Cäsium-137 Viele Pilze auch 36 Jahre nach Tschernobyl noch radioaktiv belastet
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03. April 2024, 16:19 Uhr
Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) warnt auch in diesem Jahr zu Beginn der Pilzsaison. Viele Speisepilze in deutschen Wäldern sind immer noch durch Radioaktivität aus der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl belastet.
Beim Gang in die Pilze sollten Sammler auch über 36 Jahre nach der Reaktorexplosion im Kernkraftwerk Tschernobyl vorsichtig sein. Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) warnt: viele wild wachsende Pilze in Deutschland sind immer noch mit dem radioaktiven Stoff Cäsium-137 belastet, der in Folge der Katastrophe quer über Europa verteilt wurde.
Semmelstoppelpilze hoch belastet – Champignon nicht
Für Pilze, die im Handel verkauft werden, gilt ein Grenzwert von 600 Becquerel Cäsium-137 pro Kilogramm. Wildpilze dagegen können laut dem Pilzbericht des BfS vor allem in bestimmten Regionen in Deutschland deutlich höhere Cäsiumwerte aufweisen. Betroffen davon ist vor allem Bayern und hier der Bayerische Wald, der Alpenrand und das Donaumoos nahe Ingolstadt.
In den Jahren 2019 bis 2021 wurden in Semmelstoppelpilzen und Rotbraunen Semmelstoppelpilzen Werte von über 4.000 Becquerel Cäsium-137 pro Kilogramm gemessen. Bei verschiedenen Schnecklingsarten und weiteren Speisepilzen wurden Werte von über 1.000 Becquerel pro Kilogramm erreicht. Es gab auch nicht belastete Arten. Kulturpilze, die gezüchtet werden, etwa Champignons und Austernseitlinge, wurden für den Bericht nicht untersucht. Sie sind kaum belastet, vergleichbar mit anderen Produkten der Landwirtschaft.
Pilzarten | |
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Sehr starke Belastung (über 4000 Bq.) | Semmelstoppelpilze, Rotbraune Semmelstoppelpilze |
Starke Belastung (unter 1000 Bq.) | Schnecklingsarten, Violette Lacktrichterlinge, Seidige Ritterlinge, Rotbraune Scheidenstreiflinge, Ockertäublinge, Mohrenkopfmilchlinge, Maronenröhrlinge, Gemeine Rotfußröhrlinge, Gelbstielige Trompetenpfifferlinge |
Unbedenkliche Pilzarten | Beutelstäubling, Birnenstäubling, Blutender Waldchampignon, Blutroter Filzröhrling, Brauner Riesenscheidenstreifling, Braunroter Ledertäubling, Braunschuppiger Riesenchampignon, Faltentintling, Hasenröhrling, Honiggelber Hallimasch, Judasohr, Kurzstieliger Weichritterling, Mönchskopf, Riesenporling, Safran-Riesenschirmling, Schiefknolliger Anischampignon, Schopftintling, Schwarzblauender Röhrling, Sternschuppiger Riesenschirmling, Weißer Büschelrasling, Würziger Tellerling, Zitterzahn, Zweifarbiger Lacktrichterling und Zweifarbiger Scheidenstreifling |
Gefahr hängt von der Menge der verzehrten Pilze ab
Die Experten des BfS wiesen zudem darauf hin, dass eine Gefahr für Menschen auch von der Menge an Pilzen abhängt, die jemand isst. Wer einmalig im Wald Pilze sammeln geht und danach ein Pilzrisotto kocht, geht ein relativ geringes Risiko ein. Wer dagegen pro Woche 200 Gramm mit 2.000 Becquerel Cäsium-137 pro Kilogramm belastete Pilze esse, werde in ungefähr so stark bestrahlt, als ob er 20 Mal von Frankfurt nach Gran Canaria fliege, so die Mitteilung des BfS. Diese Strahlenmenge entspreche 0,27 Millisievert. Cäsium wird über den Magen-Darm-Trakt aufgenommen, im Körper verteilt, nach einiger Zeit aber größtenteils wieder ausgeschieden.
Cäsium-137 hat eine Halbwertszeit von 30 Jahren. Das bedeutet, dass die Strahlenbelastung seit 1986 um etwas mehr als die Hälfte nachgelassen hat. An der geographischen Verteilung der Belastung habe sich dagegen laut BfS kaum etwas verändert. Der radioaktive Stoff ist in Bodenschichten eingedrungen und wird nun durch die Fäden der Pilze und Pflanzenwurzeln immer wieder an die Oberfläche gebracht.
Links/Studien
- Kabai, Hamer, Steiner: Radioaktive Kontamination von Speisepilzen, (Stand: 2022, Messwerte 2019 bis 2021), Bundesamt für Strahlenschutz (BfS)
(ens)