Glyphosat & Co. Unkrautvernichter sind "Nährboden" für multiresistene Keime
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16. Februar 2021, 22:00 Uhr
Unkrautvernichter wie Glyphosat sind nicht zu unterschätzen. Eine Studie ergab jetzt: Sie begünstigen auch das Wachstum multiresistenter Keime. Und die kann nun wirklich niemand gebrauchen.
Wenn man es sich genau überlegt, ist der Kreislauf schon in der Massentierhaltung ziemlich absurd: Durch schlechte Haltungsbedingungen erkranken Rind, Schwein und Co. an Infektionskrankheiten. Statt die Bedingungen zu verbessern, versucht der Mensch mit der Gabe von Antibiotika gegenzusteuern. Das passiert häufig über einen langen Zeitraum und oft sogar rein vorsorglich. Perfekt für Keime, Resistenzen gegen die Medikamente zu entwickeln. Diese Bakterien, gegen die kein Antibiotikum mehr hilft, schaden nicht nur dem Tier, sondern gelangen, beispielsweise durch Abwässer, in die Umwelt und zum Menschen. Auch zu denen, die lieber nicht zum Billigfleisch in der Kühltheke greifen.
Neue Quelle für multiresistente Keime
Soweit nichts Neues. Massentierhaltung ist aber nicht die einzige Quelle für multiresistente Keime. Das zeigt aktuelle Forschung der Universität York in Großbritannien. Solche unerwünschten Bakterien können auch aus dem Boden emporsteigen - sozusagen. Dazu tragen Unkrautvernichtungsmittel bei, im Beispiel der vorliegende Studie das umstrittene Herbizid Glyphosat - besser bekannt unter seinem Markennamen Roundup - sowie Glufosinat und Dicamba.
Für ein stabiles Ökosystem im Boden sind die sowieso nicht gesund und können, auch wenn sie es eigentlich nur auf Un- bzw. Beikraut abgesehen haben, Bodenmikroben und Pilze schädigen. Aber eben nicht nur das: Das Forschungsteam aus Großbritannien und China hat anhand von Boden-Mikrokosmen entdeckt, dass Herbizide die Häufigkeit von Bakterien im Boden erhöhen, die Antibiotikaresistenz-Gene in sich trugen.
Was für ein Wort. Aber warum nun? Mutationen gibt es nicht nur - wie derzeit vielfach in der Öffentlichkeit besprochen - bei Viren, sondern auch bei Bakterien. Bestimmte Veränderungen am Bakterium begünstigen das Wachstum in Gegenwart von Unkrautvernichtungsmitteln. Wie die Forschenden beobachtet haben, sind das die Mutationen, die auch die Toleranz gegenüber Antibiotika erhöhen.
Schon kleine Mengen Herbizid genügen für Bodenveränderungen
Dieses Muster bestätigte sich auch beim "Feldtest" in elf chinesischen Provinzen. Auf landwirtschaftlichen Flächen, auf denen vermehrt Herbizide angewendet wurden, wurde eine erhöhte Mengen an Antibiotikaresistenz-Genen festgestellt. Das Team kommt außerdem zu dem Schluss, das bereits sehr geringe Herbizidspiegel ausreichen, die Zusammensetzung der Bakterien im Boden deutlich zu verändern. Ein Fakt, der derzeit übersehen werde, so die Forschenden. Die Resistenzgene könnten sich zudem leicht zwischen Umgebungen und landwirtschaftlichen Flächen bewegen, weshalb sie eine bedeutende Quelle für Resistenzgene sein könnten. Eine Quelle, auf die man - wie auf alle Bakterienquellen, gegen die, pardon, kein Kraut mehr gewachsen ist - aus gesundheitlichen Gründen für Mensch und Umwelt besser verzichten sollte.
Die Forschenden empfehlen jetzt, die Auswirkungen von Herbiziden auf mikrobielle Gemeinschaften neu zu bewerten. Bis es soweit ist, können wir ja im Schrebergärtchen schon mal anfangen. Auch wenn es anstrengender ist: ein bisschen Hacken (oder Roboter!) statt Chemie tut’s auch - und wahrscheinlich braucht man am Ende sogar weniger Dünger.
flo
Link zur Studie
Die Studie Herbicide selection promotes antibiotic resistance in soil microbiomes ist im Fachjourmal Molecular Biology and Evolution erschienen.
DOI: 10.1093/molbev/msab029
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