Empfehlungen Ungewöhnliche Theater in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen
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08. April 2024, 14:14 Uhr
Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen haben viele traditionsreiche und zugleich innovative Bühnen mit oft wechselvoller Geschichte, die immer einen Besuch lohnen. Ob das von Goethe gegründete Theater in Bad Lauchstädt oder das Haus in Meiningen, von dem aus Herzog Georg mit seiner Truppe einst bis ins ferne Odessa tourte. Außergewöhnlich sind auch das historische Ekhof-Theater in Gotha oder das Theater der Jungen Welt Leipzig. Unsere acht Empfehlungen.
SACHSEN-ANHALT
Bad Lauchstädt: Goethe-Theater
Lauchstädt war Goethes Bühne für Novitäten, hier hatte er das intellektuelle Publikum der halleschen Universität, denn in der Stadt bestand in jener Zeit ein Theaterverbot. Es handelt sich um den einzigen original erhaltenen Theaterbau, in dem Johann Wolfgang Goethe selbst gewirkt hat. Nach seinen Vorgaben wurde der Zuschauerraum in Gelb, Rot und Grau gestrichen und die Bühne genau wie die in Weimar gestaltet, sodass das dortige Repertoire problemlos auch in Bad Lauchstädt gespielt werden konnte. Beispielsweise Schillers Trauerspiel "Maria Stuart". Der Dichter, der damals auch Oberdirektor des Weimarer Hoftheaters war, finanzierte den Bau privat mit. Am 26. Juni 1802 wurde das Haus in seiner Anwesenheit eröffnet.
Seit 2015 wurde das Theatergebäude mit rund 600 Plätzen aufwändig originalgetreu saniert und im August 2021 mit dem Stück "Iphigenie auf Tauris" wiedereröffnet. Highlight ist die nun wieder einem Himmelszelt gleichende Decke im Zuschauersaal.
Weitere Informationen
Historische Kuranlagen & Goethe-Theater Bad Lauchstädt GmbH
Parkstraße 18
06246 Goethestadt Bad Lauchstädt
Öffnungszeiten Besucherzentrum:
April bis Juni: Dienstag bis Sonntag von 10 bis 17 Uhr
An allen Veranstaltungstagen findet im Anschluss an im Theater stattfindende Veranstaltungen eine Theaterführung statt. Eine Anmeldung ist dafür notwendig.
Anhaltisches Theater Dessau
Mit rund 1.100 Plätzen war das 1938 eingeweihte Gebäude seinerzeit die größte Bühne nördlich der Alpen. Im Zweiten Weltkrieg zerstört, wurde das Haus bis 1949 wieder aufgebaut. Die Theatertradition reicht jedoch zurück bis ins 18. Jahrhundert. Bereits 1766 gab es in Dessau die Anfänge einer Hofkapelle und 1794 ein festes Schauspielensemble. Einen festen Ort schuf zuerst Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff, sein Theaterbau brannte jedoch 1855 komplett ab, so wie 1922 das "Friedrich-Theater". Ende der 1920er-Jahre beeinflusst das Bauhaus die Bühnenarbeit. Am 17. Januar 1931 findet die erste Aufführung von Brechts "Dreigroschenoper" in Dessau statt, komponiert von Kurt Weill, einem Sohn der Stadt, dem seit 1990 ein Festival in der Stadt gewidmet ist.
Trotz großer Sparzwänge behielt das heutige Anhaltische Theater auch die Musiktheater-Sparten mit Oper, Operette und Musical sowie Ballett und Puppentheater. Die Anhaltische Philharmonie bietet zudem Sinfonie- und Kammerkonzerte. Aufsehen erregte 2010 Andrea Moses' Inszenierung von Richard Wagners "Lohengrin", die für den deutschen Theaterpreis FAUST nominiert war. Das Haus erhielt für die Spielzeit 2010/11 den Kritikerpreis "Bestes Theater außerhalb der Theaterzentren".
Von 2012 bis 2015 brachte das Anhaltische Theater nach 50 Jahren Wagners "Ring des Nibelungen" wieder auf die Bühne. Alljährlich werden die Höhepunkte der Spielzeit im "Elbmusikfest" präsentiert. Auch außerhalb des großen Hauses ist das Theater aktiv: beim alljährlich stattfindenden Dessauer Kurt-Weill-Fest sowie bei den Bauhausfesten und den Seekonzerten im Gartenreich Dessau-Wörlitz. Dort befindet sich auch die Felseninsel Stein, in deren Amphitheater das Sommertheater stattfindet.
Weitere Informationen
Anhaltisches Theater Dessau
Großes Haus
Friedensplatz 1a
06844 Dessau-Roßlau
Altes Theater
Lily-Herking-Platz 1
06844 Dessau-Roßlau
Barrierefreiheit:
Menschen mit Gehbehinderung können sowohl im Großen Haus als auch im Alten Theater den Zuschauerbereich mit einem Fahrstuhl erreichen. Es stehen Rollstuhlplätze zur Verfügung.
SACHSEN
Felsenbühne Rathen
Die Felsenbühne Rathen mit mehr als 1.500 Plätzen gilt als eines der schönsten Freilichttheater in Europa, liegt sie doch mitten in der wildromantischen Landschaft der Sächsischen Schweiz im Wehlgrund am Fuß der berühmten Bastei.
Kultur unter freiem Himmel gibt es dort seit mehr als 80 Jahren. 1936 wurde die Naturbühne mit der Aufführung des "Basteispiels" von Kurt Arnold Findeisen eröffnet. Der Autor, auch Verfasser eines Karl-Stülpner-Romans, erzählte darin aus der Geschichte der Region. Bei der Aufführung wirkten viele Rathener mit.
Bereits 1938 ritten Karl Mays Helden hier über die Bühne, 1940 bei den ersten Wild-West-Spielen in Zusammenarbeit mit dem Zirkus Sarrasani und auf 40 Pferden! Bis heute gehören Winnetou und Old Shatterhand zum Repertoire, genauso wie Klassiker der Opern- und Theaterliteratur, etwa Carl Maria von Webers "Freischütz" um die schöne Förstertochter Agathe oder Orffs "Carmina Burana".
Im Juni 2022 ist die von den Landesbühnen Sachsen bespielte Felsenbühne Rathen nach jahrelanger Sanierung mit einer Gala neu eröffnet worden. Beispielsweise bekam sie statt des alten Grabens für das Orchester einen überdachten Pavillon. Bereits seit den 60er-Jahren stehen in Rathen auch Inszenierungen für Kinder und Märchen auf dem Spielplan. Verbinden lässt sich der Besuch der Felsenbühne gut mit einem Ausflug von Bastei und Felsenburg Rathen.
Weitere Informationen
Felsenbühne Rathen
Amselgrund
01824 Kurort Rathen
Parkplatzeingabe fürs Navi: Elbweg 13-15, 01824 Rathen
Barrierefreiheit:
Die Felsenbühne ist nach Angaben der Veranstalter barrierefrei erreichbar. Vom Kassenhaus im Amselgrund führt ein ca. 500 Meter langer, ansteigender Weg zur Felsenbühne hinauf. Für den Fahrdienst vom Kassenhaus im Amselgrund bis zur Felsenbühne wird um rechtzeitige Anmeldung gebeten.
Mittelsächsisches Theater in Freiberg
Freiberg hat das älteste Stadttheater der Welt, das noch im historischen Gebäude untergebracht ist. Ein Bürgerhaus aus dem frühen 17. Jahrhundert wurde 1790 zum Theater umgebaut und 1791 eröffnet. Ab 1880 gab es immer wieder Um- und Erweiterungsbauten im Geviert zwischen Buttermarkt und Borngasse, Weingasse und Enger Gasse. Die letzten endeten zum 200. Jubiläum 1991, so sind heute auch Werkstätten, Proberäume und eine Studiobühne unter einem Dach vereint. Seit 2019 ist das Haus Mitglied in der Gesellschaft der Historischen Theater Europas "Perspectiv".
Unter der Intendanz von Ralf-Peter Schulze machte das Haus allerdings auch ein sehr gegenwärtiges Programm und lud zu aktuellen Debatten. Gespielt wird auch außer Haus, sei es auf dem Gelände der historischen Silbermine "Alte Elisabeth" oder auf der Seebühne Kriebstein.
Weitere Informationen
Mittelsächsisches Theater in Freiberg
Theater Freiberg
Borngasse 1
09599 Freiberg
Barrierefreiheit:
Das Theater ist nur eingeschränkt barrierefrei. Eine Voranmeldung wird empfohlen.
Theater Döbeln
Theaterstraße 7, 04720 Döbeln
Barrierefreiheit:
Das Theater ist barrierefrei über einen Aufzug zu erreichen.
Seebühne Kriebstein
Parkplatz an der Kriebstein-Talsperre: An der Talsperre, 09648 Kriebstein
Barrierefreiheit:
Barrierefreie Zugänge sind vorhanden, es wird jedoch eine Voranmeldung beim Besucherservice empfohlen.
Theater der Jungen Welt in Leipzig
Das Theater der Jungen Welt war das erste professionelle Kinder- und Jugendtheater Deutschlands. Eröffnet wurde es am 7. November 1946 mit Erich Kästners "Emil und die Detektive" noch im sogenannten Weißen Saal in der Kongresshalle am Zoo. Es folgten das theater junge generation in Dresden 1949 oder das Theater der Jungen Garde in Halle 1952.
Der moralisch-ästhetischen, vor allem sozialistischen Erziehung sollten sich die Theater in der DDR widmen. Kästners Klassiker wurde zum 75. TdJW-Jubiläum neu inszeniert. Digital, mobil und inklusiv ausgerichtet, macht das Haus alles andere als ein retrospektives Programm. Beweglich zu sein gehört zur DNA, hat das TdJW doch erst seit 2003 die feste, eigene Spielstätte am Lindenauer Markt mit rund 230 Plätzen im Großen Saal. Ausgezeichnet mit dem Theaterpreis des Bundes wurde beispielsweise die Inszenierung "Crystal – Variationen über Rausch", erarbeitet wurde ein Sommertheater-Stück mit Geflüchteten, 2022 entstand ein Projekt zu den Spuren der NS-Zwangsarbeit in Leipzig. Es gibt Angebote schon für Kinder ab 2 Jahren, Puppentheater oder Weihnachtsmärchen.
Weitere Informationen
Theater der Jungen Welt
Lindenauer Markt 21
04177 Leipzig
Barrierefreiheit:
Alle Bühnen sind stufenlos zugänglich. Eine Voranmeldung beim Besucherservice wird empfohlen.
THÜRINGEN
Ekhof-Theater in Gotha
Wer einen Rundgang durch die barocke Pracht von Schloss Friedenstein unternimmt, stößt im Westturm auf ein besonders spektakuläres Exponat: das weltweit einzige Theater mit einer noch funktionierenden Bühnenmaschinerie aus dem 17. Jahrhundert. Damit war es damals möglich, die Kulissen aufwändig inszenierter Barockopern binnen Sekunden und somit effektvoll zu wechseln, unterstützt freilich von neun bis zwölf sportlichen Kulissenschiebern neben und unter der Bühne.
Davor gibt es nur 165 Plätze. Solche hölzernen Maschinerien blieben nur selten erhalten, die im Ekhof-Theater ist die älteste bekannte der Welt. Im Westturm des Schlosses wurde Theater- und Sozialgeschichte geschrieben, unterstützt vom Oberhofmarschall. Anfangs nur für den Adel zugänglich, durften im 18. Jahrhundert auch die Bürger kommen, außerdem sicherte der Herzog die Schauspieler sozial ab.
Im 18. Jahrhundert wirkten hier August Wilhelm Iffland oder Conrad Ekhof. Über den Namensgeber des Theaters, Zeitgenosse Goethes und Reformer der deutschen Schauspielkunst, informiert die Dauerausstellung, die Kostüme, Kulissen und historische Requisiten zeigt – und ein Modell der hölzernen Schnellverwandlungsmaschine. Inzwischen lässt sich das Ekhof-Theater auch in virtueller Realität erkunden.
Weitere Informationen
Stiftung Schloss Friedenstein Gotha
Ekhof-Theater im Schloss Friedenstein
99867 Gotha
Barrierefreiheit:
Das Theater ist nur eingeschränkt barrierefrei zu erreichen. Eine Voranmeldung beim Besucherservice wird empfohlen.
Theaterhaus Jena
Im verbliebenen Bühnenhaus des einstigen Jenaer Stadttheaters, damals mehr Ruine als Spielstätte, eröffnete ein kleines Team am 29. November 1991 unter dem Motto "WüsteGegenZeit" die erste Spielzeit. Rainald Grebe, Sandra Hüller und andere sammelten dort erste Erfahrungen. Neun Absolventen der Berliner Schauspielschule "Ernst Busch" und zwei Nachwuchs-Regisseure bildeten zunächst das "ABM-Ensemble". Zwei Jahre später lief diese Finanzierung aus. Hart wurde um die Zukunft gerungen, 1993 dann die gemeinnützige Theaterhaus Jena GmbH als Träger gegründet.
Stadt und Land kommen seither gemeinsam für den jährlichen Etat auf. Inzwischen feierte Deutschlands "kreativste Ruine" 30. Geburtstag. Das Haus ist offen für Gastspiele und Kooperationen mit Gruppen der Freien Szene, veranstaltet Lesungen, Konzerte, Theaterfestivals und seit rund 20 Jahren auch das große Sommertheater-Spektakel zum Auftakt der Kulturarena.
Weitere Informationen
Theaterhaus Jena
Schillergässchen 1
07745 Jena
Barrierefreiheit:
Menschen mit einer Gehbehinderung müssen einen anderen Eingang nutzen. Eine Voranmeldung beim Besucherservice wird empfohlen.
Staatstheater Meiningen
Mit großer Ambition verbunden ist auch die Geschichte des Meininger Theaters, die 1831 beginnt mit Herzog Georg II. (1826-1914). Er formte sein Fürstentum zu einem liberalen Musterstaat im zweiten deutschen Kaiserreich, führte beispielsweise die neunjährige Schulpflicht ein, engagierte sich für die Gleichstellung von Frauen, begegnete Militarismus mit klassischem Humanismus, vor allem mit Shakespeare und Schiller.
So war er nicht nur nebenbei Theatermann: Er begründete das moderne Regietheater, schuf Kostüme und Bühnenbilder in Teamarbeit mit den besten "Experten".
1874 gaben die Meininger mit Shakespeares "Julius Cäsar" in Berlin das erste Gastspiel. Publikum und Kritik waren fasziniert, wie ein regierender Herzog eine Revolution auf die Bühne bringt. Als Berlin erobert war, ging es weiter nach Wien, von dort durch ganz Mittel- und Osteuropa. 81 Tourneen absolvierten die Meininger bis 1890 in fast 40 Ländern, der letzte Auftritt fand in Odessa statt.
Meiningen wurde zum Musenhof, Johannes Brahms, Franz Liszt oder Richard Wagner weilten dort. 1909 entstand der Theaterneubau. Eng verbunden mit dem Hoftheater war die Meininger Hofkapelle, die zwischen 1880 und 1914 unter Hans von Bülow, Richard Strauss, Wilhelm Berger und Max Reger große Erfolge in vielen europäischen Konzerthallen feiern konnte.
Geschichte schrieb das Meininger Theater ab 1919 als bedeutende expressionistische Bühne. Von 1956 bis 1960 sorgten die Brecht-Inszenierungen unter Fritz Bennewitz für eine weitere Blütezeit. International Aufsehen erregte zuletzt Christine Mielitz' Inszenierung von Richard Wagners "Der Ring des Nibelungen" im Jahr 2001. Erstmals wurden die vier Stücke, wie von Wagner beabsichtigt, an vier aufeinanderfolgenden Abenden aufgeführt. Mit einer Mischung aus Tradition und Experimentierfreude schrieben die Meininger das Erbe Georg II. fort. Passenderweise lautet das Motto "Neu seit 1831".
Weitere Informationen
Staatstheater Meiningen
Bernhardstraße 5
98617 Meiningen
Barrierefreiheit:
Für Menschen im Rollstuhl steht eine Rampe am Eingang sowie Aufzüge zur Verfügung. Eine Anmeldung beim Besucherservice wird empfohlen.
Theatermuseum Meiningen "Zauberwelt der Kulisse“
Schlossplatz 2
98617 Meiningen
Redaktionelle Bearbeitung: Katrin Schlenstedt, Anneke Scholz
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 09. Februar 2024 | 12:10 Uhr