Energiewende Solarzellen: Wann läuft Perowskit Silizium den Rang ab?
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29. Januar 2024, 04:59 Uhr
Solarzellen auf Perowskit- statt Siliziumbasis haben Vorteile wie einen höheren Wirkungsgrad, eine flexible Form und Unabhängigkeit von chinesischem Silizium. Bis sie den Markt erobern, wird es aber noch eine Weile dauern.
Das Wort Perowskit klingt etwas sperrig und Nicht-Solarzellenforschern möglicherweise unvertraut. Aber diese sogenannten Perowskite – eine ganze Gruppe von Materialien, die eine charakteristische Kristallstruktur aufweisen – können die Nutzung der Sonnenenergie deutlich effizienter, flexibler und unabhängiger machen. Drei Vorteile, die im Labor schon mehrfach nachgewiesen wurden.
Noch aber dominieren Silizium-Solarmodule auf der Welt, sogar mit etwa 95 Prozent Marktanteil. Auch das hat Gründe, dazu später mehr. Viel effizienter als heute scheint man Silizium-Zellen aber nicht mehr machen zu können. Wenn man die Energiewende beschleunigen will, könnten Perowskite also extrem wichtig werden.
Solarzellen mit Perowskit haben einen höheren Wirkungsgrad
Seit etwas mehr als zehn Jahren läuft die Forschung an Perowskit-Solarzellen auf Hochtouren. Die Fortschritte dabei sind beachtlich und kommen in größerer Schlagzahl als bei Silizium-Zellen. Der höchste je gemessene Labor-Wirkungsgrad für reine Perowskit-Zellen hat den von reinen Silizium-Zellen binnen weniger Zeit eingeholt. Und noch höhere Wirkungsgrade sind möglich, wenn man beide Materialien als sogenanntes Tandem kombiniert. Hier steht der Wirkungsgrad-Weltrekord mittlerweile bei 33,9 Prozent und wird in den nächsten Jahren ziemlich sicher weiter steigen.
Warum Tandem-Module aus Perowskit und Silizium so effektiv sind, weiß Steve Albrecht, in Berlin verantwortlich für die Perowskit-Forschung am Helmholtz-Zentrum für Materialien und Energie sowie an der TU. Die Möglichkeit, die Perowskit-Zusammensetzung zu verändern, lasse sich hervorragend nutzen: "So wandeln einige Perowskit-Verbindungen vor allem die energiereichen – blauen – Anteile des Sonnenlichts in elektrische Energie um. Da Silizium nur die roten Anteile des Sonnenlichts effektiv nutzt, lassen sich die beiden Materialien zu Tandemzellen kombinieren. Damit produziert ein Tandem-Modul auf der gleichen Fläche deutlich mehr Strom."
Perowskit-Solarzellen sind leicht herzustellen und verformbar
Aber auch reine Perowskit-Zellen ohne Silizium haben schon jetzt Vorteile und könnten sich für bestimmte Anwendungen schnell durchsetzen, erklärt Steve Albrecht. Denn die Halbleiterschichten werden aus flüssigen Lösungen hergestellt. "Auch biegsame oder gekrümmte Flächen dieser ultradünnen und leichtgewichtigen Zellen können damit zum Beispiel auf Folien beschichtet werden. Dadurch ergeben sich ganz neue Einsatzmöglichkeiten", sagt der Berliner Professor.
Tief drin in der Perowskit-Materie steckt auch Yana Vaynzof, die in Dresden am Leibniz-Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung sowie an der TU an neuartigen Elektronik-Technologien forscht. Einige Fortschritte und Erkenntnisse bei Perowskit-Zellen sind ihr und ihrem Dresdner Team zu verdanken.
Auch Yana Vaynzof ist überzeugt, dass diese Technologie sich in den nächsten Jahren durchsetzen wird. Bei Anwendungen, wo Flexibilität eine Rolle spielt, sowieso. "Zum Beispiel für die Energieversorgung von anschmiegsamer und tragbarer Elektronik", sagt Vaynzof. "Ein weiteres Anwendungsgebiet, auf dem Perowskit-Solarzellen sich wahrscheinlich als überlegen herausstellen werden, ist das der ultradünnen, halbdurchsichtigen Solarzellen für smarte Fenster und bauwerkintegrierte Photovoltaik. Silizium-Solarzellen sind wuchtig und schwer, während Perowskit-Solarzellen dank ihrer exzellenten Fähigkeit zur Lichtabsorption auch ultradünn gefertigt werden können."
Langlebigkeit von Perowskit-Solarzellen ist derzeit noch ein Problem
Gleicher Wirkungsgrad wie Silizium (Tendenz steigend), hohe Flexibilität, herstellbar ohne Abhängigkeit von chinesischen Rohstoffen – bei all diesen Pluspunkten fragt man sich, was die Perowskit-Zellen noch davon abhält, den Markt sofort zu erobern. Es ist vor allem die bislang fehlende Langlebigkeit.
"In puncto Lebensdauer können Solarmodule auf Basis von Perowskit-Halbleitermaterialien noch nicht mit etablierten Silizium-Modulen mithalten", sagt der Berliner Forscher Steve Albrecht und meint dabei die 25 Jahre, auf die man sich bei Silizium-Zellen in etwa verlassen kann. Das Tempo der Entwicklung sei aber sehr hoch. "Wenn wir im Bereich Stabilität weitere Fortschritte erreichen, werden Perowskit-Solarzellen durchaus einen sehr wichtigen Beitrag zur Energiewende leisten." Erste Bauteile mit Perowskit-Solarzellen sind laut Albrecht bereits auf dem Markt. "Ein realistischer Markteintritt scheint auf einer Zeitskala von zwei bis fünf Jahren zu liegen.“
Auch Yana Vaynzof geht von einer baldigen Marktreife aus, zumindest im nächsten Jahrzehnt. Ein wichtiges Zwischenziel sei die Minderung der sogenannten Degradation, also gewissermaßen des Verfalls, wodurch Lebenszeiten erreichbar würden, die vergleichbar mit denen von Silizium-Solarzellen sind. "Andererseits", so Vaynzof, "ist die Kommerzialisierung im Rahmen spezieller Anwendungen, die nur eine kurze Lebenszeit voraussetzen, bereits in den kommenden Jahren denkbar."
Und Steve Albrecht hält nicht für ausgeschlossen, dass bei der vielen Forschung, die es in Europa und der ganzen Welt gibt, in Zukunft noch weitere Perowskit-ähnliche Verbindungen entdeckt werden, die heute noch unbekannt sind. Wenn die dann ähnlich gute Eigenschaften besitzen, aber deutlich stabiler sind, wäre das ein weiterer Meilenstein, wie Albrecht sagt.
(rr/smc)
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