Mücken Keine Sommergrippe: Region Leipzig-Halle stark vom West-Nil-Virus betroffen
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28. Juli 2023, 19:52 Uhr
Das ursprünglich tropische West-Nil-Virus hat sich dank Klimawandel in Deutschland etabliert. Durch Mückenstiche wird es auf Menschen übertragen, wo ein Ausbruch leicht mit einer Sommergrippe verwechselt wird.
Mitunter hat man den Mückenstich schon völlig vergessen, wenn die Erkrankung ausbricht: Zwei bis 14 Tage kann es dauern, bevor das West-Nil-Virus (WNV) zu Symptomen bei Menschen führt. Und die sind oft erstmal unspezifisch. Infizierte bekommen Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen oder fühlen sich abgeschlagen, wie bei allen möglichen Krankheiten. In den meisten Fällen ist eine solche Ansteckung mit WNV auch nicht weiter schlimm und heilt von selbst nach ein paar Tagen wieder aus.
Doch manchmal zeigt sich bei Betroffenen auch ein blasser, rötlicher Hautausschlag. Einige müssen sich erbrechen oder bekommen Durchfall. Und wenn das Virus den Hirnstamm erreicht und das zentrale Nervensystem, kann es dort manchmal lebensbedrohliche Entzündung auslösen.
West-Nil-Virus-Impfstoff: Den Prototypen gibt es, aber die klinischen Tests fehlen
Jetzt im Sommer beginnt die Saison für den durch Mücken übertragenen Erreger, der in der Vogelwelt des östlichen Deutschlands heimisch geworden ist. "Die Region Leipzig gehört zu den am stärksten betroffenen", sagt die Virologin Corinna Pietsch vom Universitätsklinikum Leipzig (UKL). Hausärzte sollten deshalb hellhörig werden, wenn sich Patienten mit einer Sommergrippe vorstellen und Proben zur Untersuchung in das Labor des UKLs einsenden.
Dabei sollten die Praxen nicht nur Blutproben nehmen und einsenden, sondern auch um Harnproben bitten. "Im Urin können wir das Virus direkt nachweisen", sagt Pietsch. Der korrekte Nachweis des Erregers kann helfen, das wahrscheinlich häufig übersehene Virus besser zu erfassen und den Pharmafirmen Anreize für die Herstellung eines Impfstoffs zu geben. Einen solchen gibt es zwar für Pferde. Am Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie in Leipzig existiert auch ein Prototyp für Menschen. Aber bislang fehlt ein Industriepartner für die nötigen klinischen Tests.
Hauptrisikogruppe für schweren Verlauf von West-Nil-Fieber: Ältere und Immunsupprimierte
Ähnlich wie die von Zecken übertragene FSME wurde auch das West-Nil-Virus im Corona-Jahr 2020 besonders häufig nachgewiesen. Am Universitätsklinikum in Leipzig haben die Ärzte damals neun Patienten mit schweren Verläufen behandelt, bei denen das Virus das zentrale Nervensystem erreicht und zu einer Entzündung geführt hatte. Eine Person starb an der Erkrankung.
Anders als bei FSME gibt es beim WNV jedoch relativ klare Anzeichen dafür, wer ein höheres Krankheitsrisiko trägt. So waren sechs der neun Patienten über sechzig Jahre alt. Drei von neun nahmen Medikamente, die das Immunsystem unterdrückten.
Bei achtzig Prozent der Menschen verläuft die Infektion hingegen vollständig ohne Symptome. Das wissen die Mediziner, weil sie das Virus bei Blutspendern nachweisen konnten, die sich vollständig gesund gefühlt hatten. Blutspenden und Schwangere, die den Erreger an ihre ungeborenen Kinder weitergeben, sind auch die einzigen beiden Wege, wie das Virus von Mensch zu Mensch springen kann.
Der Klimawandel hat die richtigen Bedingungen für das Virus geschaffen
In der Regel sind Menschen sonst eine Sackgasse für den Erreger aus der Familie der Flaviviren. In Vögeln dagegen können sie sich stark vermehren, ohne zum Problem für die Tiere zu werden. Dort und in Mücken können die Viren auch überwintern. Doch sie brauchen Wärme, um sich in den stechenden Insekten so gut zu vermehren, dass sie bei einem Stich einen Menschen anstecken können.
Deshalb vermuten Forschende, dass erst die von menschlichen CO2-Emissionen verursachte Erwärmung die Bedingungen geschaffen hat, dass das WNV sich dauerhaft in Deutschland etablieren konnte. Auf so eine Besiedlung deuten genetische Untersuchungen hin, die zeigen, dass die bei Menschen nachgewiesenen Erreger alle eng verwandt waren mit Viren, die aus Proben von Vögeln und Pferden stammen.
Höhepunkt der WNV-Saison im August
Forschende wie Corinna Pietsch betonen daher, dass auch die Überwachung des Virus in Tieren ein gutes Frühwarnzeichen für Übertragungen auf Menschen sein kann. Je mehr Infektionen bei Vögeln und Pferden nachgewiesen werden, desto wahrscheinlicher ist, dass auch Menschen sich wieder anstecken. Höhepunkt einer WNV-Saison sind in der Regel die Monate August bis Oktober.
(Dieser Beitrag wurde erstmals am 20.06.23 veröffentlicht.)
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR aktuell | 14. Juni 2023 | 21:45 Uhr
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