Geothermie Studie: In Deutschlands Böden schlummert mehr Erdwärme als gedacht
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03. Dezember 2022, 12:00 Uhr
Das GeoForschungsZentrum (GFZ) Potsdam hat alle verfügbaren Wärmestrom-Daten für Deutschland ausgewertet. Ergebnis: Viele Daten sind veraltet, das Potenzial ist in Wahrheit wohl um etwa 20 Prozent größer.
Deutschlands Geothermie-Reserven sind höher als gedacht. Statt 65 Milliwatt pro Quadratmeter schlummern etwa 20 Prozent mehr, nämlich im Schnitt 78 Milliwatt pro Quadratmeter unter Deutschlands Böden. Zu diesem Schluss kommt eine dreiköpfige Forschungsgruppe des GFZ Potsdam in einer neuen Studie.
78 Milliwatt pro Quadratmeter. Das klingt allein wegen des Präfixes "milli" erst einmal wenig. Aber wenn man das auf Deutschlands Gesamtfläche von 357.588 km² hochrechnet, kommt man auf ein rechnerisches bzw. theoretisches Potenzial von fast 28 Gigawatt für das ganze Land.
Sven Fuchs, Andrea Förster und Ben Norden haben in ihrer Studie alle verfügbaren Wärmestrom-Daten für Deutschland ausgewertet und qualitätsgeprüft. Es zeigte sich, dass viele Altdaten unsicher sind und daher neue Daten erhoben werden müssen. Die Gruppe hat deshalb neue Karten erstellt und aufgezeigt, dass der Wärmestrom im Durchschnitt 20 Prozent höher ist als bisher angenommen.
Viele Altdaten unbrauchbar, neue Datenbank
Wenn man grundlegende wissenschaftliche Kriterien zur Dokumentation und methodischen Qualität ganz strikt anwende, sei eine weitere Nutzung der meisten Altdaten auszuschließen, sagen die GFZ-Forscher. Deshalb gebe es großen Bedarf an neuen, qualitativ hochwertigen Wärmestrom-Daten.
Das Team hat eine Datenbank erstellt, die alle Wärmestrom-Daten für Deutschland enthält. Diese umfasst aktuell Daten von 595 Standorten, wovon aber eben nur 121 Standorte für die zukünftige Verwendung empfehlenswert seien.
Die folgende interaktive Karte zeigt alle vom GFZ Potsdam als qualitativ gut bewerteten Messpunkte. Wenn Sie auf einen Datenpunkt klicken, wird Ihnen die dort "schlummernde" Wärmestrom-Dichte angezeigt.
Große Lücken im aktualisierten Messnetz klaffen vor allem in einem breiten Gürtel, der von Berlin, über das südliche Brandenburg, das östliche Sachsen-Anhalt und Thüringen bis nach Hessen und Bayern reicht – sowie in einem großen Gebiet im Nordwesten der Republik.
"Angesichts der drastisch gestiegenen Nachfrage, den Untergrund für verschiedene Geoenergie-Anwendungen zu nutzen, müssen wir diese großen Datenlücken in Deutschland möglichst schnell schließen", sagt Studienleiter Sven Fuchs. Um neue Wärmestrom-Daten in Regionen ohne Daten bereitzustellen, bereitet das GFZ-Team nun eine neue Wärmestrom-Messkampagne für ganz Deutschland vor. Diese soll es ermöglichen, die Karte weiter auszufüllen, die Analyse des unterirdischen Temperatur- und Wärmestromfeldes zu verstärken und somit noch vertrauenswürdigere Daten zu berechnen.
Erzgebirge und Vogtland am dichtesten ausgebaut
Die höchste Dichte an qualitativ guten Messpunkten gibt es bislang im Erzgebirge und im Vogtland, wo allein 22 der insgesamt 121 brauchbaren deutschen Standorte beheimatet sind. Die mittlere Wärmestrom-Dichte in dieser Region liegt dabei leicht über dem errechneten Durchschnitt für ganz Deutschland. Großflächig größeres Energiepotenzial in Regionen mit einem ausreichend dichten Messpunktenetz gibt es laut Studie nur tief im Süden Deutschlands: im Schwarzwald und am Alpennordrand.
Links/Studien
Die Studie "Evaluation of the terrestrial heat flow in Germany: A case study for the reassessment of global continental heat-flow data" ist im Fachmagazin "Earth Science Reviews" erschienen
(rr)