Covid-19 Post- und Long Covid vor allem nach leichten Verläufen
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01. Juli 2021, 12:53 Uhr
Ärzte und Versicherungen zählen immer mehr Patienten, die wegen Post-Covid-Symptomen arbeitsunfähig sind. Oft hatten sie zuvor milde oder sogar asymptomatische Verläufe, jetzt benötigen sie Reha.
An der Post-Covid-Ambulanz des Universitätsklinikums in Jena gibt es vor Dezember keine freien Termine mehr. "Zum aktuellen Zeitpunkt betreuen wir mehr als 300 Patienten, die sich aus ganz Thüringen und angrenzenden Bundesländern bei uns vorstellen", sagt Andreas Stallmach, Direktor der Klinik für Innere Medizin IV. Die akuten Neuinfektionen mit Sars-CoV-2 mögen immer weiter zurückgehen, dafür treten nun an vielen Stellen mittelfristige Folgen von Ansteckungen mit dem Virus zu Tage: Kliniken und Versicherungen zählen eine deutlich wachsende Anzahl von Menschen, die wegen Long Covid oder Post-Covid-Symptomen nicht mehr zur Arbeit gehen können.
Viele Betroffene hatten nur milde oder asymptomatische Verläufe
Die Barmer Krankenkasse zählte zwischen November und März über 2.900 Versicherte, die wegen eines Post-Covid-Syndroms krankgeschrieben waren und behandelt wurden. Besorgniserregend daran: Fast die Hälfte von ihnen (47 Prozent) war zuvor nicht wegen einer Covid-19 arbeitsunfähig geworden, hatte die Infektion also entweder vollkommen ohne Symptome oder nur als leichte Erkältung erlebt.
Auch die Verteilung unter den Geschlechtern zeigt große Unterschiede: Frauen über 60 Jahren waren nach leichten Verläufen sechsmal so häufig von Post-Covid betroffen wie Männer unter 40 Jahren.
Das Bild am Universitätsklinikum in Jena ist ähnlich. "Drei Viertel der Erwerbstätigen mit Post-Covid fühlen sich durch die Symptomatik in ihrer beruflichen Leistungsfähigkeit über Wochen eingeschränkt", sagt Andreas Stallmach. "Davon war aber nur ein Drittel während der akuten Infektion in stationärer Behandlung. Die übrigen zwei Drittel haben die Infektion ambulant überwunden."
Reha-Bedarf wenn Symptome länger als 12 Wochen anhalten
Die Deutsche Rentenversicherung erwartet aufgrund der Entwicklung auch einen wachsenden Bedarf nach medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen (Reha). Bereits jetzt sind Patienten in solchen Behandlungen. Typische Symptome seien Belastungsatemnot, Fatigue, eingeschränkte Belastbarkeit, muskuläre Schwäche, Angststörungen, Depression, chronische Nierenerkrankungen und Brustschmerz.
Der Jenaer Arzt Stallmach kann zwar noch nicht abschätzen, wie hoch der Anteil seiner Patienten ist, die einen Bedarf nach Reha haben. Aber er geht davon aus, dass dieser Bedarf steigt. "Bei Patienten mit schweren und chronischen Verläufen, also bei Symptomen, die länger als zwölf Wochen anhalten, besteht ein Rehabilitationsbedarf." Welche Maßnahmen dann geeignet seien, hänge von Art und Schwere der Symptome ab. "Bei bestimmten Patienten reichen ambulante Behandlungen mit telemedizinischer Betreuung, andere bedürfen beispielsweise einer tagesklinischen Betreuung, die dritte Gruppe benötigt eine strukturierte Rehabilitation."
Oftmals auch psychotherapeutische Behandlung nötig
Volker Köllner, ärztlicher Direktor am Reha-Zentrum Seehof in Teltow und Leiter der Forschungsgruppe Psychosomatische Rehabilitation der Charité Berlin, sagt, viele Post-Covid-Patienten benötigten auch Therapien gegen psychische und psychosomatische Folgen. Dazu zählten Angst, Depression und dysfunktionale Verhaltensmuster etwa bei der Atmung. Zugleich beruhigt er auch, denn 90 Prozent der Betroffenen heilten nach einiger Zeit ohne gravierende Folgen. "Wir brauchen keine Angst haben, dass Long Covid die Deutschen in ein Volk von Zombies verwandelt", sagt er.
(ens/dpa)
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