Astronomie Neustart der Menschheit auf einer besseren Erde: Ginge das?

21. November 2021, 05:00 Uhr

Superhabitable Planeten — selbst, wenn wir sie fänden, kämen wir wohl nie hin. Dafür sind sie zu weit weg und wir leben zu kurz. Aber gibt es sie überhaupt, die "zweite" oder sogar "bessere" Erde? Und könnten wir dort vielleicht doch neu starten?

Es ist schön hier, auf der Erde, auf dem "blauen Planeten", wie es so oft heißt. Es gibt genug Wasser, es gibt tropische Regenwälder voller Leben, wir kreisen genau im richtigen Abstand um die Sonne, so dass die Temperaturen lebensfreundlich bleiben, und dann haben wir auch noch einen Mond, der für die Gezeiten sorgt. Aber es könnte alles so viel besser sein, sagen ein paar Astronomen, die sich im All umgesehen haben. Nicht auf der Suche nach einer "zweiten Erde", sondern nach einer "besseren Erde". Kleiner Schönheitsfehler dabei: All diese "besseren" Planeten sind so wahnsinnig weit weg.

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Superhabitable Planeten - selbst wenn wir sie finden, kämen wir wohl nie hin. Dafür sind sie zu weit weg und wir leben zu kurz.

MDR KULTUR - Das Radio Fr 15.01.2021 09:03Uhr 04:56 min

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Um diese extremen Distanzen zu überbrücken, dauert es. Es braucht schlicht und einfach Zeit, betont Astronom Florian Freistetter aus Baden in Niederösterreich. Und René Heller vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Göttingen sagt: "Wir als Menschen könnten es nirgends besser haben als auf der Erde. Wenn wir uns zum Beispiel den Mars angucken: eine Eiswüste, oder die Venus, wo Blei in wenigen Sekunden schmilzt, dann könnte es uns Menschen auf der Erde nicht besser gehen." Aber er sagt auch: "Wer weiß schon, ob Leben allgemein im Universum unbedingt menschenähnlich oder überhaupt erdähnlich sein muss?"

Soll heißen: Für andere Lebensformen könnten andere Welten besser bewohnbar sein, besser habitabel, wie Astrobiologen diese Eigenschaft eines Planeten nennen und möglicherweise auch für uns. Denn auch danach hält die Wissenschaft bei ihrer Suche nach anderen Welten Ausschau: nach Planeten, auf denen wir möglicherweise noch besser leben könnten als auf der Erde.

Tatsächlich sind Forscherinnen und Forscher unter den mehr als viertausend bekannten Exoplaneten in 24 Fällen fündig geworden: 24 Planeten, die es locker mit der Erde aufnehmen können. Astronom Heller sagt: "Das wäre natürlich übertrieben zu sagen, 'wir haben 24 Planeten gefunden, die besser sind als die Erde'. So weit gehen wir nicht, sondern wir sagen: Es gibt bereits Planeten, die solche Eigenschaften haben, dass sie durchaus super-habitabel sein könnten."

Kein Planet gleicht der Erde

Bei keiner dieser Welten jedoch treffen alle Eigenschaften zu, bei keiner ist alles besser. Die eine ist ein wenig wärmer als die Erde, die andere ein wenig älter. Aber immerhin, so Heller: "Tendenziell gibt es wahrscheinlich solche Objekte im Universum. Wir müssen sie noch genauer charakterisieren. Die ersten paar Kandidaten haben wir jetzt einmal ausfindig gemacht." Doch das genaue Charakterisieren fällt schwer, wenn die Objekte so weit weg sind, zu weit weg nämlich, als dass wir sie im Laufe eines Menschenlebens erreichen könnten. Vielleicht wäre es besser, wenn es keine "fertigen Menschen" sind, die sich auf die Reise machen.

Wie könnte eine neue Welt "besiedelt" werden?

Am Institut für Theoretische Physik in Frankfurt am Main gehen Forscher einen Schritt in der Evolution zurück. Sie denken über eine zweite Genesis nach. Claudius Gros und seine Kollegen wollen "nur" mal eben eine zweite Evolution anschieben. Sie möchten auf einer anderen Welt ganz von vorne anfangen: "Das ist bescheiden, aber der Vorteil wäre: Es ist technisch potenziell realisierbar." Statt dass Menschen selbst eine jahrhundertelange Reise zu einem bewohnbaren Planeten antreten, sollten dies Zellkulturen tun, quasi als "Flaschenpost" von der Erde. Claudius Gros: "Wir könnten eine Raumsonde konstruieren und diese zu fernen Welten schicken, zu Planeten außerhalb unseres Sonnensystems, und dort Leben hinbringen." An Bord dieser Raumsonde sollten sich Sporen befinden, einzellige Organismen also, und zwar tiefgefroren, sagt der Physiker: "Sporen gibt es in allen Größen und Formen. Aber die, die für uns interessant sind, sind solche, die Tausende von Jahren überleben und dann wieder aufwachen, wenn man sie in Wasser tut. Das sind dann hauptsächlich einzellige Organismen, ganz primitive Bakterien."

Neustart auf Exoplaneten? Wir kriegen nur nix mehr davon mit

Auf einem bewohnbaren Exoplaneten angekommen, würden diese Organismen dann eine neue Evolution in Gang setzen, Genesis 2.0, oder wie Gros sagt: "Eine neue Erde, sozusagen neues, vielfältiges Leben, das sich aber ganz selbständig entwickelt. Das würden erst einmal nur Bakterien werden, keine komplexen Tiere oder so. Wir wollen keine Kaninchen oder Vögel, sondern wir wollen einzelliges Leben hinbringen, solches, was man gar nicht sieht, Bakterien, wie sie am Anfang hier auch auf der Erde vorhanden waren."

Und dann müsste man eben diese neue Ursuppe einfach nur lange genug köcheln lassen. Es braucht Zeit, bis sich dort etwas zusammengebrodelt hat, wenn überhaupt. Was dabei herauskommt, das ist genauso offen. Denn noch einmal das Gleiche wie auf der Erde, also Menschen, wohl kaum. Eine spannende Frage, die wohl unbeantwortet bleiben wird. "Rein theoretisch könnte die Menschheit, wenn sie noch existiert, in 10.000 oder in 100.000 Jahren eine Sonde hinschicken und nachschauen. Aber wir würden nie direkt in unserer Lebenszeit etwas davon erfahren."

Denn das Problem der nahezu unendlichen Distanzen im Universum wird bleiben. Und dabei können auch fiktive Transportmöglichkeiten wie der Wharp-Antrieb aus Raumschiff Enterprise nicht helfen.

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