Weltumwelttag Plastik vermeiden - Aber wie? Und ergibt das Sinn?
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05. Juni 2021, 10:04 Uhr
Wir leben im Plastikzeitalter. Das Material ist leicht, billig, langlebig, kann jede Form annehmen und fast überall eingesetzt werden. Aber Plastik hat einen schlechten Ruf, denn es gibt eindeutige Schattenseiten: Vor allem dann, wenn das Plastik dahin kommt, wo es nicht hingehört: In die Natur, in Böden und Gewässer. Daher lautet das Motto des Welt-Umwelttages: Plastik vermeiden! Nur wie geht das? Und ist das überhaupt sinnvoll?
Nordöstlich von Hawaii, mitten im Pazifik, stößt man auf eine gewaltige und merkwürdige Insel. 4,5 Mal so groß wie Deutschland soll er sein, der Pazifische Müllstrudel. Hier ist alles aus Plastik: Flaschen, Kisten, Teile aus Fischernetzen, Deckel. Ein Problem, sagt Agostino Merico, Forscher am Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT) in Bremen:
Wir müssen unsere Meere aufräumen. Unsere Meere sind eine Sauerei! Wir wissen genau, dass all das Plastik eine Gefahr ist für marine Ökosysteme. Aber auch für die Schifffahrt ist das eine echte Herausforderung. Wir müssen also was machen.
Eine Studie des Leibniz-Zentrums hatte erst jüngst gezeigt, dass es geradezu unmöglich sein wird, die Meere wieder sauber zu bekommen. Die Forderung der Forscherinnen und Forscher und das Motto des diesjährigen Weltumwelttags lautet daher: Plastik vermeiden. Nur inwieweit geht das überhaupt? Und wie? Der Blick geht dann gerne in Richtung Verpackung. Hier kommt schließlich das meiste Plastik zum Einsatz. Ist Verpackungsfrei also die Lösung? Nicht immer, sagt Franziska Krüger vom Fachbereich Produktionsverantwortung des Umweltbundesamts in Dessau, auch aus ökologischer Sicht.
Verpackungen haben einen bestimmten Zweck, eine bestimmte Funktion. Das ist in erster Linie Produktschutz. Das Produkt selber hat immer einen größeren ökologischen Rucksack, als die Verpackung. Das heißt, es ist ganz wichtig, dass das Produkt nicht beschädigt wird oder vielleicht durch fehlende Verpackung oder nicht ausreichende Verpackung eher verdirbt, wenn es Lebensmittel sind. Das hätte immer größere negative ökologische Effekte, als das Verpackungsmaterial.
Das Produkt darf also keinen Schaden nehmen. Ist das gegeben, gibt es aber durchaus Einsparmöglichkeiten: Keine kleinen Portionsgrößen kaufen, Einweg vermeiden, wie Coffee-to-Go-Becher, Leitungswasser trinken, eigene Beutel und Mehrwegboxen und und und.
Sieht nachhaltig aus, ist es aber nicht
Ziel sollte grundsätzlich sein, Verpackung, wo es möglich ist, zu vermeiden, egal aus welchem Material. Bambus, Holz, Pappe und Glas kommen zwar häufig besonders nachhaltig daher, sind es aber nicht automatisch, sagt Franziska Krüger:
Ein anderes Material ist nicht unbedingt umweltfreundlicher. Auch die haben ihre ökologischen Rucksäcke und wenn man sich die Ökobilanzen anschaut, dann sind die eben häufig auch schlechter. Häufig ist es so, dass Kunststoff gegenüber anderen Materialien ein Umweltvorteil hat, einfach, weil er so leicht ist und eben auch sehr langlebig. Insofern ist immer die Frage: Ist es sinnvoll, Kunststoff auf Teufel komm raus durch andere Materialien zu ersetzen? Aus ökobilanzieller Sicht ist es eben meistens nicht sinnvoll.
Ein aktuelles Beispiel aus der Forschung:
Das Fraunhofer- Institut für Umwelt-, Sicherheit- und Energietechnik UMSICHT hat jüngst untersucht, welche Verpackung für Frischmilch die nachhaltigste wäre: Getränkeverbundkartons, Kunststoff-Standbeutel oder Mehrweg-Flaschen. Das Ergebnis: Mehrwegflaschen waren für die Upländer Molkerei die nachhaltigsten, aber nur unter zwei Bedingungen: Die Transportwege müssen kurz sein und die Mehrwegflasche muss mindestens 20 Mal genutzt werden. Wird sie weniger genutzt und sind die Transportwege lang, zahlen sich die Getränkeverbundkartons mehr aus fürs Klima. Sie sind leichter und müssen nicht aufwändig gereinigt werden.
Ein Manko der Ökobilanz: Der Schaden, den Plastik verursacht, wenn es in die Natur gelangt, wird hier nicht berücksichtig. Das Problem, dass achtlos Plastik im öffentlichen Raum entsorgt wird, hat in Deutschland in den vergangenen fünf Jahren sogar zugenommen.
Weiterhin sehr hohes Aufkommen von Abfällen in der Umwelt
Nicht nur ein Schaden für die Umwelt, Plastik geht so auch verloren für einen anderen nachhaltigen Weg: Recycling. Recycling-Produkte haben geradezu eine Trendwende erfahren. Wurden sie früher eher als minderwertige Produkte betrachtet, ist die Nachfrage danach mittlerweile stark gestiegen, erzählt Kristy-Barbara Lange, Sprecherin der APK in Merseburg. Die Firma hat ein neues Verfahren des Recyclings entwickelt. Damit können sie unterschiedliche Plastiksorten mit einem Lösemittel auftrennen, und noch mehr:
Wenn das Plastik gelöst ist, kann man auch bestimmte Sachen rausziehen, wie zum Beispiel Farbpigmente oder wenn noch andere Verunreinigungen drin sind, irgendwelche Additive, die dem Kunststoff zugegeben werden. Und am Ende kommen da so kleine Granulate raus und das ist das, was wir dann an unsere Kunden ausliefern und das ist das, was die dann wieder zur Verpackung ihrer Träume verarbeiten können.
Eine Königsdisziplin hat die APK in Merseburg gerade gemeistert: Recycelte Verpackung für die Kosmetikindustrie. Hier sind die Vorgaben besonders streng. Noch strenger sind sie bei Lebensmitteln. Auch diese Hürde will die APK noch meistern.
Idealerweise schaffen wir es irgendwann, recht viel von dem, was wir einsetzen, auch ein paar Mal im Kreis zu fahren. Das wäre schon eine große Erleichterung. Und es ist ganz spannend für Europa und für Deutschland und gerade auch für unsere Region. Wenn man da mal guckt, ob man die Recyclingwirtschaft und die Innovation da ordentlich ausbaut. Da ist eben auch ein Zukunftsfeld.
Die Idee: Aus einer alten Verpackung kann wieder die gleiche neue Verpackung werden. Plastik wäre dann eine wertvolle Ressource und kein Müll! Und vielleicht landet es dann auch nicht mehr achtlos einfach so in der Natur und vor der Küste von Hawaii.
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