Weltraumforschung Mit der Halfpipe das All erforschen: Neue Teleskope für die Astronomie
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07. Februar 2021, 10:00 Uhr
2020 stürzte das 50 Jahre alte Radioteleskop Arecibo auf Puerto Rico ein – eine Alterserscheinung. Astronomen haben längst Alternativen: Überall auf der Welt gibt es mittlerweile leistungsstärkere Teleskope.
Am ersten Dezember 2020 fiel die Beobachtungsplattform auf die große Schüssel des Arecibo-Radioteleskops. Der Einsturz des William-E.-Gordon-Teleskops – wie es offiziell hieß – markierte das Ende der weltbekannten Anlage auf der Karibikinsel Puerto Rico. Astronomen haben zum Glück schon viele alternative Forschungsstätten.
Dominion Radio Astrophysical Observatory
Die stützen sich nicht unbedingt auf große Schüsseln, sogenannte Parabolantennen. In den Gebirgszügen West-Kanadas, weitgehend geschützt vor Verschmutzung durch Radiostrahlung der Nachbarschaft, versucht die Universität von British Columbia etwas Neues: Dort blicken sogenannte Halfpipes ins All. Denn was Inlinern und Skateboardern als Piste dient, funktioniert auch, um einen Blick in die Tiefen des Alls zu erhaschen, wie Roland Kothes erklärt. "Wir befinden uns hier auf einem Hochplateau und wir sind umgeben von einem Ring von Hügeln, die uns also schützen vor Radiointerferenzen."
Wohin Kothes auch schaut, begrenzen die westlichen Ausläufer der Rocky Mountains den Blick. Sie sind ein idealer Schutz vor ungewollten Radiowellen technischer Geräte jeder Art. Der deutsche Physiker arbeitet hier am Dominion Radio Astrophysical Observatory, einem astrophysikalischen Observatorium, das Radiowellen aus dem Weltraum empfängt.
Radioteleskope können Supernovae 10.000 Jahre und länger beobachten
Radioteleskope machen keine schönen, bunten Bilder. Stattdessen registrieren sie einen bestimmten Teil der Strahlung aus dem All. Alles unterhalb von zehn Megahertz reflektiert die Erdatmosphäre; alles oberhalb von hundert Gigahertz schluckt sie. Das sogenannte astronomische Radiofenster liegt irgendwo dazwischen, auf Wellenlängen zwischen drei Millimetern und dreißig Metern.
"Im Radiobereich beobachten wir viel beispielsweise Supernova-Überreste", erklärt Kothes. "Das sind im Grunde Explosionen, die immer noch explodieren. So eine Schockwelle im Weltall breitet sich viel, viel schneller und viel, viel länger aus als eine Explosion hier auf der Erde. Deshalb ist sie im Weltall zwischen 10.000 und 100.000 Jahre lang unterwegs und wir können sie sehr gut beobachten."
Aber: Je weiter entfernt ein Objekt, desto schwächer dessen Radiowellen. Für weit entfernte Supernovae bedarf es also größerer Teleskope. Die lassen sich jedoch nicht beliebig groß bauen. Eine Möglichkeit war bislang, mehrere Schüsseln zu einem virtuellen, größeren Teleskop zusammenzuschalten. Hier, im Tal von Okanagan, versucht es die University of British Columbia mit einem anderen Design. "Diese Halfpipes sehen aus wie Röhren, die in der Mitte durchgeschnitten sind", erklärt Kothes.
CHIME: Neue Technik in Kanada
CHIME steht für Canadian Hydrogen Intensity Mapping Experiment. Es besteht aus insgesamt vier solcher Halfpipes. Jede Röhrenhälfte ist hundert Meter lang. Wie gewöhnliche Radioteleskope schwenken lässt sich die gesamte Anlage nicht. Die Halfpipes sind fest auf dem Boden verankert, so wie es auch die Schüssel von Arecibo war, ergänzt der CHIME-Ingenieur Nikola Milutinovic: "Das hier ist ein ganz neues Konzept. Solche Teleskope gibt es sonst nirgends auf der Welt. Mit den Halfpipes von CHIME können wir den gesamten Nachthimmel der nördlichen Hemisphäre abbilden, während er sich über dem Teleskop hinwegdreht und während die Erde um die Sonne kreist."
Auch mehr als 400 Jahre, nachdem Galileo Galilei durch sein Fernrohr geblickt und die vier größten Monde des Planeten Jupiter entdeckt hat, tut sich auf dem Teleskopmarkt also noch immer so einiges. Neue Formen werden erfunden, die Genauigkeit erhöht und der Blick geschärft für immer größere Entfernungen. Mehr als 13 Milliarden Lichtjahre können Astronomen mittlerweile hinaus ins All und damit genauso weit in der Zeit zurück schauen. Das funktioniert im optischen Bereich, mit Radio-, Röntgen und Gammastrahlen. Für jeden Bereich des Lichts gibt es Teleskope, überall auf der Erde – auch in Chile.
Das Very Large Teleskope
Die Atacama-Wüste dort gilt als die trockenste Wüste der Erde. Ihre ruhige und klare Luft reicht hinauf bis auf den Cerro Paranal. Dieser 2.635 Meter hohe Berg ist damit ein idealer Standort, um den Weltraum zu beobachten. Seit Ende der 1990-Jahre blicken von hier aus die vier Fernrohre des Very Large Telescopes (VLT) der Europäischen Südsternwarte in den nächtlichen Sternenhimmel.
Gaspare Lo Curto ist der Projektmanager von ESPRESSO, dem Echelle SPectrograph for Rocky Exoplanet and Stable Spectroscopic Observations. "Das ist wirklich einmalig auf der ganzen Welt: ESPRESSO ist in der Lage, das Licht aller vier Teleskope auf dem Paranal zu kombinieren. Das ist so, als nutzten wir ein einziges Teleskop mit einem riesigen 16-Meter-Spiegel. Damit haben wir jetzt das größte optische Teleskop der Welt!"
Mit dieser Genauigkeit ist ESPRESSO auf die Suche nach schwer zu entdeckenden, kleinen, erdähnlichen Gesteinsplaneten. Längst gibt es Teleskope nicht mehr nur auf der Erde, sondern auch im All. Das Hubble-Weltraumteleskop ist wohl der Popstar unter ihnen. In diesem Jahr soll mit dem James-Webb-Weltraumteleskop ein Nachfolger starten, der dann – hoffentlich – für neue Rekorde gut sein wird, und für neue Entdeckungen.
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