DDR-Komiker Herricht & Preil – das Geheimnis eines großen Erfolges
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16. August 2022, 05:00 Uhr
Das "Schachspiel", die "Hasenjagd", "Mückentötolin" oder auch die "Briefmarke": All diese Sketche des Komikerduos Herricht & Preil sind unvergessen. Auch heute, viele Jahre nach dem Tod Hans-Joachim Preils, bringen sie die Menschen noch zum Lachen. Was also war ihr Geheimnis?
Hans-Joachim Preil arbeitete seit Anfang der 1950er-Jahre für das Maxim Gorki Theater in Magdeburg und Bernburg als Oberspielleiter. 1953 bewarb sich Rolf Herricht dort für das Fach des jugendlichen Charakterkomikers. Für das Vorspielen einer komischen Rolle brauchte Herricht einen Partner. Preil sprang ein, das Prüfungsgremium bog sich vor Lachen. Preil und Herricht gelangten zu der Einsicht, dass sie miteinander konnten. Preil begann, für sie beide Sketche zu entwickeln, mit klar gegeneinander abgegrenzten Rollen.
Das Rollenspiel des Humoristen-Duos
Der erste Sketch entstand 1953 und hieß "Schachspiel". Preil spielte darin den beflissenen Schachspieler, Herricht den scheinbar Ahnungslosen, der die Begriffe des Spiels stets missverstand und ihnen damit eine neue, witzige Bedeutung gab. Für ihn war der Bauer dann keine Spielfigur, sondern halt ein Landwirt. So antwortete er auf Preils Frage zur Aufstellung seiner Spieler: "Was ist denn mit Ihren Bauern los?" schlichtweg: "Na ja, Produktionsbesprechung."
Hans-Joachim Preil trat stets als Besserwisser auf, der den sympathischen Rolf Herricht ein ums andere Mal von oben herab zu belehren versuchte. Preil beschrieb diese Konstruktion folgendermaßen: "Das ist das Geheimnis unserer Zusammenarbeit. Preil: das Herzchen. Überheblich, arrogant. Der mit dem erhobenen Zeigefinger. Und Rolf immer der mit der Bauernschläue." Seine etwas größere Statur, der leicht näselnde Tonfall, den Kopf leicht nach oben gezogen, so stand er in den Sketchen Rolf Herricht gegenüber. Die große Brille mit den dicken schwarzen Brillenrändern war eine Sonderanfertigung, um seinen oberlehrerhaften Charakter noch zu unterstreichen. Sie wurde zu seinem Markenzeichen.
Dauergäste bei "Ein Kessel Buntes"
Dass er in diesem Gespann mit Herricht nicht "punkten" konnte, war ihm egal: "Es geht weder um Herricht noch um Preil. Es geht um die Szene." Dieter Mann meinte über Preil: "Er hat ja im Grunde genommen die undankbare Rolle gespielt. Er war der weiße Clown. Abgeräumt hat Herricht. Ihm hat es genügt zu wissen: Ich hab den Text geschrieben." Das Fernsehen wurde bald auf diese neue Art, Sketche zu entwickeln, aufmerksam und strahlte sie im Rahmen von Unterhaltungssendungen aus. So waren die beiden Komiker ständig Gast in der beliebten Show "Ein Kessel Buntes".
Pointe, Pointe, Pointe …
Die Sketche entwickelte Preil aus alltäglichen Beobachtungen. Er schrieb sie zuhause auf seiner Schreibmaschine, dann probte er sie mit Herricht, ergänzte und verfeinerte sie während des gemeinsamen Spiels. "Diese Szenen waren ungefähr 20 bis 25 Schreibmaschinenseiten lang. Die mussten gelernt werden auf Punkt und Komma, wie ein Klassiker. Anders ging es gar nicht. Denn wenn sie aus dem Rhythmus einer Szene herauskamen, dann war Feierabend."
Schauspielerkollege und Kabarettist Alexander G. Schäfer meinte im Rückblick über den kunstvollen Aufbau der Sketche: "Antwort, Rede, Zack. Kein Unsinn, nicht drei Erklärungen. Sondern Pointe, Pointe, Pointe, vorbereitende Pointe. Das konnte Preil wunderbar." Preil war davon überzeugt, dass man planen konnte, wo die Lacher erfolgten: "Man kann eine Pointe millimetergenau errechnen. Wenn man sich die Mühe macht!" Es ging Schlag auf Schlag, in hohem Tempo, was ihnen zusätzlich half, wie Preil einräumte: "Es sind nicht alle Pointen gut gewesen, aber das Tempo hat uns geholfen. Die Leute haben dann wenig Zeit gehabt, um nachzudenken über den Quatsch."
Mit den Sketchen auf Tournee
Preil und Herricht waren Perfektionisten. Dem Fernsehpublikum wollten sie einen neuen Sketch erst präsentieren, wenn sie sicher waren, dass er "funktionierte". Gelegenheit, Neues zu erproben, hatten sie reichlich. Sie waren ja nicht nur Fernsehlieblinge, sie traten auch in der ganzen Republik auf. In Betrieben genauso wie in Theatern oder Kulturhäusern. An Wochenenden konnten sie so auf bis zu 16 Auftritte kommen. Wenn eine Pointe nicht wirklich überzeugend beim Publikum ankam, dann verwarfen sie diese wieder.
Herricht & Preil als "Dauerbrenner"
Zwischen 1955 und 1977 entstanden insgesamt 126 Sketche. Da sie so beliebt waren, sind sie auch auf Schallplatte aufgenommen worden. So etwa "Aber Herr Preil!" (1966), "Eine Stunde gute Laune"(1972), "Eine 2. Stunde guter Laune" (1976) und "Eine Überstunde guter Laune" (1988). Diese Platten galten in den Geschäften als sogenannte "Bückware", waren stets schnell vergriffen. Viele Fans lernten die Sketche auswendig. Selbst heutzutage, viele Jahre nach dem Tod Hans-Joachim Preils, werden Sketche wie "Der Gartenfreund" auf Internet-Plattformen mehr als 170.000 Mal aufgerufen. Also von einem jungen Publikum, das die beiden im Fernsehen gar nicht mehr erlebt hat.
Dieser Artikel erschien erstmals im August 2012.
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | artour: Zum 90. Geburtstag – Erinnerungen an Rolf Herricht | 08. Juli 2021 | 22:10 Uhr