Drei Freundinnen Lucia Ursic als Dornröschen, Lucija Glavicic als Schneewittchen und Lucija Franic als Aschenputtel bei einem Spaziergang durch die Stadt in Kostümen
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Märchen Depressionen, Lungenkrebs, Muskelschwund: Echte Märchenprinzessinnen haben's schwer

22. Dezember 2024, 15:00 Uhr

"Und so lebte sie glücklich bis ans Ende ihrer Tage." Auf viele Prinzessinnen aus Märchenfilmen kann das aufgrund ihrer Vorgeschichte nicht zutreffen, sagt eine niederländische Forschungsgruppe. Sie fordert – mit einem vorweihnachtlichen Augenzwinkern – von der Filmproduktionsfirma Disney mehr Achtsamkeit für die Gesundheit ihrer Protagonistinnen.

Mann mit Brille und Kopfhörern vor einem Mikrofon
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Es waren einmal vor gar nicht allzu langer Zeit in einem ziemlich niedrigen Land im Nordwesten zwei Frauen und ein Mann. Ihre Namen lauteten Sanne, Anouk und Michael. Von Enschede und Utrecht aus wollten sie in der Forschungswelt für Aufsehen sorgen. Und das taten sie. Mit einem Thema, das zu einer ganz bestimmten Zeit im Jahr ohnehin schon im Kopf vieler Menschen verankert ist: Märchenfilmprinzessinnen in der Vorweihnachtszeit. Eine kluge Idee.

In ihrer Forschungsarbeit (bei der man gern wüsste, wie viel Zeit in sie investiert wurde), stellen die drei gleich zu Beginn fest, dass schon viele andere Forscher vor ihnen über negative Aspekte von Märchenfilmen mit Prinzessinnen berichtet hatten, beispielsweise über Stereotypisierung, unrealistische Darstellungen von Beziehungen, unmögliche Schönheitsstandards. Aber da ging es immer nur um negative Auswirkungen auf das Selbstwertgefühl junger Mädchen, die solche Filme schauen.

Ja, an die Zuschauerinnen wurde forschungsseitig schon oft genug gedacht, fanden Sanne van Dijk, Anouk Eijkelboom und Michael Bui. Aber niemand in der Wissenschaftswelt hatte bisher das Wohlbefinden der Prinzessinnen selbst gebührend betrachtet. "Künftige Forschungen müssen die Gesundheitsgefahren für Disney-Prinzessinnen berücksichtigen", schreiben die drei deshalb in einer Weihnachtsausgabe des Journals "The BMJ" – und liefern gleich selbst eine solche Forschungsarbeit mit.

Wichtigste Erkenntnis daraus: Märchenprinzessinnen leben wahrscheinlich nicht sonderlich glücklich und zufrieden, geschweige denn gesund bis ans Ende ihrer Tage. Wobei bemerkt werden muss, dass sich die ungewöhnliche Studie, die vornehmlich für den englischen Sprachraum gedacht ist, ausdrücklich auf Disney-Filme bezieht und nicht unbedingt auf Grimms Märchen oder andere Buchvorlagen. Trotzdem dürfte das Meiste auch Nicht-Disney-Fans vertraut sein.

Schneewittchen: Von wegen "An apple a day keeps the doctor away"...

Los geht's mit Schneewittchen. Obwohl die Schönste im ganzen Land, leidet sie als Dienstmädchen ihrer Stiefmutter an mangelnder sozialer Interaktion. Und mangelnde soziale Interaktion sei wiederum – wissenschaftlich erwiesen – mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Depressionen, Angstzuständen und einem insgesamt früheren Ableben verknüpft. Zum Glück währte diese Phase für Schneewittchen nicht ewig. Mit den sieben Zwergen hielt dann doch wieder soziale Interaktion Einzug. Dafür wird das berühmte englische Sprichwort "An apple a day keeps the doctor away" ("Ein Apfel am Tag hält den Arzt fern") ganz kräftig konterkariert, und das nicht nur im Disney-Film, sondern in allen Schneewittchen-Versionen.

Die verkleidete böse Stiefmutter (Marianne Christine Schilling) bietet Schneewittchen (Doris Weikow) einen vergifteten Apfel an. 60 min
Die verkleidete böse Stiefmutter (Marianne Christine Schilling) bietet Schneewittchen (Doris Weikow) einen vergifteten Apfel an. Bildrechte: MDR/WDR

Das lungenkranke Aschenputtel

Bei Aschenputtel (Cinderella) sieht es nicht viel besser aus, eher im Gegenteil. Statt eines Prinzen brauche Aschenputtel ein ständig angelegtes Atemgerät, um annähernd glücklich bis ans Lebensende zu leben, heißt es in der Studie. Schließlich hat Aschenputtel lange den Haushalt für die böse Stiefmutter und die verwöhnten Schwestern geführt. Was da an Staubbelastung zusammenkam, allein schon beim Kamin-Ausfegen, muss für eine zünftige Lungenkrankheit ausreichend gewesen sein. Wie zum Hohn setze die gute Fee im Disney-Film noch einen drauf, indem sie magisches Glitzerzeug über Aschenputtel ausschütte. Dieses Glitzerzeug sei aber nichts anderes als aluminiumbeschichtetes Mikroplastik, dessen Partikel dafür bekannt seien, ins menschliche Lungengewebe eindringen zu können. Keine gute Idee bei einer Lungenkranken. Vorzeitiges Ableben nahezu garantiert.

Depressionen bei Rapunzel nicht unwahrscheinlich

Etwas weniger bedrohlich und trotzdem unschön sind die Beschwerden von Rapunzel. Da wäre zum einen die Traktionsalopezie. Diese ist bei Rapunzel sehr wahrscheinlich, weil an ihrem laut Studienberechnung 21 Meter langen Zopf so übermäßig oft gezogen wurde. Langfristig kann Traktionsalopezie zu dauerhaftem Haarausfall führen, belegt die dreiköpfige Forschungsgruppe anhand einer Quelle. Ein weiteres häufiges Symptom im Frühstadium einer Traktionsalopezie seien außerdem Kopfhautschmerzen, die nicht selten zu Kopfschmerzen ausarten und in der Folge zu depressiven Zuständen führen. Nein, auch Rapunzels weiteres Leben dürfte nicht sonderlich angenehm verlaufen, sondern vermutlich kahlköpfig und mental kaputt.

Dornröschen wird vom Prinzen vor Muskelschwund bewahrt

Prinz Philip im Disney-Film von 1959 (Originaltitel "Sleeping Beauty") ist eigentlich ein Guter. Durch sein beherztes Eingreifen verhindert er gleich mehrere mögliche Symptome bei Aurora (Dornröschen), die durch zu langes Schlafen oder einfach nur Herumliegen auftreten würden, als da wären Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlaganfall, Fettleibigkeit, Diabetes, Geschwüre, Muskelschwund. Die niederländische Forschungsgruppe ist Philip also in gewisser Weise dankbar, weist aber auch daraufhin, dass der Prinz mit seinem Tun heute kaum noch gesellschaftlich akzeptiert wäre, Schließlich hat er die schlafende Schönheit vor seinem Kuss nicht um Erlaubnis gefragt. Pfui.

Noch einige weitere Disney-Filmprotagonistinnen tauchen in der Studie auf. So werden zum Beispiel Schlüsselbeinverletzungen bei Pocahontas, zoonotische Infektionen bei Jasmin (aus "Aladdin") und Tollwut bei Belle (aus "Die Schöne und das Biest") ins Gespräch gebracht. All das liest sich durchaus schlüssig und ist mit insgesamt 35 wissenschaftlichen Quellen und Querverweisen hinterlegt. Einschränkend sei aber erwähnt: Die Studie wurde bislang nicht von externen Gutachtern geprüft. Vielleicht haben Sie ja Lust...

Links / Studien

Sanne van Dijk, Michael Bui, Anouk Eijkelboom: "Living happily ever after? The hidden health risks of Disney princesses", erschienen in der Weihnachtsausgabe von "The BMJ"

rr

Dieses Thema im Programm: Das Erste | Brisant | 16. Dezember 2024 | 17:50 Uhr

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