Faszination Karnivoren Karnivoren: fleischfressende Pflanzen pflegen
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23. April 2024, 09:53 Uhr
Fleischfressende Pflanzen sind in ihrer Pflege etwas anspruchsvoller als viele andere Pflanzen. Karnivoren-Experte Thomas Carow gibt Pflegetipps, was die Pflanzen in der Wohnung und im Garten unbedingt brauchen, um zu gedeihen. Außerdem geben wir Hinweise, wo sie die Pflanzen kaufen können und welche Rolle der Naturschutz für die Fleischfresser im Pflanzenreich spielt.
Karnivoren - auf Extreme spezialisiert
Fleischfressende Pflanzen faszinieren, weil sie das übliche Prinzip "Tier frisst Pflanze" umkehren. Weltweit gibt es etwa 1.000 Arten. Sie gedeihen vom Nordkap bis zu den Tropen, immer auf extremen Standorten, die andere Pflanzen nicht aushalten würden: in Mooren, auf Bergen, in Wüsten. In unseren Breiten sind nur relativ wenige Arten heimisch, die bekannteste ist sicher der Sonnentau (Drosera).
Die Wurzeln fleischfressender Pflanzen sind nur schwach ausgeprägt. Sie nutzen sie kaum, um Mineralstoffe aufzunehmen und verdauen stattdessen winzige Tiere. Daher gedeihen sie auch auf sehr sauren oder mit Schwermetallen oder gar radioaktiven Substanzen belasteten Böden. Auf einem normalen, nährstoffarmen Boden hingegen sind die langsam wachsenden Karnivoren nicht konkurrenzfähig.
Fleischfressende Pflanzen richtig pflegen
Man kann fleischfressende Pflanzen sowohl in der Wohnung als auch im Garten oder auf dem Balkon kultivieren. Im Haus wachsen vor allem Arten, die ursprünglich aus den Tropen stammen. Im Freien hingegen kommen vorwiegend die einheimischen Arten zu Zuge.
Karnivoren-Gärtner und Buchautor Thomas Carow, der die erste Spezialgärtnerei für fleischfressende Pflanzen in Deutschland gegründet hat, sagt, dass die Pflege der meisten fleischfressenden Pflanzen gar nicht so kompliziert sei. Egal, ob die Pflanzen in der Wohnung oder im Garten wachsen, diese grundlegenden Tipps sollten Sie beachten:
1. Heller, sonniger Standort
Karnivoren brauchen Licht und davon viel. Stellen Sie die Pflanzen an den hellsten und sonnigsten Platz, den Sie haben.
2. Permanent feucht halten mit kalkfreiem Gießwasser
Die meisten Pflanzen gehen bei Staunässe ein, fleischfressende Pflanzen brauchen sie. Gegossen wird am besten im Anstauverfahren: Die Pflanze kommt in einen großen Untersetzer, der voll mit Wasser gefüllt wird. Ist das Wasser aufgesogen, wird neu nachgefüllt. Elementar wichtig ist das Gießen mit kalkfreiem Wasser - sei es Regenwasser, destilliertes Wasser oder stilles Mineralwasser. Nehmen Sie bitte auf keinen Fall Leitungswasser!
3. Spezielles Substrat verwenden
Beim Kauf sind die fleischfressenden Pflanzen schon in einem speziellen Substrat eingetopft. Thomas Carow empfiehlt Pflanzen im Topf etwa alle anderthalb Jahre umzutopfen, weil das Substrat dann meist verbraucht sei. Besorgen Sie sich dafür am besten spezielle Karnivorenerde aus dem Gartencenter.
In jedem Fall sollte das Substrat Torf enthalten, auch wenn Gärtner sonst möglichst komplett auf Torf verzichten sollten: "Am Torf kommen wir bei den fleischfressenden Pflanzen leider nicht komplett vorbei. In unserer eigenen Spezialerde haben wir den Torfanteil auf 50 Prozent reduziert, aber darunter wird es schwierig", gibt Thomas Carow zu bedenken. Allerdings macht das kleine Spezialsegment der fleischfressenden Pflanzen nur einen Bruchteil des Torfverbrauchs in Deutschland aus.
Fleischfressende Pflanzen benötigen keinen Dünger, er schadet ihnen mehr als er nützt.
Manche Karnivoren benötigen darüber hinaus noch speziellere Pflege, zum Beispiel eine hohe Luftfeuchtigkeit oder das Einhalten der Winterruhe. Informieren Sie sich daher VOR dem Kauf darüber, was die jeweilige Pflanze braucht.
Tipp: fleischfressende Pflanzen für Einsteiger Relativ unkomplizierte Karnivoren, die auch mal Pflegefehler verzeihen sind die gängigen Sonnentau- und Fettkraut-Arten. Die aparte Venusfliegenfalle oder Schlauchpflanzen hingegen reagieren sehr viel sensibler auf falsche Pflege.
Fleischfressende Pflanzen für den Garten
Winterharte Karnivoren für den Garten würden zunehmend nachgefragt, erzählt Thomas Carow. Dafür geeignet sind einheimische Arten der folgenden Gattungen:
- Sonnentau (Drosera)
- Fettkraut (Pinguicula)
- Schlauchpflanze (Sarracenia)
- Wasserschlauch (Utricularia) - Teichpflanze
Die Venusfliegenfalle (Dionea) überlebt Temperaturen bis etwa minus acht Grad Celsius und ist damit nur bedingt winterhart.
Auch im Garten müssen die speziellen Standortbedingungen fleischfressender Pflanzen erfüllt sein. Dafür legen Sie ein sogenanntes Moorbeet oder einen Moorkübel an. Das ist entweder ein mit Teichfolie ausgekleidetes Beet oder ein wasserdichter Pflanzbehälter. Dieses wird dann mit Karnivorensubstrat gefüllt.
Das Moorbeet muss stets feucht gehalten werden. Auch hier gilt: mit kalkfreiem Wasser! Es darf niemals austrocknen! Im Winter muss bei Frost der Eisdruck im geschlossenen Pflanzgefäß berücksichtigt werden. Auch sollten die Pflanzen vor dem Austrocknen in der Wintersonne geschützt werden - sofern kein Schnee liegt.
Tipp: Vorher genau informieren Wenn Sie die Anlage eines Moorbeetes oder -kübels erwägen, sollten Sie zuvor Fachliteratur zu Rate ziehen oder bei Experten nachfragen.
Fleischfressende Pflanzen kaufen
Als Thomas Carow vor über 40 Jahren mit seiner Gärtnerei anfing, betrat er weitgehend Neuland. Heute finden sich in vielen Gartencentern oder Baumärkten fleischfressende Pflanzen. Im Frühling ist die Auswahl am größten. Dort finden Sie vor allem fleischfressende Pflanzen, die ins Auge fallen, wie zum Beispiel diverse Hybridzüchtungen des Fettkrauts.
Generell ist die Zahl an Zuchtformen fleischfressender Pflanzen überschaubar. Es gibt sie, aber zahlenmäßig sind sie kein Vergleich mit Orchideen oder anderen exotischen Pflanzen. "Die Liebhaber fleischfressender Pflanzen bevorzugen oft die Wildform", sagt Thomas Carow. Und Sammler würden ohnehin nicht nach der Optik sondern nach dem Namen kaufen.
Spezielle Karnivoren können Sie ausschließlich im Internet oder auf Raritätenbörsen erwerben. Die Anzahl an Anbietern ist überschaubar. Schauen Sie, dass Sie aus vertrauenswürdiger Quelle kaufen, das gilt besonders für Internetplattformen. Vermeiden Sie unbedingt, Pflanzen aus illegalen Wildsammlungen zu kaufen.
Buchtipp
Thomas Carow
"Fleischfressende Pflanzen"
Kosmos-Verlag 2005
ISBN 9783440101766
Fleischfressende Pflanzen und Naturschutz
Im Handel erhältliche Karnivoren stammen alle aus dem Gartenbau, Wildsammlungen sind seit Jahrzehnten verboten, die Pflanzen stehen unter Naturschutz. Wurden doch früher ganze Bestände geplündert und zerstört. Leider sind illegale Wildsammlungen nach wie vor ein Problem - ob nun aus privater Sammelleidenschaft oder zu kommerziellen Zwecken.
Überall auf der Welt befinden sich die speziellen Habitate fleischfressender Pflanzen unter Druck: Intensive Landwirtschaft, Straßenbau, Industrie und der Klimawandel lassen ihre Lebensräume schrumpfen. In unseren Breiten betrifft das vor allem die Hochmoore. Kaufen Sie daher torffreie Erde und torfhaltige nur für die Kulturen, die sie wirklich brauchen.
Über Thomas Carow Die Liebe zu fleischfressenden Pflanzen hat Thomas Carow schon in seiner Kindheit gepackt als er zum ersten Mal Sonnentaupflanzen in einem Moor gesehen hatte. Nach Gärtnerlehre und Gartenbaustudium gründete er 1981 die erste Spezialgärtnerei für fleischfressende Pflanzen in Deutschland. Mit seinem kleinen Team beliefert die im unterfränkischen Nüdlingen angesiedelte "Falle" zum einen Garten- und Baumärkte, zum anderen betreibt sie auch einen Versandhandel für Endverbraucher. In der Gärtnerei werden circa 400 verschiedene Karnivoren-Arten kultiviert. Auf zahlreichen Expeditionen überall auf der Welt hat Thomas Carow einige neue Arten entdeckt und zusammen mit Botanikern beschrieben.
Quelle: Thomas Carow, Karnivoren-Gärtner (dgr)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Bautzen | 07. September 2022 | 13:00 Uhr