Spinnenetz in der Stadt sammelt mehr als Insekten
Mikroplastik eingefangen. Ein Spinnennetz an der Haltestelle sammelt mehr als nur Insekten. Bildrechte: Daniel Schmidt/ Universität Oldenburg

Reifenabrieb, PVC und PET Von wegen Staubfänger: Spinnennetze sind voller Mikroplastik

06. Juni 2022, 05:00 Uhr

Seit sogar in abgelegenen Tälern der Pyrenäen Mikroplastik gefunden wurde, ist klar: Das Material liegt quasi auch in der Luft. Das ist auch in Städten so, zeigt eine Studie aus Oldenburg. Forscherinnen haben jetzt nachgewiesen, dass sich Mikroplastik auch in Spinnennetzen verfängt.

Mikrostaubbelastung in Städten könnte man mit Spinnennetzen messen: Zu diesem Schluss kommt eine Forschungsgruppe aus Oldenburg, die untersucht hat, was sich außer Insekten noch alles in den klebrigen Bauwerken verfängt: Nämlich Mikroplastik aus Reifenabrieb, PVC und PET. Aus anderen Studien weiß man zwar, dass in Spinnennetzen Schadstoffe wie Schwermetalle oder magnetische Partikel hängenbleiben. "Bisher hat jedoch noch niemand Spinnennetze auf Mikroplastik untersucht," sagt die Studienleiterin, Geochemikerin und Mikroplastik-Spezialistin Dr. Barbara Scholz-Böttcher und setzt nach: "Und das, obwohl bekannt ist, dass unsere Atemluft zunehmend mit Mikroplastik verunreinigt ist."

Wie weist man Mikroplastik an Spinnfäden nach?

Dafür wurden Spinnennetze zu verschiedenen Tageszeiten aus den halboffenen Bushaltestellen an verschieden stark befahrenen Straßen untersucht. Dazu wurden die Netze eingesammelt und auf Filtern konzentriert. Das Material wurde erst mikroskopisch untersucht, dabei fanden sich beispielsweise Fasern, die von Textilien stammen könnten, sowie Rußpartikel. Im nächsten Schritt wurden die Proben unter Sauerstoffausschluss stark erhitzt und die aus den Plastiksorten gebildeten Bruchstücke mit einem Gas-Chromatographen getrennt. Ein Massenspektrometer ermöglichte dann die Zuordnung und Bestimmung der verschiedenen Kunststoffarten.

Alle Spinnennetze sammeln Mikroplastik

Ergebnis: In allen Spinnennetzen wurde Mikroplastik nachgewiesen, der Anteil des Reifenabriebs schwankte dabei, je nachdem, wie stark oder schwach der Straßenverkehr vor Ort war. Und ein weiterer Fund: Auch der Abrieb von Straßenmarkierungen ist eine wichtige Quelle von Mikroplastik entlang von Straßen, erläutert Studienleiterin Scholz-Böttcher. Nur, was macht man jetzt mit diesem neuen Wissen? Die Spinnennetz-Analyse ist eine einfache Alternative zu aufwändigen Messungen, um den Mikroplastik-Gehalt der unmittelbaren Umgebungsluft vergleichend einzuschätzen. Das könnte für weiterführende Studien zu Umweltgiften von Bedeutung sein.

Faszination Spinnennetz

Die Welt der Spinnen ist faszinierend: Spinnen spinnen von Babybeinen an, ohne dass ihnen jemals jemand gezeigt hat, wie das geht.

Spinnennetz im Halm
Meisterhaft gebaut: Ein Radnetz, das sich perfekt in die natürliche Umgebung einfügt. Bildrechte: imago/blickwinkel
Spinnennetz im Halm
Meisterhaft gebaut: Ein Radnetz, das sich perfekt in die natürliche Umgebung einfügt. Bildrechte: imago/blickwinkel
Taubehangenes Netz einer Kreuzspinne im Gegenschein der tief stehenden Sonne
Hier im Morgengrauen das Netz einer Kreuzspinne, oft hängen auch noch Tautropfen drin. Bildrechte: imago images/blickwinkel
Radnetzspinne in ihrem Netz
Das Netz der Radnetzspinnen besteht aus drei Teilen, den Rahmenfäden, an denen das Netz aufgehängt ist, den Speichenfäden. Die ziehen sich von der Mitte aus sternfömig nach außen. Und die Fangfäden mit ihren Leimtröpfchen sind kreisförmig in die Speichenfäden eingewoben. Das hier gezeigte Netzkunstwerk stammt von einer Radnetzspinne aus Malaysia. Bildrechte: imago images/GFC Collection
Ein auf einer feuchten Wiese zwischen Gräsern hängendes Baldachinnetz einer Spinne
Ein Netz vom Typ Baldachin: Das weben Spinnen der Familie Linyphia. Sie selbst hängen kopfüber unterm Netz. Verheddert sich ein Insekt oben, spürt die Spinne die Schwingungen und greift sich die Beute durch ihr Netz. Bildrechte: Imago/Angle Common Canopy spider
Labyrinthspinne
Trichterspinnen bauen sich Höhlen mit zwei Ausgängen und warten hier aufs Essen: Ihre Vorderbeine liegen auf dem Netz und so können sie jede noch so kleine Vibration, wenn sich eine potentielle Beute nähert, fühlen. Hier sehen wir die Höhle einer Labyrinthspinne. Bildrechte: imago/blickwinkel
Kescherspinne
Das Keschernetz der Kescherspinne: Ein listiger Achtbeiner, der selbst aussieht wie ein schmaler Ast. Er spinnt sich ein kleines, rautenförmiges Netz und wirft es über die Beute. Bildrechte: imago/blickwinkel
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Links/Studien

Die Studie "Plastic in the air?! - Spider webs as spatial and temporal mirror for microplastics including tire wear particles in urban air. Science of the Total Environment" wurde im Fachmagazin "Science of the Total Environment" veröffentlicht. Sie lesen Sie hier im Original.

(lfw)

Chemische Formel von Wasserstoffperoxid Formel 5 min
Bildrechte: imago images / Panthermedia
Polyacrylfasern im Erdreich 3 min
Bildrechte: Anderson Abel de Souza Machado/IGB
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