Kraniche fliegen am Kyffhäuser vorbei
Kraniche am Kyffhäuser. Das Barbarossa-Denkmal ist gut zu erkennen. Bildrechte: IMAGO / Bild13

Vogelzug Grus grus: Wenn der Himmel voller Kraniche ist

21. Oktober 2022, 13:28 Uhr

Jedes Jahr im Herbst ziehen zehntausende Kraniche in den Süden. Auch in Sachsen-Anhalt und Thüringen machen sie Zwischenstopp. An diesem Wochenende können Sie sie am Stausee Kelbra beobachten.

Ende Oktober bis Mitte November – das ist die Zeit des Kranichzuges. In riesigen Keilformationen sind die großen grauen Vögel (lateinisch Grus grus) mit rund zwei Metern Flügelspannweite am Himmel zu sehen. Auch nachts sind die Tiere unterwegs – dann sind ihre trompetenden Rufe besonders weit hörbar.

Vor dem großen Aufbruch Mitte der Woche rasteten laut dem Naturschutzbund (Nabu) 150.000 Kraniche in Norddeutschland. Von dort machen sie sich seit dem 19. Oktober auf den Weg Richtung Süden. Eine der Zugrouten führt über Sachsen-Anhalt und Thüringen. Der Naturpark Kyffhäuser lädt deshalb an diesem Wochenende zur Kranich-Beobachtung. Am Sonnabend (22.10.) und Sonntag (23.10.) ab 15 Uhr beginnt in Kelbra, am Parkplatz an der Rezeption am Stausee, die Kranich-Tour.

In manchen Jahren kommen bis zu 50.000 Tiere hier vorbei. Die Nacht verbringen die Vögel im Wasser. Geschützt vor Fressfeinden wie dem Fuchs. Das macht den Stausee für die Kraniche so attraktiv. Am Tag geht es auf Futtersuche. Die oft mehr als einen Meter großen Vögel fressen zwar auch mal kleine Insekten und Würmer, sagte Nabu-Vogelexperte Stefan Bosch der Nachrichtenagentur "dpa". "Sie sind aber eher vegetarisch unterwegs." So plünderten sie das, was auf den Äckern nach der Ernte noch übrig ist, wie Getreide- oder Kartoffelreste.

Kraniche sind eher vegetarisch unterwegs.

Stefan Bosch, Nabu-Vogelexperte

Der Wind trägt die Tiere nach Süden

Ob in diesem Jahr allerdings wirklich so viele Tiere den Zwischenstopp am Stausee in Klebra einlegen, ist noch nicht ganz klar. Der Nabu berichtet auf seinem Kranich-Blog von derzeit sehr guten Windbedingungen, weswegen es offenbar "keinen Grund für eine Zwischenrast etwa am Helmestausee bei Kelbra" gebe.

Stausee Kelbra Der Helmestausee (auch Stausee Kelbra/Talsperre Kelbra) liegt in der Goldenen Aue im Norden des Naturparks Kyffhäuser. Er ist max. 3,5 Meter tief und rund 600 ha groß. Bei Hochwasser kann sich die Fläche verdoppeln. Mitte der 1990er-Jahre zählte das Landesumweltamt gut 2.000 Kraniche, die dort auf dem Weg in die Winterquartiere rasteten. Im Jahr 2000 waren es bereits über 10.000. Heute gilt der Stausee als der bedeutendste Vogelrastplatz in Mitteldeutschland.

Kraniche vor Abendhimmel
Wenn die Kraniche abends und nachts ziehen, sind ihre trompetenden Rufe schon von weitem zu hören. Bildrechte: IMAGO / Bild13

Nicht alle Tieren ziehen weiter

Forscher beobachten bereits seit Jahren, dass sich das Zugverhalten der Tiere verändert. Eine Entwicklung, die auch Prof. Dr. Hartwig Prange aus Halle kennt. Prange forscht seit 50 Jahren zum Kranich. Die Zugwege, sagte der emeritierte Forscher MDR WISSEN bereits vor einigen Jahren, werden kürzer und verlagern sich nach Norden.

In Frankreich haben vor 40 Jahren vielleicht 5.000 überwintert, heute 100.000. In Deutschland in milden Wintern bis 20.000.

Prof. em. Hartwig Prange, Uni Halle

Das, so Prange, liege einfach daran, dass wir weniger Kälte, weniger Schnee haben und auf den Feldern genug Futter vorhanden sei. Auch das Brutverhalten hat sich geändert. In Deutschland brüten nach Angaben von Stefan Bosch etwa 8.000 Paare - vor allem in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein in Bruchwäldern und Mooren. Das sei ein großer Erfolg, sagte er. 1972 habe es gerade einmal 17 Brutpaare in Deutschland gegeben. Danach hätten Menschen Kraniche weniger verfolgt und Moore wieder verwässert. Der Kranich gilt daher aktuell hierzulande als nicht gefährdet.

dpa/nabu/gp

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | Thüringen Journal | 20. Oktober 2022 | 19:25 Uhr

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