Risiken am Mittwoch beschloss. Das Beschaffungsamt der Bundeswehr kann den Vertrag mit Boeing nun unterzeichnen. Die Entscheidung für die Mehrkosten der neuen Infrastruktur in Höhe von 749 Millionen Euro soll dann im Herbst mit der Verabschiedung des normalen Haushalts beschlossen werden.   

Alternativen zum Chinook nicht umfänglich geprüft?

Währenddessen scheint es momentan so, als habe das Verteidigungsministerium andere Alternativen nicht umfänglich und offen geprüft. Dem MDR liegt ein Schreiben vom April 2022 vor, das an den "Abteilungsleiter Ausrüstung" des Verteidigungsministeriums adressiert ist. In dem Schreiben erklärt ein für Beschaffung verantwortlicher Offizier des US Marine Corps, dass die US-Streitkräfte bereit wären, zwei eigene Produktionsslots für bestellte CH-53K abzugeben, um eine Auslieferung erster Maschinen nach Deutschland schon für 2025 zu ermöglichen, sollte sich das Verteidigungsministerium für das Modell entscheiden.

Nach Gesprächen mit Sikorsky sei es außerdem möglich, durch Umschichtungen alle bestellten Maschinen dieses Typs bereits bis 2030 liefern zu können, erklärt der US-Offizier weiter in dem Schreiben. Ferner heißt es, das US Marine Corps wäre bereit seine Erfahrung im Bereich der Luftbetankung des CH-53K mit Deutschland zu teilen.

Das Bundesministerium der Verteidigung ließ entsprechende Nachfragen des MDR zu dem Schreiben unbeantwortet. Eine Sprecherin erklärte: "Zu eventuellen internen Schreiben äußern wir uns grundsätzlich nicht." Nach MDR-Informationen soll das Verteidigungsministerium das Schreiben jedoch offiziell nie beantwortet haben.   

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