Betrugsvorwürfe Umweltbundesamt will deutsche Klimaprojekte in China stoppen
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17. September 2024, 11:00 Uhr
Die Affäre um ein Betrugssystem in China, in das auch deutsche Firmen involviert sind, weitet sich aus: Das Umweltbundesamt spricht nun von 45 Klimaprojekten, die rückabgewickelt werden sollen. Aber schon jetzt könnte ein Schaden durch nicht mehr rückholbare Klima-Zertifikate im Wert von etwa 500 Millionen Euro entstanden sein.
Im Zusammenhang mit mutmaßlichen Betrugsfällen in China will das Umweltbundesamt (UBA) 45 Klimaprojekte stoppen. "Unser Ziel ist es, alle 45 verdächtigen China-Projekte rückabzuwickeln", erklärte UBA-Leiter Dirk Messner. "Wir gehen nicht davon aus, dass ein erheblicher oder auch nur ein kleinerer Teil dieser 45 Projekte in Ordnung sein könnte", sagte Messner. Die Projekte stünden unter einem "sehr starken Betrugsverdacht". Es handele sich vermutlich um ein "Täuschungsvertragssystem", bei dem Projekte angemeldet werden, die nicht die angegebenen Voraussetzungen – etwa zur Reduktion von Treibhausgasen – erfüllen würden, hieß es zur Erläuterung.
Seine Behörde habe mittlerweile 56 Klima-Projekte in China gründlich untersucht und könne diese Zwischenbilanz vorweisen, erklärte Messner. Die Ermittlungen, an denen die Staatsanwaltschaft Berlin und eine internationale Anwaltskanzlei beteiligt sind, würden weitergehen. Auch das ZDF-Format "Frontal" hatte in der vergangenen Woche unter Berufung auf den vom UBA beauftragten Anwalt Christian Schefold über die Dimension berichtet.
Mindestens 45 von 66 China-Projekten unter Betrugsverdacht
Hintergrund der schon seit Wochen andauernden Überprüfungen ist ein mutmaßliches Betrugsgeflecht im Zusammenhang mit Klima-Projekten in China. Wie im Juni bekannt geworden war, haben sich deutsche Mineralölkonzerne möglicherweise einen Beitrag auf ihre CO2-Bilanzen anrechnen lassen, der auf Klimaschutz-Projekte zurückging, die aber laut UBA auf Basis von Betrug zustande gekommen sein könnten. Mittlerweile stünden mindestens 45 von 66 Projekten in China unter Verdacht, Unregelmäßigkeiten aufzuweisen.
In einem Bericht des Bundesumweltministeriums vom Juli dieses Jahres war zunächst von 69 Projekten die Rede. Diese Zahl sei aber nicht korrekt, es handele sich um insgesamt 66 Projekte in China und 75 Projekte weltweit, die das UBA derzeit überprüfe, wie ein Sprecher gegenüber der Deutschen Presseagentur (dpa) klarstellte. Messner erklärte, dass die 45 Projekte Klima-Zertifikate im Wert von insgesamt sechs Millionen Tonnen CO2-Äquivalente umfassen. Das entspräche nach UBA-Angaben einem Marktwert von 1,5 Milliarden Euro. Nur vier dieser sechs Millionen Tonnen, die sich Firmen auf Basis dieser Projekte zum Teil schon auf ihre Klima-Bilanz haben anrechnen lassen, könnten aber rückabgewickelt und gerettet werden. Folglich wäre, bezogen auf die ausgestellten Zertifikate, durch den Betrug bislang ein materieller Schaden von ungefähr 500 Millionen Euro entstanden.
Gegen Kritik am mangelnden Tempo der Aufarbeitung verteidigt sich das Umweltbundesamt. Laut UBA gab es im September 2023 erste Hinweise auf Einzelfälle, denen die Behörde nachgegangen sei. Dabei habe erst "Aussage gegen Aussage" gestanden, die "anonymen Hinweisgeber" seien nicht von Anfang an vertrauenswürdig gewesen. Konkretere Daten zu verdächtigen Firmen und Einzelpersonen nannte das UBA mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen bislang nicht.
(rr / dpa)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 06. September 2024 | 21:40 Uhr
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