Fluidect Neuartiger Biosensor aus Jena: Pathogene und Keime in Echtzeit ermitteln
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18. Dezember 2023, 13:27 Uhr
Trinkwasser und Lebensmittel werden regelmäßig auf Pathogene und Keime untersucht, aber die Kontrollen sind umständlich. Häufig liegt ein Ergebnis erst mehrere Tage im Nachgang vor. Bei Legionellen beispielsweise erst sieben bis zehn Tage später. Ein neuer Biosensor aus Jena könnte das verändern und wird von der Bundesagentur für Sprunginnovationen gefördert.
Keime im Trinkwasser oder in Lebensmitteln können ein Problem für unsere Gesundheit sein. Deshalb gibt es für beides umfassende Kontrollsysteme. Proben werden entnommen und im Labor ausgewertet. "Das bedeutet dann bei Trinkwasser in der Regel, man filtert 100 Milliliter Wasser, drückt dann den Filter auf eine Petrischale mit Nährmedium und sieht dann nach, was dort so wächst", erklärt Tobias Schröter vom Unternehmen FluIDect. Dieses Verfahren ist üblich, aber die Ergebnisse kommen erst mit einer gewissen Verzögerung. Bei Legionellen beispielsweise dauere es sieben bis zehn Tage, bis ein Nachweis erfolgt.
Schröter und sein Team wollen diesen Prozess beschleunigen und haben ein System entwickelt, das auf sogenannte µBeads, also Mikro-Beads setzt. "Mikrobeads sind mikroskopisch kleine Sensoren, die sich in der jeweiligen Flüssigkeit frei bewegen", erklärt Schröter. Die Oberfläche dieser Beads könne man mithilfe von Antikörpern so funktionalisieren, dass sie lediglich an bestimmte Ziele anbinden, beispielsweise Legionellen.
Mikrobeads zeigen Pathogene via Fluoreszenz an
Binden die Beads an ein neues Ziel, verändern sie ihre Farbe. "Das liegt daran, dass sich in den Kügelchen ein Fluoreszenz-Farbstoff befindet, der angeregt wird." Dadurch fange die Kugel an, leicht zu leuchten. Weil das Licht innerhalb der Kugel in einer bestimmten Frequenz schwinge, könne man messen, was sich angelagert habe. Verschiedene Beads können dabei in der gleichen Flüssigkeit verschiedene Pathogene messen, beispielsweise E. coli und Legionellen.
Im Unterschied zu einem klassischen Biosensor ist bei dem Modell von FluIDect keine feste biofunktionalisierte Oberfläche mit Antikörpern vorhanden, an denen die entsprechenden Zielstoffe anbinden. Die Mikrobeads werden in eine kleine Flüssigkeitsprobe gegeben. Man könne sich das ähnlich vorstellen wie eine Druckerkartusche, erklärt Schröter. Anschließend befinden sie sich frei in der zu untersuchenden Substanz und geben Bindungen optisch weiter. Damit wolle man einen Mangel herkömmlicher Biosensoren ausgleichen, sagt Schröter. Bei diesen finden sich mitunter nicht alle gesuchten Partikel auf der Oberfläche ein, weil sich diese lediglich am Rand befinde.
Nutzen kann man die Mikrobeads deshalb auch für alles, wogegen sich Antikörper finden lassen, sagt Schröder. Diese fungieren in dem Fall als "Fängermoleküle". Anorganische Materialien lassen sich mit dem System auch nachweisen. Dann stellen Peptide die Fängermoleküle dar. Praktisch sind die Anwendungsfälle aber noch etwas eingeschränkt. Aktuell existiere ein Standardsatz an Mikrobeads, die auf bestimmte Stoffe ausgerichtet sind. "Die Entwicklung auf komplett neue Stoffe hin ist sehr aufwendig und kann mehrere Jahre dauern", sagt Schröter.
Fortlaufende Überwachung von Fermentationsprozessen
Auch eine Nutzung in trüben Flüssigkeiten, wie beispielsweise Milch, sei mit den Fluoreszenz-Kugeln möglich. Julius Keil, Projektmanager bei der Bundesagentur für Sprunginnovationen, sagt, ihn habe an der Technologie begeistert, dass sie in den unterschiedlichsten Bereichen eingesetzt werden könne. "Neben dem Monitoring von Trinkwasser und Prozessen der Nahrungsmittelherstellung eignet sich die Methode auch, um Fermentationsprozesse zu überwachen. Durch ein kontinuierliches Prüfen kann sichergestellt werden, dass nicht zufällig gerade ein Bakterium, das man nicht im Prozess haben möchte, eine gesamte Produktionscharge kaputt macht."
Grundsätzlich sei das genutzte Verfahren eine vielversprechende Plattform für die Analyse von Flüssigkeiten – ein weiterer Anwendungsfall wäre die Überwachung der Wasseraufbereitung von Dialysegräten in der Medizintechnik. Auch die Überwachung unseres Trinkwassers wird künftig eher komplexer: Kommt es künftig durch den Klimawandel zu mehr Extremwetter und Wärme, kann das eine Gefahr für unser Trinkwasser darstellen.
Klimawandel: Neue Krankheitserreger und Keime im Trinkwasser
2021 hatte beispielsweise ein Forschungsteam der TU Wien die beiden Krankheitserreger Cryptosporidium und Giardia nach Starkregen in den Flussauen der Donau nachweisen können. Über die Flussauen können die Erreger ins Trinkwassernetz gelangen. Beide Parasiten können Menschen und andere Wirbeltiere infizieren. Die Erreger waren dabei sowohl menschlichen Ursprungs – also etwa durch Flusswasser, das mit menschlichen Abwässern verunreinigt war – als auch tierischer Herkunft, beispielsweise von Verunreinigungen, die aus Böden ausgespült wurden. Auch die E. coli-Belastung im Trinkwasser kann nach starken Regenfällen ansteigen.
Dazu kommen neue Belastungen im Trinkwasser, die aktuell noch nicht flächendeckend kontrolliert werden, beispielsweise hormonaktive Substanzen, PFAS und Mikroplastik generell. Dieses Problem nehme aktuell zu, zuverlässige globale Messungen fehlen aber, sagt Tobias Schröter. "Wir haben da lediglich punktuelle Ergebnisse". Auch in Deutschland sind außerdem viele Rohre 60 Jahre oder älter. Verweilt das Wasser länger in den Rohren, kann auch das die Qualität beeinträchtigen.
Links/Studien
Zur Website des Unternehmens FluIDect geht es hier.
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