Der Redakteur | 04.11.2024 Warum sind die Preise für die Kfz-Versicherungen so gestiegen?
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04. November 2024, 21:26 Uhr
Alle Jahre wieder steigen zum Jahreswechsel die Versicherungsprämien. Teilweise extrem – und trotzdem hat Thüringen Glück. Bei den Regionalklassen, die das Risiko der Region abbilden, liegen die Landkreise und Städte im Freistaat eher im Mittelfeld oder am Tabellenende. Teurer wird es aber trotzdem – warum?
Regionalklassen und Typklassen: Das Auto und seine Heimat
Der erste Blick auf der Jahresabrechnung geht oft zur Regionalklasse, hat sich da nichts getan, müsst doch alles gut sein. Doch so einfach ist es nicht. Auch der Fahrzeugtyp (Typklasse) spielt bei der Prämienfestlegung durch die Versicherer eine Rolle, also die Art des Fahrzeugs und die Motorisierung.
Hinzu kommen das Alter des Fahrers, das Zulassungsdatum oder die jährlich gefahrenen Kilometer. Je höher das Risiko, desto höher fällt die Prämie aus. Dass Thüringen und da insbesondere Ostthüringen auffällig geworden wären, wie Hörer von MDR THÜRINGEN vermuteten, kann der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) nicht bestätigen.
In Thüringen sind keine Riesenausreißer dabei.
So liegt zum Beispiel Gera mit der Haftpflichtversicherung zwar stabil in einer relativ teuren Regionalklasse (8 von 12 möglichen) und ist bei der Vollkasko von Klasse 3 auf 4 aufgestiegen, aber bei der Teilkasko wird es billiger. Hier rutscht Gera von der Regionalklasse 7 in die 6.
Das Altenburger Land gleich um die Ecke ist fast schon ein Paradies. Haftpflicht-Regionalklasse 3, bei der Vollkasko die 4. Bei der Teilkasko hingegen steht eine hohe 9 von 16, nur der Saale-Orla-Kreis liegt in Thüringen noch darüber. Bedeutet: Ein Muster ist nicht erkennbar. Auch nicht in der Auflistung der Regionalklassen des ADAC.
Thüringen im Bundesvergleich
Thüringen liegt im Vergleich der Regionalklassen Deutschlands eher im unteren Mittelfeld. Berlin ist sehr teuer - der Rückschluss "Großstadt" ist aber nur bedingt richtig, denn der Schadenschwerpunkt Miesbach in Bayern ist bisher nicht als Weltmetropole aufgefallen. Vor allem mit dem eigenen Auto scheint man dort nicht sonderlich pfleglich umzugehen: Bei der Kasko (Regionalklasse 9 von 9) und bei der Teilkasko (16 von 16) geht es nicht mehr höher.
Bei der Haftpflicht verbesserte sich Miesbach hingegen etwas, nämlich von Klasse 10 in Klasse 9 von 12. Das ist aber immer noch ein sehr hoher Wert, den in Thüringen kein Landkreis erreicht. Nordhausen ist der Primus bei Haftpflicht (2) und Vollkasko (2), weil es aber bei der Vollkasko eine Hochstufung von Regionalklasse 1 in Klasse 2 gab, könnte die Freude im Norden trotzdem etwas getrübt sein.
Werkstattkosten als Hauptpreistreiber
Ein wesentlicher Grund für die Preissteigerungen sind die gestiegenen Werkstattkosten. Das liegt aber nicht nur an den zuletzt deutlich gestiegenen Stundensätzen in den Werkstätten oder daran, dass bei den Ersatzteilen die Preise ebenfalls nur eine Richtung kennen.
Im langfristigen Preisvergleich der Kategorie "früher war alles besser" kommt etwas sehr erschwerend hinzu: Vor 20 Jahren wurde nach einem leichten Auffahrunfall vielleicht die Stoßstange getauscht oder überlackiert. Heute sind darin und dahinter Sensoren verbaut und heute geht auch nicht nur ein Scheinwerferglas kaputt und die Glühlampe dahinter.
Vorne haben Sie die ganzen Sensoren der Assistenzsysteme, da ist viel Technik drin und das kostet auch viel Geld beim Reparieren.
Und selbst die Frontscheibe ist nicht mehr nur aus Glas, da wären noch Heizung, Antenne, Regenradar und Kamera und schon reicht ein Tausender nicht mehr aus, obwohl der Steinschlag kaum erkennbar ist.
Wettbewerb und Preisvergleich
Die Prämien bilden immer das Risiko ab und zwar rückwirkend. Bei den Einstufungen in die Regionalklassen wird zum Beispiel immer auf die letzten fünf Jahre geschaut. Das macht der Gesamtverband der Versicherer für die Branche, deshalb kann man dort auch die Ergebnisse abfragen.
Der Blick auf die Bilanzen der Kfz-Versicherer der letzten beiden Versicherungsjahre lässt allerdings befürchten, dass die Preise weiter ansteigen werden. Die sogenannte Schadenkostenquote lag 2023 bei 111 Prozent, für 2024 werden branchenweit 106 Prozent erwartet.
Bedeutet: Liegt die Quote über 100 Prozent, zahlen die Versicherungen drauf. Zwei Milliarden Minus sollen dieses Jahr zusammenkommen, die wir in den Prämien der Zukunft wiederfinden werden. Trotzdem gilt: Wer Preise vergleicht und regelmäßig seine Versicherung überprüft, kann durchaus mehrere hundert Euro pro Jahr sparen. Nächster Kündigungstermin bei Verträgen, die zu Jahresbeginn starten: Der 30. November.
MDR (dvs/cfr)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Ramm am Nachmittag | 04. November 2024 | 16:40 Uhr