Saurier Wie waren die Dinos wirklich?

05. April 2020, 09:09 Uhr

Dinosaurier gehören zu den beeindruckensten Lebenwesen, die je unsere Erde besiedelt haben. In vielen Kinderzimmern existieren sie heute als Miniaturen, Steven Spielberg erweckte Tyrannosurus Rex und seine Artgenossen in mehreren Filmen zum Leben. Doch wie waren sie wirklich? MDR-Wissensredakteur Karsten Möbius hat Dinosaurier-Forscher getroffen und nachgefragt, wie die Wissenschaftler die Urzeitriesen heute sehen.

Tauchen wir ein in eine Zeit vor etwa 150 Millionen Jahren. Wir befinden uns im Übergang vom Jura in die Kreidezeit. Die tektonische Platte, auf der heute Deutschland liegt, befand sich damals auf ihrer Drift nach Norden - etwa da wo heute Afrika liegt. Der Hallenser Paläontologe Dr. Oliver Wings beschreibt das Wetter und die Umgebung:

Während der Dinosaurierzeit war Deutschland ein tropisches Inselparadies mit viel Wasser und Inseln mit schönen weißen Kalksandstränden.

Dr. Oliver Wings, Paläontologe

Doch ein Urlaubsidyll war das keinesfalls. Denn obwohl der Tyrannosaurus Rex erst 80 Millionen Jahre später die Bühne betrat, wird der eine oder andere Raubsaurier schon unterwegs gewesen sein.

Haben Dinosauerier wirklich gebrüllt?

Niemand weiß, ob sich die Urzeitriesen wirklich so martialisch angehört haben wie in "Jurassic Park", oder ob sie eher piepsend, zwitschernd oder gackernd durch die Gegend gelaufen sind, wie das ihre einzigen noch lebenden Nachfahren tun: die heutigen Vögel. Prof. Christian Meyer ist Paläontologe an der Universität Basel und begründet die "Wissenslücke" so:

Es gibt gewisse Reste von Knorpeln im Halsbereich. Das Problem ist, Knorpel bleibt ganz schlecht erhalten. Damit sind wir weit davon entfernt zu wissen, welche Töne die Dinosaurier produziert haben.

Prof. Christian Meyer, Paläontologe, Uni Basel

Was wir sicher wissen ist, dass sie 160 Millionen Jahre lang die uneingeschränkten Herrscher der Welt waren. In dieser Zeit brachten sie es zu einer Artenvielfalt, die wir nur erahnen können. Inzwischen wurden etwa 1.500 bis 2.000 Arten weltweit entdeckt und bestimmt, jede Woche kommen 1 bis 2 dazu.

Wie die Natur Farben und Federn "erfand"

Offenbar waren die Dinosaurier farbiger als wir es bisher dachten. Ein Gen-Defekt hatte dafür gesorgt, dass sich die festen, glatten, hornartigen Platten der Saurier auffächerten. Damit hatte die Natur die Feder erfunden. Ausgrabungen in China brachten die ersten Saurier mit Federn zutage. Diese Neuerung hatte für die Urzeitwesen mindestens zwei Vorteile, erzählt Dr. Frank Steinheimer, Leiter der Naturwissenschaftlichen Sammlungen der Martin Luther-Universität in Halle.

Einerseits kann diese Schuppe plötzlich Luft unterlagert bekommen. Luft isoliert sehr gut. Das Tier kann also auch bei kälteren Temperaturen agiler jagen oder vor seinem Beutegreifer fliehen.

Dr. Frank Steinheimer, Paläontologe, Uni Halle

Der zweite Vorteil: Eine aufgefächerte Schuppe hat eine andere Lichtreflexion. Es zeigen sich neue Farben, Blautöne zum Beispiel. Diese Färbung machte die Dinosaurier besonders attraktiv für Artgenossen. Denn wer ein Beutetier ist und auffällig bläulich schillert, hat eigentlich schlechte Karten. Aber bei der Partnerwahl hat das einen großen Vorteil:

Wenn ich weiß, mit dieser Auffälligkeit hat dieser Partner lange Zeit überlebt, dann ist das ein genialer Partner. Der hat gute Gene, der ist total fit. Der hat sich nicht erwischen lassen.

Dr. Frank Steinheimer, Naturwissenschaftliche Sammlungen, Uni Halle

Dass Dinosaurier tatsächlich farbiger waren als die grau-grünen Gummifiguren in unseren Kinderzimmern noch vor 20 oder 30 Jahren, belegt nicht nur die Struktur der Federn. Es wurden auch eingelagerte Farbstoffe gefunden.

Unklar ist bislang noch, ob alle Dinosaurier mit einer Art Daunenfedern ausgestattet waren. Fest steht jedoch, dass die Welt damals wahrscheinlich bunter war, als wir bisher dachten.

Flink und schlau statt träge

Das Bild der dumpfen, Grünzeug mampfenden, langsamen Riesendinos, die in Tümpeln rumstehen, können wir getrost vergessen, sagt Paläontologe Prof. Christian Meyer von der Universität Basel. Es seien sehr dynamische, intelligente Tier gewesen, auch die ganz großen. Wie schnell sie sein konnten, darüber geben Fährten Auskunft. Dazu betrachten die Forscher die Beziehung zwischen Hufgröße und Hüfthöhe. Zeigt sich eine lange Schrittweite, war der Saurier offenbar schnell unterwegs. Daraus lässt sich auch schlussfolgern, ob ein Tier auf der Flucht, auf der Jagd oder einfach wandern war.

Fährten geben Auskunft über Sozialverhalten

Fährten sind auch da zu finden, wo es keine Skelette gibt. Sie sind wahrscheinlich fortgeschwemmt worden, während die Abdrücke im Sediment zurückblieben. Damit schließen sie Fundlücken und geben Auskunft über das Sozialverhalten der Urzeitriesen. Zum Beispiel waren die Jungtiere gemeinsam unterwegs. Die Abdrücke sind parallel, haben die gleiche Eindrucktiefe und die gleiche Größe. Die Erwachsenen gingen in eine andere Richtung.

Wir können das alte Märchen vom Gruppenverband auflösen und sagen: Das ist nicht wahr. Die Kleinen sind nicht in der Mitte gelaufen und die Großen außen herum um sie zu beschützen.

Prof. Christian Meyer, Uni Halle

Es sei wie heute: Wir Erwachsenen gehen in ein klassisches Konzert und die Jungen gehen in die Disco, so Meyer.

Tyrannosaurus Rex balzte wie ein Hahn

Auch das verraten die Spuren: Wie ein Sauriermännchen um die Gunst seiner Angebeteten warb. Ähnlich einem Hahn muss er gescharrt haben, um auf sich aufmerksam zu machen.

Das hat man fossil nachweisen können. Da sind normale Fußabdrücke und dann Scharrspuren, die den modernen Balzspuren eines Hahns wirklich sehr ähnlich sehen.

Prof. Christian Meyer

Es muss ein imposanter Anblick gewesen sein, wenn ein Tyrannosaurus Rex mit einer Größe von über zehn Metern und einem Gewicht von mehreren Tonnen anfing, mit seinen riesigen Klauen zu scharren. Vielleicht wedelten dabei sogar Federn an seinen kurzen Vorderläufen.

Auch zur Ernährung der Saurier gibt es neue Erkenntnisse: Lange Zeit konnte man nur an Hand der Zähne und der Art des Gebisses erahnen, was sie gefressen haben. Heute gibt es präzisere Methoden: So messen die Wissenschaftler heute Isotope, also spezielle Atomkerne in Saurierzähnen und können daraus Rückschlüsse auf die Ernährung ziehen.

Es gibt Raubsaurier, die fraßen Fische, obwohl die Form der Zähne das nicht unbedingt vermuten lässt.

Prof. Christian Meyer, Paläontologe

Dinosaurier-DNA für immer verloren?

So viel beeindruckende Details wir durch moderne Analysemethoden über das Leben der Dinos auch herausfinden - ihren Bauplan, die DNA werden wir wohl niemals entschlüsseln können, sagt Paläontologe Dr. Oliver Wings.

100 bis 200 Millionen Jahre sind einfach zu lange. Man geht davon aus, dass DNA Fragmente eine Lebensdauer von etwa 100.000 Jahren haben. Alles was darüber hinausgeht, ist mit heutiger Technik nicht zu rekonstruieren.

Dr. Oliver Wings, Paläontologe

Dass er es theoretisch noch erleben könnte, wie ein Mammut geklont und zum Leben erweckt würde, hält er für vorstellbar. Für einen Dinosaurier hält Wings das für ausgeschlossen.

Und vielleicht ist das ja auch ganz gut so. Alles hat seine Zeit. Auch die Dinosaurier. Im Kino und im Kinderzimmer sind sie gut aufgehoben. Auf einen balzenden Tyrannosaurus Rex im Garten können wir sicher gut verzichten.

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