Wissen-News Forscher entdeckt im Meer Pilze, die Plastik-Weichmacher "fressen"
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22. Januar 2024, 16:44 Uhr
Es ist noch nicht lange bekannt, dass es in den Ozeanen frei schwebende Pilze gibt. Federico Baltar erforscht dieses Thema intensiv – und glaubt jetzt, mehrere Pilzarten gefunden zu haben, die in Plastik enthaltene Weichmacher verstoffwechseln können.
15 von etwa 300 – die Quote von rund fünf Prozent lässt Federico Baltar staunen und sich freuen. 300 verschiedene Pilzarten aus dem Meer hat der Ozeanograf schon auf Wechselwirkungen mit Weichmachern untersucht. 15 waren in der Lage, bestimmte Weichmacher abzubauen. Diese gehörten zu zwei Gruppen von Stoffen, den Phthalaten und den organischen Phosphorsäureestern (OPEs). Weichmacher gelten als besonders problematische Kunststoffe für die Umwelt, da sie in Tieren und Pflanzen giftige Wirkungen entfalten können. Die Hypothese, dass es im Ozean Pilze gibt, die diese Stoffe abbauen können, hatte Baltar selbst aufgestellt. "Herauszufinden, dass sie stimmte, hat mich nicht nur überrascht, es hat mich glücklich gemacht. Es ist einfach erstaunlich."
Baltars Forschung begann in den Weiten der Ozeane. Auf drei Forschungsfahrten durchquerte er mit seinem Team jeweils einen Monat den Atlantik von Spanien nach Patagonien, steuerte die Gewässer vor der Antarktis und Grönland an. Dabei nahm sein Team laufend frische Proben mariner Mikroben. Von den Proben legte die Forschungsgruppe anschließend Kulturen an. Im Labor an der Universität Wien analysieren und sequenzieren sie DNA und RNA der Mikroben.
Aktuell sequenziert Baltars Forschungsgruppe die Genome der 15 Pilzarten mit den besonderen Fähigkeiten. Es gilt herauszufinden, welche Enzyme zum Einsatz kommen und welchen Stoffwechselweg sie nutzen. "Wenn wir das Genom, die Genexpression und die enzymatische Aktivität kennen, können wir sehen, ob die verschiedenen Pilzarten denselben Stoffwechselweg nutzen", erklärt Baltar. Zudem testet das Team, wie Temperatur und Salzgehalt des Wassers die Stoffwechselwege der marinen Pilze beeinflussen. Am Ende des Prozesses werden die Wissenschaftler zu den Feldproben zurückkehren. "Wir werden uns ansehen, wie häufig die Pilze im Ozean vorkommen. Wir wollen wissen: Verwenden sie die Gene auch im offenen Ozean?", so Baltar.
Die aktuellen Untersuchungen laufen noch. In weiteren Studien will das Team erforschen, wie Mikroben mit dem Weichmacher Bisphenol interagieren. Bisphenol ist unter anderem wegen seiner hormonellen Wirkung auf bestimmte Organismen in die Kritik geraten. Ende des Jahres 2024 sollen die ersten wissenschaftlichen Papers dazu erscheinen.
Publikationen zum Thema
Baltar F., Martínez-Pérez C., Amano C. et al.: A ubiquitous gammaproteobacterial clade dominates expression of sulfur oxidation genes across the mesopelagic ocean, in: Nature Microbiology 2023
Breyer E., Baltar F.: The largely neglected ecological role of oceanic pelagic fungi, in: Trends in Ecology & Evolution 2023
Breyer E., Zhao Z., Herndl GJ., Baltar F.: Global contribution of pelagic fungi to protein degradation in the ocean, in: Microbiome 2022
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