Genetik Wie der Hund zu seiner Fellfarbe kommt

17. August 2021, 20:07 Uhr

Forscher haben sich schon lange gefragt, wie Hunde ihre Fellfarbe vererben. Bisher blieb ihnen die Antwort vor lauter Haaren verwehrt, doch das ändert sich nun: Ein internationales Forscherteam hat herausgefunden, dass helle Farbmuster von einem inzwischen ausgestorbenen Verwandten des Wolfes stammen, der vor zwei Millionen Jahren lebte.

Ob im Park, im eigenen Haushalt, bei Freunden oder Verwandten, irgendwo findet man sie immer: Hunde. Manche sind groß, andere klein. Ob wir sie schön finden, das entscheidet oft ihr Fell. Gepflegtes Hundefell hat natürlich seine Pluspunkte, doch ist es nicht eher die Fellfarbe, für die wir Bewunderung aufbringen?

Aber wie kommt der Hund zu seiner Fellfarbe? Dieser Frage sind Wissenschaftler der Universität Bern, der University of California Davis, des Hudson Alpha Instituts (Huntsville, USA) und der Standford University nachgegangen. Ihr Ergebnis: Polarwölfe und Hunde mit heller Fellfarbe tragen ein Gen in sich, dass von einer ausgestorbenen Spezies stammt und zwei Millionen Jahre alt ist.

Hund putzt Zähne mit Stock
Das Fell dieses Hundes wurde durch die vielen Phänomelanin-Pigmente hell gefärbt. Bildrechte: imago images/ YAY Images

Was man bisher annahm

In bisherigen Studien gingen Wissenschaftler von vier verschiedenen Farbmustern bei Haushunden aus. Die Auswertungen von verschiedenen Gentests lieferten aber widersprüchliche Ergebnisse. Das machte auch Tosso Leeb vom Institut für Genetik an der Universität Bern stutzig:

Uns war daher von Anfang an klar, dass es sich bei den ursächlichen Genvarianten für die verschiedenen Farben um sogenannte regulatorische Varianten handeln musste, die dafür sorgen, dass mehr oder weniger Agouti Signalprotein gebildet wird.

Tosso Leeb, Institut für Genetik an der Universität Bern

Ein Herdenhund
Das Fell dieses Herdenhundes ist besonders hell, womit er sich besser an eine helle Umgebung anpassen kann. Praktisch, wenn er sich zwischen einer Schafherde befindet! Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Darum färbt sich das Hundefell

Bevor wir zum Signalprotein Agouti kommen: Sowohl Hunde als auch Wölfe besitzen zwei Arten von Pigmenten, durch deren genaue Streuung Farbe ins Tierfell gelangt. Je nach Zeitpunkt und Körperregion können dadurch sehr verschiedene Farbtöne entstehen. Bei den Pigmenten handelt es sich um das schwarze Eumelanin und das gelbe Phäomelanin.

Phäomelanin wird von den pigmentbildenden Zellen dann gebildet, sobald das Agouti Signalprotein an einer bestimmten Körperregion vorhanden ist. Wenn aber kein Agouti vorhanden ist, bildet sich Eumelanin und das Fell färbt sich dunkel. 

Jetzt fragen Sie sich vielleicht, warum das wichtig ist. Nun, durch das Agouti ist es den Zellen erst möglich, eine bestimmte Fellmusterung auszulösen. Besonders bei Wildtieren ist dies essenziell, denn je nach Fellfärbung ist das eine Tier besser getarnt als das andere. Stellen sie sich nur mal einen schwarzen Schneefuchs vor – der würde doch nie irgendwelche Beute fangen können. Man sähe ihn im Weiß des Schnees und des Himmels schon von Weitem ankommen.

Ein schwarzer und ein brauner Hund spielen im Schnee mit einem Stock
Welche Farbe das Fell eines Hundes bekommt, liegt an der Menge von Agouti Signalproteinen, die ausgeschüttet werden. Beim linken Hund wurden kaum welche oder keine ausgeschüttet, weswegen sein Fell einen hohen Eumelanin-Anteil hat. Das Fell des rechten Hundes besitzt viel Phäomelanin und ist deswegen heller. Bildrechte: Colourbox.de

Biologie und Genetik

Damit sich das Signalprotein Agouti im Bauch des Hundes bildet, braucht es einen sogenannten Promoter in seinen Gensequenzen. Dieser Promoter ist ein essenziellen Bestandteil der Gene. Beim Agouti-Gen wird er ventraler Promoter genannt, von dem es zwei verschiedene Varianten gibt: Die eine Variante sorgt dafür, dass eine normale Menge des Agouti Signalproteins produziert wird, die andere Variante bewirkt dagegen eine gesteigerte Produktion des Proteins.

Dadurch könnten schon mal zwei Farbmuster entstehen. Bisher ging man von vier Farbmustern aus. Tatsächlich sind es aber fünf Farbmuster, da die Forscher drei verschiedene Varianten des Haarzyklus-spezifischen Promoters gefunden haben. Durch diesen Haarzyklus-spezifischen Promoter können einzelne Haare mehrfarbig erscheinen.

Die Lehrbücher müssen also umgeschrieben werden, da es nicht wie bisher angenommen vier, sondern sogar fünf verschiedene Farbmuster bei Hunden gibt.

Tosso Leeb, Institut für Genetik an der Universität Bern

Farbvererbung bei Hunden und Wölfen

Nachdem die Forscher diese fünf Varianten bei Hunden gefunden haben, haben sie sich die Gensequenzen von Wölfen genauer angeschaut. Das Ergebnis: Bereits vor 40.000 Jahren – also vor der Domestizierung des Hundes – hat man diese Varianten bei Wölfen aus verschiedenen Regionen der Welt gefunden.

Ein Wolf in einem herbstlichen Wald
Die Gensequenzen für helles Fell sind älter als der europäische Wolf. Bildrechte: colourbox

Und auch bei anderen hundeartigen Tierarten wie Füchsen, Schakalen und Kojoten hat sich gezeigt, dass die überaktive Variante des Haarzyklus-spezifischen Promoters vorhanden ist. Diese Gensequenz weist einen höheren Verwandtschaftsgrad mit Kojoten oder Goldschakalen auf, als mit dem grauen europäischen Wolf.

Dies lässt sich nur so erklären, dass diese Variante bereits vor mindestens zwei Millionen Jahren in einem inzwischen ausgestorbenen Verwandten von Wölfen entstanden sein muss.

Tosso Leeb, Institut für Genetik an der Universität Bern

Seit zwei Millionen Jahren lebt die Gensequenz also durch natürliche Kreuzung bis heute fort, obwohl der nächste Verwandte des Wolfs bereits ausgestorben ist. Wenn Sie das nächste Mal einem hellen Hund begegnen – oder, was vermutlich äußerst selten vorkommt, einem weißen Polarwolf –, dann wissen Sie jetzt: Dieses Tier trägt uralte Gensequenzen in sich.

Zur Studie

Die Studie „Dog color patterns explained by modular promoters of ancient canid origin“ (engl. Farbmuster von Hunden durch modulare Promotoren alter Caniden erklärt) wurde im Fachmagazin Nature Ecology and Evolution am 12. August 2021 veröffentlicht.

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