Sprache "Biodeutsch" ist Unwort des Jahres
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13. Januar 2025, 10:42 Uhr
Der Begriff "biodeutsch" ist zum Unwort des Jahres 2024 gekürt worden. Das gab die Jury im hessischen Marburg bekannt. Der Begriff "biodeutsch" wurde im vergangenen Jahr im öffentlichen und gesellschaftlichen Sprachgebrauch verwendet, um Menschen vor dem Hintergrund vermeintlich biologischer Abstammungskriterien einzuteilen, zu bewerten und zu diskriminieren, begründete die Jury ihre Entscheidung.
- Das Unwort des Jahres lautet "biodeutsch". Den zweiten Platz belegt "Heizungsverbot".
- Das Wort hat sich von einem kritischen Satirebegriff zum rassistischen Kampfbegriff gewandelt.
- Insgesamt gingen 3.200 Einsendungen von Teilnehmenden mit 655 verschiedenen Wörtern ein.
Sprachwissenschaftler haben den Begriff "biodeutsch" zum Unwort des Jahres 2024 gekürt. Zur Begründung teilte die Jury am Montag in Marburg mit, die mit dem Gebrauch von "biodeutsch" einhergehende Unterteilung in angeblich "echte" Deutsche und in Deutsche zweiter Klasse sei eine Form von Alltagsrassismus. Auf Platz zwei landete der Begriff "Heizungsverbot". Der im Zusammenhang mit dem Gebäudeenergiegesetz verwendete Ausdruck sei irreführend verwendet worden, um klimaschützende Maßnahmen zu diskreditieren, so die Jury.
Von Satire zum rassisitischen Kampfbegriff
Die Jury kritisiert nicht nur das Wort an sich, sondern seine neuere Verwendung. Denn das Wort "biodeutsch" gibt es schon lange: Ursprünglich wurde es im Kabarett und von migrantischen Comedians ironisch-satirisch verwendet. Mit dieser Bedeutung ist das Wort 2017 in den Duden aufgenommen worden. "Dann wurde der Begriff jedoch von rechten Akteuren gekapert. Bei der AfD und auch im NPD-Parteiprogramm findet man Verwendungen des Wortes im Sinne von 'echten Deutschen'. Es wird eine biologistische Form von Nationalität behauptet", sagte Kristin Kuck MDR KULTUR. Die Sprachwissenschaftlerin an der Uni Magdeburg ist Mitglied der Jury. Es handle sich um eine äußerst problematische und rassistische Verwendung des Wortes, so Kuck.
Gerade im Migrationsdiskurs wurden in den letzten Jahren besonders viele Unwort-Kandidaten produziert.
Fünf Stunden habe die Jury debattiert, bis sie sich auf das Unwort des Jahres einigen konnte, erzählt Kuck: "Was uns dazu bewogen hat, "biodeutsch" zu wählen, war, dass das Wort droht in die Alltagssprache einzugehen". Besonders im letzten Jahr gäbe es viele Belege in der Politik und in der Presse, dass das Wort gedankenlos zur Unterscheidung von Menschen mit und ohne Migrationshintergrund verwendet wird – ohne Anführungsstriche und ohne jegliche Markierungen, erklärte die Sprachwissenschaftlerin.
"Gerade im Migrationsdiskurs wurden in den letzten Jahren besonders viele Unwort-Kandidaten produziert", sagte Kristin Kuck. In diesem Bereich fänden sich viele Wörter, die demokratiefeindlich, diffamierend seien und gegen das Prinzip der Menschenwürde verstießen. Mit der Zweit- und Drittplatzierung versuche die Jury Aufmerksamkeit auf andere Themen zu lenken, so Kuck.
Knapp 3.200 Einreichungen zum Unwort des Jahres
Dieses Jahr wurden Wörter wie "D-Day", "Ampelkrach", "Technologieoffenheit" und "kriegstüchtig" eingreicht. Die ehrenamtliche Jury der Aktion besteht aus vier Sprachwissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern und jährlich wechselnden Mitgliedern. Das Ziel der Aktion ist es, die Gesellschaft für diskriminierende, stigmatisierende, euphemisierende, irreführende oder menschenunwürdige Sprachgebräuche zu sensibilisieren. Es gehe dabei auch um die Verantwortlichkeit der Menschen im Hinblick auf ihr sprachliches Handeln. Insgesamt waren es 3.200 Einsendungen mit 655 verschiedenen Wörtern. Davon haben dieses Jahr etwa 80 Wörter den Kriterien der Jury entsprochen, sagte Kristin Kuck. Jede Person kann bis zum 31.12. eines jeden Jahres Unwortvorschläge an die Jury einreichen.
Das Unwort des Jahres 2023 war "Remigration". 2022 fiel die Wahl auf "Klimaterroristen". Unwort des Jahres 2021 war "Pushback". Das erste Unwort seit Beginn der Aktion im Jahr 1991 lautete "ausländerfrei".
Quelle: DPA; redaktionelle Bearbeitung: tv, op, tda
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 13. Januar 2025 | 11:30 Uhr