Zeichnungen eines sezierten Hais von Miklucho-Maclay, Fig. 6 zeigt die betreffende Ausstülpung, die er für das Rudiment einer Schwimmblase hielt
Zeichnungen eines sezierten Hais von Miklucho-Maclay, Fig. 6 zeigt die betreffende Ausstülpung, die er für das Rudiment einer Schwimmblase hielt Bildrechte: Miklucho-Maclay NN. Ueber ein Schwimmblasenrudiment bei Selachiern. Jenaische Zeitschrift für Medicin und Naturwissenschaft.

Wissen-News Uni Jena: Bedeutender Schriftwechsel zwischen Darwin und Haeckel entdeckt

18. Oktober 2023, 14:03 Uhr

Haben Haie eine Schwimmblase, die ihnen wie den meisten anderen Fischen dabei hilft, im Wasser zu schweben? Forschende aus Jena und Tübingen haben einen wichtigen Briefwechsel zwischen Charles Darwin und Ernst Haeckel aus dem Jahr 1868 entdeckt, in dem diese über die Frage diskutieren.

Ausschlaggebend für die Diskussion zwischen Haeckel und Darwin ist die Forschung von Haeckels damaligem Assistenten Nikolai Miklucho-Maclay. Der russischstämmige Wissenschaftler begleitete seinen Lehrer im Herbst 1866 auf eine Forschungsreise auf die Kanarischen Inseln. Dort untersuchte er unter anderem die Gehirne von Haien und entdeckte dabei eher zufällig hinter den Kiemenöffnungen, oben im Übergang zum Darmbereich der Tiere, eine Ausstülpung. "Dieses Gebilde interpretierte Miklucho-Maclay als Rudiment einer Schwimmblase, die bei den Vorfahren aller Wirbeltiere vorhanden gewesen sein musste", erklärt der Studienautor Ingmar Werneburg.

Haeckel sei begeistert gewesen von dieser Entdeckung, da sie seine These unterstützte, dass Haie ursprüngliche Wirbeltiere gewesen seien, aus denen die Knochenfische, die Lungenfische und später die Landwirbeltiere hervorgegangen wären. Die Entdeckung teilte er 1868 in einem Briefwechsel seinem Kollegen Charles Darwin mit, der nun entdeckt wurde. Allerdings war Darwin skeptisch. "Die von Miklucho-Maclay entdeckte Ausstülpung hielt Darwin nicht für eine rudimentäre Schwimmblase, sondern für eine undifferenzierte Struktur, aus der sich evolutionär einmal eine solche ausbilden könnte", erläutert Werneburg. Heute sind sich die Forschenden weitgehend einig, dass Darwin mit dieser Einschätzung recht hatte.

Besondere Bedeutung kommt dabei dem damals jungen Forscher Miklucho-Maclay zu. "Es kommt selten vor, dass zwei Geistesgrößen einer Wissenschaft sich in ihrer Korrespondenz den Forschungsergebnissen eines bettelarmen und unbekannten Studenten widmen", betont der Jenaer Wissenschaftler Uwe Hoßfeld. Die gefundene Textstelle ist für ihn einmal mehr ein Beleg dafür, welch wissenschaftliches Vermächtnis der junge Russe hinterlassen hat und welchen Einfluss er in wenigen Forschungsjahren – er starb im Alter von 41 Jahren – auf die Geschichte der Zoologie ausgeübt hat.

cdi/pm

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