Impfstoff, Spritze, Impfausweis
Wird ein an BA.1 angepasster Booster-Impfstoff im Herbst noch aktuell genug sein? Schon jetzt zeigen Daten, dass BA.4 und BA.5 der Immunantwort weiter ausweichen können. Bildrechte: IMAGO/Bihlmayerfotografie

Sars-CoV-2 Was bringt ein Omikron-Booster? Biontech: BA.1-Durchbruch hilft kaum gegen BA.5

13. Juni 2022, 15:01 Uhr

An Omikron angepasste Booster-Impfungen könnten Infektionen mit neuen Virusvarianten kaum verhindern, glauben Experten. Biontech-Daten zeigen, Geimpfte mit BA.1 Durchbruch haben nur wenig Antikörper gegen BA.4 und BA.5.

Experten beurteilen die von Moderna vergangene Woche per Pressemitteilung veröffentlichten Daten zu dem an Omikron angepassten Impfstoff verhalten optimistisch. "Durch einen Booster mit dem bivalenten Impfstoff werden im Vergleich zum herkömmlichen Vakzin knapp doppelt so hohe Antikörperwerte gegen die Omikron-Variante erzielt", sagt etwa Sebastian Ulbert, leitender Immunologe am Fraunhofer Institut für Immunologie und Zelltherapie (IZI) in Leipzig. "Dies ist ein Hinweis darauf, dass die Anpassung des Impfstoffs an die Omikron-Variante auch wirklich zu einer Omikron-spezifischeren Immunantwort führt."

Schutz vor Ansteckung durch Omikron-Booster: Wahrscheinlich kurzfristig und schwach

Strittig ist unter den Expertinnen und Experten allerdings, wie stark der Schutz durch einen Omikron-Booster ist und wie lang er anhält. Dazu hatte Moderna noch keine Angaben machen können, da die ersten Versuchspersonen erst vor kurzem mit dem angepassten Impfstoff geimpft wurden.

Wie schon bei der bisherigen Impfung könnte der Schutz vor einer Ansteckung mit Symptomen wieder nur relativ kurz anhalten, erwartet Andreas Radbruch, wissenschaftlicher Direktor am Deutschen Rheuma-Forschungszentrum in Berlin. So habe Moderna in seiner Mitteilung zwar von großen Mengen Omikron-spezifischer IgG Antikörper im Blut gesprochen. "Der Schutz vor einer Infektion hängt aber davon ab, ob auf den Atemwegen neutralisierende Antikörper sind. Das sind vorwiegend IgA-Antikörper", sagte er.

Diese IgA-Antikörper würden nach einer Impfung mit angepassten mRNA-Impfstoffen wieder wahrscheinlich nur relativ kurze Zeit hergestellt und zu den Schleimhäuten transportiert, wo sie Ansteckungen verhindern könnten. "Da der neue Impfstoff also prinzipiell gleich arbeitet wie der alte, ist hier keine Verbesserung zu erwarten. Der Schutz vor Infektion wird ähnlich gering und kurzfristig sein", so Radbruch. Dieser kurzfristige Schutz könne aber trotzdem helfen, eine Herbst-Welle abzuflachen und das Gesundheitssystem zu entlasten, daher hätten angepasste Booster-Impfstoffe durchaus einen Sinn.

Biontech: BA.1 Durchbruch bringt kaum zusätzliche Antikörper gegen BA.4 und BA.5

Eine andere Frage ist, ob ein Omikron-Booster den Schutz vor schwerer Erkrankung erhöht, oder ob das Virus bis Herbst so stark weiter mutiert ist, dass ein BA.1-spezifischer Booster bereits wieder veraltet ist. Dass das tatsächlich der Fall sein könnte, darauf deutet eine neue Studie von Biontech-Forschenden hin, die im Fachjournal Science Immunology erschienen ist. Demnach gewannen zweifach und dreifach mit Biontech/Pfizer Geimpfte durch eine Durchbruchsinfektion mit Omikron BA.1 kaum zusätzliche neutralisierende Antikörper gegen BA.4 und BA.5 hinzu.

Der Impfdurchbruch führte zwar zu einem Wachstum an Antikörpern gegen alle vorherigen Varianten inklusive BA.1. Doch gegenüber den neuen Linien BA.4 und BA.5 waren die Werte ähnlich niedrig, wie bei dreifach Geimpften ohne Impfdurchbruch. Die Werte waren etwa sechsfach geringer als gegen das ursprüngliche Wuhan-Virus.

Die Forschenden um Jasmin Quandt nehmen bestimmte Immun-Mechanismen als Ursache dafür an. So werden bei einem Impfdurchbruch solche Antikörper gestärkt, die sich gegen Regionen des Virus richten, die sich zwischen den Varianten nicht verändert haben. Es kommt aber seltener zur Bildung völlig neuer B-Zellen, die Antikörper produzieren. Treten dann neue Varianten auf, bei denen sich die bislang erhaltenen Regionen verändert haben, greifen auch diese Antikörper schlechter.

Schutz vor schwerer Erkrankung weiterhin gegeben

Sebastian Ulbert wäre nicht überrascht, wenn die Virusevolution weiterhin schneller ist als die Impfstoffentwicklung. "Wenn ein Virus wie Sars-CoV-2 pandemisch zirkuliert, wird man bei der Impfstoffentwicklung immer hinterherhinken, selbst mit flexiblen Technologien wie der mRNA-Impfung. Wichtig ist, dass man die relevanten Virusvarianten kennt und die Wirksamkeit der verfügbaren Impfstoffe konstant überprüft", sagt er.

Was den Schutz davor angeht, mit Covid-19 auf einer Intensivstation behandelt werden zu müssen, ist er weiterhin optimistisch. "Die Erfahrungen mit den bisherigen Impfstoffen gegen das Virus zeigen, dass der Schutz vor schwerer Erkrankung sehr robust gegenüber den Virusvarianten ist."

Auch Andreas Radbruch erwartet, dass die Impfung auch gegen neue Viruslinien sinnvoll ist. Er fragt sich allerdings, ob der Impfstoff dafür an Omikron angepasst werden muss: "Der Schutz vor schwerer Erkrankung wird weiterhin sehr gut sein, ob er bei dem binären Impfstoff besser sein wird, wird die Zeit zeigen, es wäre aber nicht überraschend, wenn er auch nicht besser wäre."

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