Vulkanologie Prinzip Druckluftrakete: Vulkane können wie ein Kinderspielzeug funktionieren

28. Mai 2024, 12:14 Uhr

Forscher sind sich sicher, einen Vulkanausbruchsmechanismus entdeckt zu haben, der vorher noch unbekannt war und dessen Prinzip wie bei einer Spielzeug-Druckluftrakete funktioniert. Studienobjekt war die Aussbruchserie des Kilauea auf Hawaii im Jahr 2018.

Mann mit Brille und Kopfhörern vor einem Mikrofon
Bildrechte: Robert Rönsch

Vulkanausbrüche bringen viel Schlechtes mit sich: Zerstörung, Tod, Leid und Not. In Europa hat man das zuletzt vor etwas mehr als zwei Jahren gesehen, beim Ausbruch auf La Palma, von dem auch Deutsche betroffen waren.

Vulkanausbrüche bringen aber, zumindest für die Wissenschaft, auch etwas Gutes mit sich, nämlich Erkenntnisse, die dabei helfen könnten, in Zukunft besser vorbereitet zu sein. So ist es auch mit der Ausbruchsserie des Kilauea auf Hawaii im Jahr 2018. Die wurde von einem Team um Wissenschaftler der University of Oregon (USA) genau untersucht – mit Erkenntnissen, die die Vulkanologie ein wenig verändern könnten.

"Dies ist ein Beispiel, von denen es immer mehr gibt, wo die Wege des Magmaaufstiegs geometrisch sehr komplex sind", sagt Vulkanologe Leif Karlstrom. "Das gibt uns ein viel differenzierteres Bild davon, wie vulkanische Abflusssysteme aussehen".

In den meisten Fällen werden explosive Vulkanausbrüche entweder durch aufsteigendes Magma, verdampftes Grundwasser oder eine Kombination aus beidem angetrieben, erklärt Josh Crozier, Hauptautor der neuen Studie. Aber bei den zwölf aufeinanderfolgenden Explosionen, die sich 2018 am Kilauea ereigneten, war das offenbar anders. "Das eruptive Material enthielt nur sehr wenig, das wie frisches Magma aussah, das herausgesprengt wurde, und es gibt auch keine Hinweise darauf, dass signifikantes Grundwasser beteiligt war", sagt Crozier.

Ausbruchserie des Vulkans Kilauea: Analogie zu einem Kinderspielzeug

Was war es aber dann, wenn nicht Magma oder Grundwasser? Die Wissenschaftler vergleichen das, was passiert ist, mit einem Kinderspielzeug – einer Druckluftrakete, in den USA sehr beliebt und "Stomp Rocket" genannt, deren einziger Antrieb aus Druckluft besteht, die erzeugt wird, indem man kräftig auf das angeschlossene Luftkissen tritt, springt oder stampft (englisch "stomp"). Nur dass bei einem Vulkan natürlich alles deutlich größer, wuchtiger und gefährlicher ist.

Junge springt auf Luftdruckrakete
Ein Junge springt auf das Luftkissen einer Druckluftrakete. Die Druckluft wird durch den dünnen Schlauch mit viel Druck zur "Startrampe" gepumpt, wodurch die Spielzeugrakete hoch in die Luft fliegt. Bildrechte: imago/ZUMA Press

Beim Kilauea lief es laut den Untersuchungen folgendermaßen ab: Vor jeder Explosion auf dem Gipfel floss langsam Magma aus einem unterirdischen Reservoir ab. Dieses Magma speiste Lavaströme in vielen Kilometern Entfernung, an der Ostflanke des Vulkans. Als das Reservoir erschöpft war, brach der Boden auf dem Gipfel des Vulkans plötzlich in sich zusammen. Dadurch stieg wiederum der Druck im Reservoir rasch an. Und da sich am oberen Ende dieses Reservoirs eine "Tasche" mit angesammeltem magmatischem Gas befand, zwang der Druckanstieg das magmatische Gas und die Trümmerteile durch einen engen Kanal und sprengte sie aus einem Schlot im Krater des Kīlauea heraus.

Die Analogie zur "Stampfrakete" erklärt Josh Crozier so: "Der Stampfer ist dieser kilometerdicke Felsbrocken, der nach unten fällt, die Tasche unter Druck setzt und dann Material direkt nach oben drückt." Je enger der Kanal ist, umso mehr wirkt er wie der Schlauch beim Spielzeug. "Und die Rakete ist natürlich das Gas und das Gestein, das aus dem Vulkan ausbricht", schließt Crozier.

Vorschaubild Video Kilauea Caldera-Kollaps 1 min
Bildrechte: USGS / Hawaiian Volcano Observatory
1 min

Di 28.05.2024 10:15Uhr 00:40 min

https://www.mdr.de/wissen/videos/video-kilauea-caldera-kollaps-100.html

Rechte: U.S. Geological Survey / Hawaiian Volcano Observatory

Video

Es ist das erste Mal, dass dieser Mechanismus beobachtet und beschrieben werden konnte. Möglich wurde das, weil der Kilauea einer der "bestbeobachteten" Vulkane der Welt ist. Kameras, seismologische Sensoren und Gasdetektoren liefern den Wissenschaftlern eine Vielzahl von auswertbaren Daten. Allerdings halten es die Wissenschaftler für unwahrscheinlich, dass es so eine Art von Ausbruch noch nie zuvor gab. Bislang konnte man es nur nicht nachweisen.

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR Aktuell | 11. September 2023 | 21:53 Uhr

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