Studie Zwillinge: Sind manche Frauen fruchtbarer?
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25. Mai 2022, 12:30 Uhr
Bisher galten Frauen, die Zwillinge zur Welt brachten, als fruchtbarer als andere Mütter. Eine Studie aus Deutschland widerspricht dieser allgemeinen Annahme, die bislang auch wissenschaftlich belegt galt.
Sind Mütter von Zwillingen fruchtbarer als andere? Ein 14-köpfiges Wissenschaftsteam aus ganz Europa hat einen möglichen Zusammenhang anhand der Analyse von 100.000 Geburtseinträgen in Kirchenbüchern aus dem vor-industriellen Europa, dem heutigen Finnland, Schweden, Norwegen, Deutschland und der Schweiz untersucht. Studienmitautorin Virpi Lummaa aus dem finnischen Turku zufolge wurden die Daten aus alten Kirchenbüchern digitalisiert und transkribiert. Die Analyse belegt dem Forschungsteam zufolge, dass Frauen, die Zwillinge zur Welt bringen, nicht fruchtbarer sind als andere Frauen. Damit widerspricht die Studie des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) dem bisherigen Wissensstand, demzufolge Zwillingsmütter als überdurchschnittlich fruchtbar gelten, weil sie eher mehr als eine Eizelle bei ihrem Eisprung freisetzen.
Apropos... Glückssache Zwillinge?
Kleiner Exkurs in die Redaktionssitzung bei MDR WISSEN: Die Pressemeldung zur Studie ist überschrieben mit "Zwillingsmütter sind nicht fruchtbarer, sondern haben einfach mehr Glück". Das löste in der Redaktionssitzung auf Seite der Mütter wahlweise Heiterkeit oder gequältes Lachen aus, obwohl "nur" Einfachschwangerschaften und -geburten erlebt wurden. "Das kann nur ein Mann geschrieben haben", waren sich die Frauen einig.
Studienleiter Alexandre Courtiol vom Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung erklärt, was frühere Studien problematisch macht: "Sie sagen nichts darüber, ob Mütter mit Zwillingen häufiger Kinder bekommen, weil sie besonders fruchtbar sind oder weil eine höhere Geburtenhäufigkeit die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass eine Zwillingsgeburt dabei ist." Und Erstautor Ian Rickard von der Durham University in Großbritannien sagt: "Bringt eine Mutter häufiger Kinder zur Welt, ist es wahrscheinlicher, dass eine dieser Geburten Zwillinge sind. So wie es wahrscheinlicher ist, dass man gewinnt, wenn man mehr Lotterielose kauft, oder in einen Autounfall verwickelt wird, wenn man viel Auto fährt." Unter Berücksichtigung des "Lotterielos-Effekts" stellten die Autoren fest, dass Mütter mit einer höheren Wahrscheinlichkeit für Zwillinge tatsächlich seltener ein Kind zur Welt brachten.
Zwillinge: Seltenes Phänomen, aber genauso effektiv
Immerhin ein bis drei Prozent aller Schwangerschaften sind Zwillingsschwangerschaften. Ist es nicht erstaunlich, dass angesichts der erhöhten Gesundheitsrisiken für Mütter und Kinder dieses doch eher ungewöhnliche und mit Risiken behaftete Reproduktions-Phänomen im Lauf der Evolution fortlebt? Forscher Alexandre Courtiol hat die Antwort darauf: Die Zwillingsbildung als Folge des doppelten Eisprungs, der bei älteren Gebärenden häufiger vorkommt, gleiche die reproduktive Alterung aus.
Zur Studie
Die Studie "Mothers with higher twinning propensity had lower fertility in pre-industrial Europe" können Sie hier im Original lesen.
(lfw)
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