Lesen und Schreiben Eigene Handschrift: Bald macht das eine KI
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09. Juni 2020, 16:22 Uhr
Handschriften imitieren, da fallen einem doch gleich "Hitlers Tagebücher" oder gefälschte Testamente ein. Forschern der Universität Erlangen denken da überhaupt nicht dran, auch wenn sie gerade eine Software entwickeln, die mittels Künstlicher Intelligenz Handschriften imitiert. Die KI soll zunächst einmal Menschen helfen, die zum Beispiel wegen einer Verletzung nicht mehr selbst schreiben können.
Vincent Christlein ist Leiter der Computer-Wissen Gruppe am Lehrstuhl für Mustererkennung der Uni Erlangen. Man könnte ihn und seine Kollegen als Nerds bezeichnen. Sinnierten sie doch eines Abends darüber, wie man mit einer gebrochenen Hand Computerspiele spielen könnte. Es wäre schön, wenn man also einen Algorithmus hätte, der die Hand ersetzt. Und was, wenn man das auch noch mit Handschriften machen könnte? Da tun sich Welten auf:
Zum einen die Generierung der Handschrift und zum anderen die Imitierung einer bestimmten Handschrift. Die funktioniert jetzt schon sehr gut. Für unsere Vorveröffentlichungen haben wir einen Prototypen da und auch eine Studie gemacht mit Menschen. Da konnten Menschen nur mit fünfzig Prozent genau sagen, ob ein automatisch generiertes Wort gefälscht ist oder nicht.
Ein einzelnes Wort ist noch nicht unbedingt so super, räumt der Wissenschaftler ein, langfristig sollen es natürlich ganze Zeilen oder Abschnitte werden. Das, was die KI bisher auf dem Handschriften-Feld leistet, würde vermutlich noch keinen echten Forensiker überzeugen, sagt Christlein. Und das hat seinen Grund, denn die Software funktioniert über den Computerbefehl und so ein bisschen wie die automatisierte Stimme in der Straßenbahn. Silben und Buchstaben werden eingesprochen, am Ende werden hunderttausende Straßenbahnhaltestellen ausgespuckt. Die Forscher in Erlangen brauchen derzeit 25 bis 30 handschriftliche Zeilen, um die Software zu füttern. Dafür muss beispielsweise ein Brief eingescannt werden.
Dann könnte man den Algorithmus benutzen, um Texte auf dem PC zu generieren. Also ausgedruckt werden muss es dann natürlich auch noch. Was noch fehlt, ist der Strichdruck von einem Stift auf dem Papier. Das müsste man, wenn man wirklich Handschrift fälschen würde, auch noch machen.
Es entstehen also keine Originaldokumente. Wichtig war es den Wissenschaftlern, überhaupt einmal zu schauen: Können wir Handschriften imitieren? So könnten in Zukunft mit Hilfe der Künstlichen Intelligenz Grußkarten, Briefe und allerlei persönliche Schriftstücke im virtuellen Raum versendet werden. Vincent Christlein hat aber auch noch Visionen für das Produkt, etwa für die Schrifterkennung, wenn jemand sehr unleserlich schreibt. Oder bei der Entzifferung uralter Schriften, auch da könnte man die KI anhand weniger Beispiele trainieren:
Dann bräuchte man zum Beispiel nicht alle Schriften von Goethe, sondern nur 30 Zeilen zu transkribieren, anstatt 30 Seiten.
Das Schöne an der KI ist wohl immer wieder: Sie lernt fleißig mit. Am Ende kann sie Arbeitsprozesse verkürzen und in der Forschung bei der Identifizierung und der Analyse von Handschriften helfen. Bei der Entwicklung der Software kann man übrigens noch mithelfen. Die Uni Erlangen sucht immer noch Leute, die Handschriftenproben einreichen.
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